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Rechte nach §38 können gegenüber einem Dritten, der vor dem Anmeldetag im Inland ein identisches Design, das unabhängig von einem eingetragenen Design entwickelt wurde, gutgläubig in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Anstalten dazu getroffen hat, nicht geltend gemacht werden. Der Dritte ist berechtigt, das Design zu verwerten. Die Vergabe von Lizenzen (§ 31) ist ausgeschlossen.
Die Rechte des Dritten sind nicht übertragbar, es sei denn, der Dritte betreibt ein Unternehmen und die Übertragung erfolgt zusammen mit dem Unternehmensteil, in dessen Rahmen die Benutzung erfolgte oder die Anstalten getroffen wurden.
Nach § 41 Abs. 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 DesignG können Rechte nach § 38 dieser Gesetze [→ Rechte aus dem eingetragenen Design] gegenüber einem Dritten, der vor dem Anmeldetag im Inland ein identisches Muster bzw. ein identisches Design, das unabhängig von einem eingetragenen Geschmacksmuster bzw. einem eingetragenen Design entwickelt wurde, gutgläubig in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Anstalten dazu getroffen hat, nicht geltend gemacht werden (Satz 1).
Der Dritte ist berechtigt, das Muster bzw. das Design zu verwerten (Satz 2).
Als identisch sind alle Muster bzw. alle Designs anzusehen, die vom Schutzumfang eines Geschmacksmusters bzw. eines eingetragenen Designs erfasst werden.1)
Wird wirksam eine Ausstellungspriorität gemäß § 15 GeschmMG 2004 oder § 15 DesignG in Anspruch genommen, tritt nach § 13 Abs. 2 GeschmMG 2004 oder § 13 Abs. 2 DesignG bei der Anwendung des § 41 der Prioritätstag an die Stelle des Anmeldetags.
Das in § 41 Abs. 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 DesignG normierte Vorbenutzungsrecht sieht eine Ausnahme von der umfassenden alleinigen Berechtigung des Rechtsinhabers zur Benutzung seines Geschmacksmusters bzw. seines eingetragenen Designs vor.2)
Auf der Grundlage seines erst zu einem späteren Zeitpunkt in rechtlich relevanter Weise geschaffenen bzw. angelegten Ausschließlichkeitsrechts soll der Rechtsinhaber nicht auch Dritte von der Benutzung des unter Schutz gestellten Musters bzw. Designs ausschließen können, die es bereits vorher benutzt oder konkrete Anstalten für eine solche Benutzung getroffen haben.3)
Ein Vorbenutzungsrecht schließt die Widerrechtlichkeit von bereits begonnenen oder beabsichtigten Benutzungshandlungen aus, die in den Schutzbereich des später eingetragenen Geschmacksmusters bzw. Designs eingreifen4). Auf diese Weise soll zur Vermeidung unbilliger Härten der durch Kraft-, Zeit- und Kapitaleinsatz begründete oder angelegte gewerbliche Besitzstand eines Dritten geschützt werden, der im Vertrauen auf seine Berechtigung Aufwendungen für die Benutzung eines Musters bzw. eines Designs getroffen hat, und verhindert werden, dass schutzwürdige Investitionen umsonst aufgewandt sind und dadurch geschaffene Werte unbillig zerstört werden.5)
Das in § 41 Abs. 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 DesignG vorgesehene Vorbenutzungsrecht ist mit der Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen vereinbar, deren Umsetzung das Geschmacksmustergesetz 2004 und das Designgesetz dienen. Die Richtlinie 98/71/EG enthält keine Regelung zum Vorbenutzungsrecht. Nach ihrem Erwägungsgrund 5 Satz 1 und 2 ist es nicht notwendig, die Gesetze der Mitgliedstaaten zum Schutz von Mustern vollständig anzugleichen, sondern ausreichend, wenn sich die Angleichung auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beschränkt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Nach Erwägungsgrund 10 der Richtlinie ist es für die Erleichterung des freien Warenverkehrs wesentlich, dass eingetragene Rechte an Mustern dem Rechtsinhaber in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich einen gleichwertigen Schutz gewähren. Das in § 41 GeschmMG 2004 und § 41 DesignG normierte Vorbenutzungsrecht lässt die generellen Schutzwirkungen des Geschmacksmusters und des eingetragenen Designs unberührt und schränkt den Schutz des Rechtsinhabers lediglich in Einzelfällen aus Billigkeitsgründen ein. Diese nationale Einschränkung findet ihre Rechtfertigung darin, dass eine einheitliche Rechtslage für das nationale Geschmacksmuster bzw. eingetragene Design und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschaffen wird, für das Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 (GGV) ebenfalls ein Vorbenutzungsrecht vorsieht.6)
Als wirkliche und ernsthafte Anstalten sind Vorbereitungshandlungen aller Art anzusehen, die auf die Benutzung des Musters oder des Designs gerichtet sind und den ernstlichen Willen sicher erkennen lassen, die Benutzung alsbald aufzunehmen.7)
