Der zur Auskunft Verpflichtete [§ 101 (1) UrhG → Auskunftsanspruch] hat Angaben zu machen über
→ Auskunft über Bankdaten
→ Anspruch auf Grundauskunft
Nach § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG hat der gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zur Auskunft verpflichtete Erbringer von Dienstleistungen, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt werden, Angaben über Namen und Anschriften der Nutzer der Dienstleistungen zu machen. Diese der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG dienende Vorschrift ist dahin auszulegen, dass der darin genannte Begriff „Adressen“ sich, was einen Nutzer anbelangt, der ein Recht des geistigen Eigentums verletzende Dateien hochgeladen hat, nicht auf die E-Mail-Adresse und Telefonnummer dieses Nutzers sowie die für das Hochladen dieser Dateien genutzte IP-Adresse oder die bei seinem letzten Zugriff auf das Benutzerkonto verwendete IP-Adresse bezieht.1)
Ein allgemeiner Auskunftsanspruch, der auf die Ausforschung der tatsächlichen Grundlagen und Beweismittel für etwaige Ansprüche gerichtet ist, besteht nicht. Der auf spezialgesetzliche Anspruchsgrundlagen wie § 19 MarkenG oder § 101 UrhG gestützte Auskunftsanspruch ist ebenso wie der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch seinem Inhalt nach vielmehr grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, das heißt über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen beschränkt, die ihr im Kern gleichartig sind. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle, da dies darauf hinausliefe, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen.2)
Der zur Auskunft Verpflichtete hat gemäß § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren.3)
Der Auskunftsanspruch über „Namen und Anschrift“ im Sinne des § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG schließt die Auskunft über die E-Mail-Adressen und Telefonnummern der Nutzer der Dienstleistungen nicht ein. Er umfasst auch nicht die Auskunft über die für das Hochladen rechtsverletzender Dateien verwendeten IP-Adressen oder die von den Nutzern der Dienstleistungen zuletzt für einen Zugriff auf ihr Benutzerkonto verwendeten IP-Adressen.4)
§ 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG dient der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG und ist deshalb richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG erstrecken sich die Auskünfte nach Abs. 1 dieses Artikels, soweit angebracht, auf die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren. Diese Vorschrift ist nach dem auf die Vorlageentscheidung des Senats ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union dahin auszulegen, dass der darin genannte Begriff „Adressen“ sich, was einen Nutzer anbelangt, der ein Recht des geistigen Eigentums verletzende Dateien hochgeladen hat, nicht auf die E-Mail-Adresse und Telefonnummer dieses Nutzers sowie die für das Hochladen dieser Dateien genutzten IP-Adresse oder die bei seinem letzten Zugriff auf das Benutzerkonto verwendete IP-Adresse bezieht (EuGH, GRUR 2020, 840 Rn. 40 - Constantin Film Verleih GmbH).
Der Begriff „Anschrift“ im Sinne von § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG deckt sich mit dem Begriff „Adressen“ in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG und der Auslegung, den dieser Begriff durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Entscheidung „Constantin Film Verleih“ erfahren hat. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Umfangs der Auskunft in § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG über die Regelung in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG hinausgehen wollte.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums der Bundesregierung vom 20. April 2007 (BTDrucks. 16/5048) ist die Richtlinie 2004/48/EG in deutsches Recht umgesetzt worden. Die Umsetzung zielte auf dessen Gleichlauf mit der Richtlinie.5)
Zum Umsetzungsbedarf von Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG heißt es in der Begründung, eine Änderung sei nicht erforderlich, soweit die Regelung in § 101a UrhG aF weiter als die Richtlinie sei und auch Fälle erfasse, in denen noch kein Verfahren wegen einer Rechtsverletzung anhängig sei; Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2004/48/EG lasse weitergehende Auskunftsansprüche ausdrücklich zu.6)
Im Übrigen seien die Auskunftsansprüche des deutschen Rechts hinsichtlich des Umfangs der Auskunftsertei lung lediglich um die Angaben über die Preise und sei die Passivlegitimation entsprechend der Regelung in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a bis d der Richtlinie 2004/48/EG zu ergänzen.7)
Der Gesetzgeber hat sich danach bei der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG auf die mit der Richtlinie verfolgte Mindestharmonisierung beschränkt. Die Revision der Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 101 UrhG an anderer Stelle über die Richtlinie hinausgeht, wenn in § 101 Abs. 2 UrhG ein Auskunftsanspruch auch bei offensichtlichen Rechtsverletzungen gewährt wird. Diese Abweichung von der Richtlinie, die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich thematisiert wird8), spricht aber gerade dafür, dass bei der Neuregelung nur insoweit von der Möglichkeit in Art. 8 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG Gebrauch gemacht worden ist, den Rechtsinhabern weitergehende Auskunftsrechte einzuräumen, als das deutsche Recht de lege lata bereits über die Richtlinie hinausging. Dagegen hat der Gesetzentwurf bei der Frage des Umfangs der Auskunft über die Ergänzung um die Angaben über die Preise hinaus gerade keinen Änderungsbedarf gesehen. Diese Auffassung hat auch im Gesetz Niederschlag gefunden; es ist bei der alten Fassung von „Name und Anschrift“ geblieben. Der Gesetzgeber hat damit deutlich gemacht, dass die „Anschrift“ im Sinne des § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG nunmehr im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG zu verstehen ist9). Damit ist der Umfang der Auskunft der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union überlassen.10)
Bei der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten darauf achten, die im Falle der Weitergabe personenbezogener Daten an private Dritte zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen betroffenen Grundrechte - das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 EU-Grundrechtecharta, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG) und das Eigentumsrecht (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta, Art. 14 Abs. 1 GG) - miteinander zum Ausgleich zu bringen.11)
Unter den Begriff der „Anschrift“ im Sinne von § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG können nicht nur die den Wohnsitz oder die Niederlassung des Nutzers bezeichnende Postadresse, sondern auch E-Mail-Adressen als Anschrift der elektronischen Post gefasst werden.12)
§ 101 UrhG → Auskunftsanspruch