Geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand

Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr und bewegt sie sich dabei außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung [§ 2 (1) Nr. 1 UWG → geschäftliche Handlung] anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG [→ Beseitigung und Unterlassung] auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.1)

Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, muss zunächst zwischen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten einerseits und hoheitlichen Tätigkeiten andererseits unterschieden werden2), wobei eine hoheitliche Tätigkeit in diesem Sinne vorliegt, wenn die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe tätig wird.3)

Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden. Bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen, solange sich das Handeln innerhalb der Ermächtigungsgrundlage bewegt, die insoweit den Handlungsspielraum vorgibt.4)

Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr, bewegt sie sich dabei jedoch außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlichrechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss5) und - wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG vorliegen - zur Unterlassung verpflichtet ist. Handelt die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und wird sie dabei ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen. Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen.6)

Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung [§ 2 (1) Nr. 1 UWG → Geschäftliche Handlung] vornimmt, ist zunächst zwischen rein erwerbswirtschaftlichen und hoheitlichen Tätigkeiten zu unterscheiden7)

Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden.8)

Dagegen ist bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen9). Handelt die öffentliche Hand dagegen zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, wird sie aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen10). Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen11).

Maßgeblich sind insoweit vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb12) und die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind13).14)

Eine Gemeinde nimmt keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor, wenn sie mit Bestattungen, die gemäß § 31 Abs. 2 Fall 2 BestattG-BW behördlich zu veranlassen sind, weil die bestattungspflichtigen Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung sorgen, ausschließlich ihren Eigenbetrieb Friedhöfe betraut.15)

siehe auch

§ 2 (1) Nr. 1 UWG → Geschäftliche Handlung

1)
BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18 - WarnWetter-App
2)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15, GRUR 2018, 196 Rn. 23 = WRP 2018, 186 - Eigenbetrieb Friedhöfe; Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 Rn. 55 = WRP 2019, 317 - Crailsheimer Stadtblatt II
3)
BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18 - WarnWetter-App; m.V.a. vgl. BGH, GRUR 2019, 741 Rn. 14 - Durchleitungssystem
4)
BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18 - WarnWetter-App; m.V.a. BGH, GRUR 2018, 196 Rn. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe; GRUR 2019, 189 Rn. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN
5)
vgl. BGH, GRUR 2019, 189 Rn. 56 - Crailsheimer Stadtblatt II
6)
BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18 - WarnWetter-App; m.V.a. BGH, GRUR 2018, 196 Rn. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe, mwN
7)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15 - Eigenbetrieb Friedhöfe; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a Rn. 2.17
8)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15 - Eigenbetrieb Friedhöfe; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 170/02, GRUR 2005, 960, 961 = WRP 2005, 1412 - Friedhofsruhe; Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 83/03, GRUR 2006, 428 Rn. 12 = WRP 2006, 741 - Abschleppkosten-Inkasso; Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 2 Rn. 46, 68; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl.,Einf. D Rn. 25; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.18; Schünemann in GK.UWG, 2. Aufl., Einl. F Rn. 56).((BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15 - Eigenbetrieb Friedhöfe
9)
BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 12 - Abschleppkosten-Inkasso; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.21; Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl.,§ 2 Rn. 44; Ohly in Ohly/Sosnitza UWG, 7. Aufl., Einf. D Rn. 27
10)
vgl. BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 12 - Abschleppkosten-Inkasso; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.22; Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 2 Rn. 45
11)
vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1969 - I ZR 116/67, GRUR 1969, 418, 420 - Standesbeamte; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 20 f. - Solarinitiative; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.22 f.; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Einf. D Rn. 28 f.; Koos in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., S. 15 Rn. 11 ff.
12)
vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1990 - I ZR 78/88, GRUR 1990, 611, 613 = WRP 1990, 626 - Werbung im Programm; Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 2 Rn. 45; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.23
13)
vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. § 3a Rn. 2.23
14) , 15)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 162/15 - Eigenbetrieb Friedhöfe