Teilschiedsspruch

Die Bestimmung des § 301 ZPO [→ Teilurteil] gehört grundsätzlich nicht zu den unverzichtbaren Normen für ein ordnungsgemäßes Verfahren. Der Erlass eines Teilschiedsspruchs ist auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO unterworfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist. Der Aspekt der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung ist kein unverzichtbarer Grundsatz der deutschen Rechtsordnung.1)

Soweit die Voraussetzungen der Teilbarkeit und der Entscheidungsreife im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO betroffen sind, besteht kein Bedürfnis, den dem Schiedsgericht in § 1042 Abs. 4 ZPO gesetzlich zugestandenen Ermessensspielraum von vornherein und ohne erkennbare Notwendigkeit einzuschränken. Vielmehr ist das Schiedsgericht im Rahmen seines Ermessens grundsätzlich befugt, Teilschiedssprüche zu erlassen, auch wenn die Voraussetzungen des § 301 ZPO nicht gegeben sind.2)

Die Frage, ob der verfahrensrechtliche ordre public eine Einschränkung dieses Grundsatzes erfordert, wenn infolge eines Grund- oder Teilurteils die konkrete Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht oder die Verfahrensgestaltung des Schiedsgerichts nicht mehr rational nachvollziehbar ist, hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen3). Er entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass eine solche Einschränkung nicht veranlasst ist, wenn - wie hier - die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist.4)

Werden außerdem die mit dem Erlass einer Teil-Entscheidung verfolgten Ziele - Vereinfachung und Beschleunigung, Übersichtlichkeit bei umfangreichem Streitstoff und Förderung der Vergleichsbereitschaft - in den Blick genommen, ist es gerechtfertigt, den Erlass eines Teilschiedsspruchs auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO zu unterwerfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist.5)

siehe auch

Schiedsspruch

1)
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; Fortführung von BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 - I ZB 33/18, SchiedsVZ 2019, 287
2)
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; m.V.a. BGH, SchiedsVZ 2019, 287 Rn. 9 mwN
3)
vgl. BGH, SchiedsVZ 2019, 287 Rn. 10
4)
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19
5)
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZB 108/19 ; m.V.a. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 26 Sch 28/13, juris Rn. 92; Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 44b; aA MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1056 Rn. 7; Hammer aaO Rn. 691; vgl. auch OLG Düsseldorf, SchiedsVZ 2008, 156, 160 [juris Rn. 118]