Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes erweist, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung [§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG → Angemessenheit der Vergütung] gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.
§ 32a (2) UrhG → Haftung des Lizenznehmers
§ 32a (3) UrhG → Verzicht auf Fairnessausgleich
§ 32a (4) UrhG → Wegfall des Fairnessausgleichs
→ Missverhältnis zwischen der Vergütung des Urhebers und den erzielten Erträgnissen
→ Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung
→ Feststellung der erzielten Erträgnisse und Vorteile
→ Wiederholte Anpassung der Vergütung des Urhebers
Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG in der bis zum 6. Juni 2021 geltenden Fassung (UrhG aF) kann der Urheber, der einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks steht, von dem anderen verlangen, dass dieser in eine Änderung des Vertrags einwilligt, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird.
Mit Wirkung vom 7. Juni 2021 hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) in Umsetzung von Art. 20 der Richtlinie (EU) 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF geändert, indem der Maßstab des auffälligen Missverhältnisses durch eine abweichend formulierte Eingriffsschwelle ersetzt wurde.1)
Nunmehr kommt es gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG nF darauf an, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks erweist. Die geänderte Fassung der Vorschrift ist gemäß § 133 Abs. 2 UrhG ab dem 7. Juni 2021 auch auf zuvor geschlossene Verträge anzuwenden.2)
Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG kann der Urheber, der einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, von dem anderen verlangen, dass dieser in eine Änderung des Vertrages einwilligt, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird.
Dabei ist es nach § 32a Abs. 1 Satz 2 UrhG unerheblich, ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können.
Hat der Nutzungsrechtsinhaber das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen des Dritten, haftet dieser dem Urheber gemäß § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG unmittelbar nach Maßgabe des § 32a Abs. 1 UrhG unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Nach § 32a Abs. 2 Satz 2 UrhG entfällt die Haftung des anderen.3)
Die Beantwortung der Frage, ob ein auffälliges Missverhältnis im Sinne von § 32a Abs. 2 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 UrhG zwischen der als Gegenleistung für die Einräumung des Nutzungsrechts vereinbarten Vergütung des Urhebers und den aus der Nutzung des Werks erzielten Erträgnissen und Vorteilen des Dritten besteht, setzt zunächst die Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung [→ Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung] und der vom Dritten erzielten Erträgnisse und Vorteile voraus [→ Feststellung der erzielten Erträgnisse und Vorteile]. Sodann ist die Vergütung zu bestimmen, die - im Nachhinein betrachtet - insbesondere unter Berücksichtigung der erzielten Erträgnisse und Vorteile angemessen im Sinne des § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG ist [→ Angemessene Vergütung]. Schließlich ist zu prüfen, ob die vereinbarte Vergütung mit Blick auf diese angemessene Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen steht [→ Missverhältnis zwischen der Vergütung des Urhebers und den erzielten Erträgnissen].4)
Ein Miturheber ist dazu berechtigt, den Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG unabhängig von anderen Miturhebern geltend zu machen, und kann Zahlung allein an sich selbst verlangen.5)
Der Kläger kann eine Zahlungsklage erheben, obwohl die Bestimmung des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG in Verbindung mit § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ihrem Wortlaut nach keinen Zahlungsanspruch, sondern einen Anspruch auf Vertragsanpassung gewährt.6)
§ 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG („Fairnessausgleich“) ist mit Wirkung zum 1. Juli 2002 an die Stelle des § 36 Abs. 1 UrhG aF („Bestsellerparagraph“) getreten. Auf Verträge oder Sachverhalte, die vor dem 1. Juli 2002 geschlossen worden oder entstanden sind, sind nach § 132 Abs. 3 Satz 1 UrhG grundsätzlich die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes in der am 28. März 2002 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Auch der erst am 30. Juni 2002 außer Kraft getretene § 36 UrhG aF bleibt daher grundsätzlich auf solche Verträge oder Sachverhalte anwendbar.7)
Auf Sachverhalte, die nach dem 28. März 2002 entstanden sind, ist gemäß § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG allerdings § 32a UrhG anzuwenden. Mit Sachverhalten im Sinne des § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG sind Verwertungshandlungen gemeint.8)
Der Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG steht nicht nur dem Urheber selbst, sondern auch seinen Erben zu. Gemäß § 28 Abs. 1 UrhG ist das Urheberrecht vererblich. Diese Bestimmung umfasst das gesamte Urheberrecht mit allen seinen Befugnissen, Verwertungsrechten, Vergütungsansprüchen und sonstigen Rechten.9) Dass für die Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG etwas anderes gilt, lässt sich weder dem Wortlaut dieser Bestimmung noch ihrem Sinn und Zweck entnehmen. Vielmehr kommt in den Bestimmungen der §§ 28, 30 und 64 UrhG die gesetzgeberische Entscheidung zum Ausdruck, dass die Erben des Urhebers im gleichen Umfang wie dieser von der Verwertung des Urheberrechts profitieren können. Es entspricht dem Interesse des Urhebers, dass sein Urheberrecht nach seinem Tod für den in § 64 UrhG bestimmten Zeitraum von 70 Jahren der materiellen Versorgung seiner Erben zugutekommt.10)
Der Anspruch aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt voraus, dass der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht eingeräumt hat, also das einfache oder ausschließliche Recht, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 31 UrhG). Der Anspruch aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt ferner voraus, dass der Vertragspartner des Urhebers Erträge oder Vorteile aus der Nutzung des Werks erzielt.11)
Mit dem Begriff der Nutzung des Werks ist zunächst - wie auch sonst im Urheberrechtsgesetz - die Nutzung des Werks gemeint, in der das Urheberrecht den Urheber schützt (§ 11 Satz 1 Fall 2 UrhG), indem es ihm ausschließliche Rechte zur Verwertung seines Werks zuweist (§ 15 UrhG). Eine Nutzung, die außerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte liegt, ist von vornherein urheberrechtlich irrelevant.12)
Liegt eine Nutzung innerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte vor, setzt die Nutzung des Werks im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG darüber hinaus voraus, dass sich die Nutzung im Rahmen der dem Vertragspartner vom Urheber nach § 31 UrhG eingeräumten Nutzungsrechte bewegt13). Eine Nutzung des Werks, die außerhalb dieses Rahmens liegt, kann zwar einen Anspruch auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich, aber keinen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung begründen.14)
Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/790 setzt wie auch § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG den Abschluss eines Vertrags des Urhebers über die Verwertung seiner Rechte mit einer anderen Partei und die Erzielung von Einnahmen aus der Verwertung des Werks voraus. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG führt daher gleichfalls zu dem Ergebnis, dass Erträge und Vorteile, die der Vertragspartner durch Nutzungen erzielt, die außerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte oder außerhalb des Rahmens der dem Vertragspartner eingeräumten Nutzungsrechte liegen, keinen Anspruch auf weitere angemessene Vergütung begründen können.15)
§ 32 (1) S. 2 UrhG → Angemessene Vergütung