Treu und Glauben

§ 242 BGB

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwirkung
Treu und Glauben (Verfahrensrecht)
Unselbständiger Auskunftsanspruch zur Vorbereitung und Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs
Verbot unzulässiger Rechtsausübung

Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht über den Wortlaut der Norm (§ 242 BGB) hinaus das gesamte Rechtsleben1) und kann prinzipiell jedem Recht sozialethische Grenzen setzen.2)

Ein prozessuales Verhalten kann - wie jedes andere Verhalten3) - auch dann gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen, wenn eine Partei durch ihr Verhalten für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.4)

Verschweigen von Tatsachen bei Abschluss eines Vertrags

Das Verschweigen von Tatsachen bei Abschluss eines Vertrags begründet nur dann eine Haftung, wenn der andere Vertragspartner nach Treu und Glauben redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. In Vertragsverhandlungen, in denen die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, muss nicht jeder Umstand, der für den anderen Teil nachteilig sein kann, offenbart werden.5)

dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est

Es ist ein allgemeiner in § 242 BGB wurzelnder Rechtsgrundsatz, dass niemand fordern darf, was er alsbald zurückgewähren müsste (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).6)

dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est

Anwendung im Prozessrecht

Der das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Verfahrensrecht [→ Treu und Glauben].7)

Die Anwendung von § 242 BGB ist im Prozessrecht grundsätzlich möglich, aber bei der Durchsetzung bzw. der Abwehr gesetzlicher Ansprüche weniger naheliegend als bei vertraglichen Ansprüchen.8)

siehe auch

Vertragsauslegung
§ 8 (4) UWG → Rechtsmissbrauch

1)
z.B. BGH, Urteil vom 23. September 1982 - VII ZR 183/08, BGHZ 85, 48
2)
BGH, Beschluss vom 24. Januar 2011 - X ZB 33/08 - Deformationsfelder; m.V.a. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 242 Rn. 2
3)
dazu etwa BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 = NJW 2014, 2646 Rn. 40
4)
BGH, Urteil vom 21. September 2021 - X ZR 33/20; m.V.a. BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377, juris Rn. 24 ff. - Weichvorrichtung II
5)
BGH, Urt. v. 24. April 2007 - X ZR 64/04 - Polymer-Lithium-Batterien; m.V.a. BGH, Urt. v. 20.09.1996 - V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145
6)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.01.2008 - I-20 U 18/07
7)
st. Rspr.; BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 26/17 - Prozessfinanzierer; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 12; Urteil vom 16. Juni 2011 - III ZR 342/09, BGHZ 190, 99 Rn. 15; Beschluss vom 20. Mai 2014 - VI ZB 9/13, GRUR 2014, 709 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., Einl. 56 mwN
8)
BPatG, Urt. v. 19. Januar 2011 - 5 Ni 103/09 (EU) - Tintenpatrone