Anerkennung ausländischer Urteile

328 (1) ZPO

Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:

  1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind;
  2. wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;
  3. wenn das Urteil mit einem hier erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist;
  4. wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist;
  5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.

Bei Anwendbarkeit des § 328 ZPO - also bei Nichtbestehen völkerrechtlicher Verträge über die Anerkennung und Vollstreckung - ist für die Qualifikation einer ausländischen Forderung ausschließlich die lex fori des diese Beurteilung vornehmenden Gerichts maßgeblich.1)

Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass über die Frage, ob eine ausländische Forderung im Inland durchsetzbar ist, allein das inländische Recht zu entscheiden hat.2)

Nur in Bezug auf Staatsverträge zieht die Rechtsprechung zur Qualifikation die Rechtsordnung des Urteilsstaates heran, um auf diese Weise die möglichst wirksame Anwendung der Staatsverträge sicherzustellen, indem ausgeschlossen wird, dass Urteils- und Vollstreckungsstaat vertragliche Begriffe unterschiedlich auslegen.3)

Diese Rechtsprechung steht aber der Qualifikation einer ausländischen Forderung nach der lex fori im staatsvertragsfreien Bereich nicht entgegen. Gleiches gilt für die autonome Qualifikation des Begriffs der Zivil- und Handelssache im Bereich der unionsrechtlichen Zuständigkeitsordnung.4)

In der Literatur ist die Auffassung, dass im staatsvertragsfreien Bereich die lex fori für die Qualifikation maßgeblich sei, ganz vorherrschend5). Vereinzelt wird vertreten, es müsse eine Doppelqualifikation vorgenommen werden; danach kann eine Zivilsache nur angenommen werden, wenn sowohl nach dem Urteilsstaat als auch dem Anerkennungsstaat eine solche vorliegt6).7)

328 (2) ZPO

Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.

siehe auch

Anerkennung ausländischer Urteile

§ 328 der Zivilprozessordnung (ZPO) regelt die Bedingungen, unter denen die Anerkennung von Urteilen ausländischer Gerichte in Deutschland ausgeschlossen ist.

§ 328 (1) ZPO → Ausschlussgründe für die Anerkennung ausländischer Urteile
Beschreibt die Gründe, aus denen die Anerkennung eines ausländischen Urteils ausgeschlossen ist, wie fehlende Zuständigkeit, unzureichende Zustellung oder Unvereinbarkeit mit deutschen Rechtsgrundsätzen.

§ 328 (2) ZPO → Ausnahme bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen
Erklärt, dass die Anerkennung eines Urteils trotz fehlender Gegenseitigkeit möglich ist, wenn es sich um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch handelt und kein inländischer Gerichtsstand gegeben war.

siehe auch

ZPO, Buch 1, Abschnitt 7 → Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen
Regelt die Bedingungen und Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen ausländischer Gerichte in Deutschland, einschließlich der Voraussetzungen und Ausschlussgründe.

1)
BGH, beschl. v. 17. Dezember 2015 - I ZR 275/14; m.V.a. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 9/05, WM 2005, 2274; BSG, Urteil vom 26. Januar 1983 - 1 S 2/82, BSGE 54, 250 = IPRspr 1983, 349, 354; OLG Hamm, RIW 1994, 513
2)
BGH, beschl. v. 17. Dezember 2015 - I ZR 275/14; m.V:a. Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/1 Rn. 500; Dutta, Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen ausländischer Staaten durch deutsche Gerichte, S. 37 f.
3)
BGH, beschl. v. 17. Dezember 2015 - I ZR 275/14; so zum Übereinkommen der EG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 BGH, Beschluss vom 26. November 1975 - VIII ZB 26/75, BGHZ 65, 292, 298; Beschluss vom 10. Oktober 1977 - VIII ZB 10/76, NJW 1978, 1113; Martiny aaO Rn. 500 [bei Fn. 1522]
4)
BGH, beschl. v. 17. Dezember 2015 - I ZR 275/14; m.V.a. EuGH, NJW 1977, 489, 490 - Eurocontrol
5)
Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 328 Rn. 80; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 328 Rn. 57; Staudinger/Spellenberg, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Aufl. Rn. 185; Martiny aaO Rn. 500; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 6. Aufl., Rn. 909; Dutta aaO S. 37; Vischer, IPRax 1991, 209, 211; vgl. auch Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, 1985, S. 43
6)
Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozessrecht, 2. Aufl. Rn. 17; ders. in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 328 Rn. 24
7)
BGH, beschl. v. 17. Dezember 2015 - I ZR 275/14