Anzeichen dafür können die Fertigstellung eines Entwurfs und die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Erstellung von Prototypen sowie Verhandlungen oder ernsthafte Vorgespräche mit potentiellen Abnehmern sein. Erforderlich ist eine Gesamtschau der betrieblichen Umstände im Einzelfall.8)
Handlungen, die eine noch ungewisse zukünftige Benutzung vorbereiten und die erst Klarheit darüber schaffen sollen, ob das Design im Inland gewerblich benutzt werden soll, die also dazu dienen, den auf die gewerbliche Nutzung des Designs im Inland gerichteten Willen erst zu bilden (z.B. durch Ermittlung der inländischen Marktverhältnisse, des dortigen Musterbestands und des Bedarfs), reichen nicht aus.9)
Nur im Inland getroffene wirkliche und ernsthafte Anstalten zur Benutzung eines Designs können ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen.10)
Diese Auffassung entspricht der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht zum Vorbenutzungsrecht nach den - mit § 41 Abs. 1 Satz 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 Satz 1 DesignG nahezu wortgleichen - Bestimmungen der § 7 Abs. 1 Satz 1 PatG aF, § 12 Abs. 1 Satz 1 PatG.11)
Nach dem im Immaterialgüterrecht geltenden Territorialitätsprinzip12) genießen ein inländisches Geschmacksmuster und ein inländisches eingetragenes Design Schutz nur gegen im Inland begangene Verletzungshandlungen (vgl. BGH, GRUR 2011, 1112 Rn. 22 - Schreibgeräte). Da das in § 41 Abs. 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 DesignG normierte Vorbenutzungsrecht eine Ausnahme von der allein das Inland betreffenden alleinigen Berechtigung des Rechtsinhabers zur Benutzung seines Geschmacksmusters und seines eingetragenen Designs darstellt, erscheint es gerechtfertigt, den Umfang dieser nationalen Schutzrechte nur durch im Inland begangene Vorbenutzungshandlungen zu beschneiden.13)
Auch die Normsystematik der Bestimmung des Vorbenutzungsrechts gemäß § 41 GeschmMG 2004 und § 41 DesignG spricht dafür, nicht allein für die Benutzung als solche nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 DesignG anzunehmen, dass diese ein Vorbenutzungsrecht nur begründen kann, wenn sie im Inland erfolgt. Es besteht kein sachlicher Grund, an ein Vorbenutzungsrecht aufgrund von Anstalten zur Benutzung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 GeschmMG 2004 und § 41 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 DesignG geringere Anforderungen zu stellen als an ein Vorbenutzungsrecht aufgrund der Benutzung selbst. Die Benutzung und deren Vorbereitung sind auch nicht deshalb unterschiedlich zu behandeln, weil eine im Ausland vorgenommene Vorbereitung einen Inlandsbezug haben könne, während einer reinen Benutzung im Ausland jeglicher Inlandsbezug fehle. Auch die Benutzung im Ausland kann einen Inlandsbezug insoweit aufweisen, als in den Schutzbereich eines Geschmacksmusters oder eines eingetragenen Designs fallende Erzeugnisse im Ausland hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden, um sie ins Inland einzuführen, dort anzubieten und zu vertreiben.14)
Im Inland getätigte Aufwendungen in die Benutzung eines Musters oder eines Designs, das in den Schutzbereich eines Geschmacksmusters oder eines eingetragenen Designs eingreift, sind ohne die Annahme eines Vorbenutzungsrechts umsonst aufgewandt. Ein solches im Inland entwickeltes Muster oder Design ist unverwertbar, weil entsprechend gestaltete Erzeugnisse weder für den Vertrieb im Inland noch für die Ausfuhr in einen anderen schutzrechtsfreien Staat zum dortigen Vertrieb hergestellt werden dürfen.15)
Im Ausland getätigte Investitionen in die Entwicklung eines Musters oder eines Designs sind dagegen nicht in gleichem Maße wertlos, wenn dieses im Inland nicht benutzt werden kann. Die Aufwendungen können vielmehr regelmäßig in der Weise wirtschaftlich genutzt werden, dass entsprechend gestaltete Erzeugnisse in einem anderen Staat als in Deutschland vermarktet werden16). Im zuletzt genannten Fall liegen keine Gründe vor, die es geboten erscheinen lassen könnten, aus Billigkeitsgründen eine Ausnahme von der alleinigen Befugnis des Rechtsinhabers zur Benutzung seines Geschmacksmusters oder seines eingetragenen Designs zu machen.17)
Es ist auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht geboten, den Anstalten, die - wie im Streitfall - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Benutzung eines Musters bzw. eines Designs (auch) im Inland getroffen worden sind, die gleichen Wirkungen wie einer entsprechenden Vorbenutzungshandlung im Inland zuzuerkennen. Der Grundsatz des freien Warenverkehrs nach Art. 34, 36 AEUV macht es nicht erforderlich, Vorbereitungshandlungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union vorgenommen worden sind, die gleichen Wirkungen zuzuerkennen, wie sie einer inländischen Vorbenutzungshandlung zukommen.18)
DesignG → Designgesetz
§31 DesignG → Lizenz
§38 DesignG → Rechte aus dem eingetragenen Design
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