§ 139 (2) S. 2 PatG → Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns (Patentrecht)
Um dem Ausgleichsgedanken Rechnung zu tragen wird bei der Berechnung des Schadens nach dem Verletzergewinn fingiert, dass der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch die Verwertung des Kennzeichenrechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte.1)
Kosten des Verletzers, die beim Rechtsinhaber nicht angefallen wären, sind daher bei der Berechnung des vom Verletzer herauszugebenden Gewinns nicht zu berücksichtigen.2)
Von dem Gesamtgewinn sind zunächst die abzugsfähigen Kosten abzuziehen; erst danach ist der Verletzergewinn um den Kausalitätsabschlag zu vermindern.3)
Im Hinblick auf die Frage, welche Kosten bei der Berechnung des Schadensersatzes unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe des Verletzergewinns gewinnmindernd Berücksichtigung finden können, ist das Landgericht zutreffend den für eine Geschmacksmusterrechtsverletzung vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung „Gemeinkostenanteil“ genannten Grundsätzen im Wesentlichen gefolgt. Auch wenn § 14 a Abs. 1 GeschmMG anders als § 139 Abs. 2 PatG (bzw. früher § 47 Abs. 2 PatG) formuliert ist und ausdrücklich normiert, dass der Verletzte an Stelle des Schadensersatzes die Herausgabe des Gewinns verlangen kann, den der Verletzer durch die Nachbildung oder deren Verbreitung erzielt hat, während § 139 Abs. 2 PatG (§ 47 Abs. 2 PatG a.F.) nur einen Schadensersatzanspruch kennt, kann die Rechtsprechung des I. Zivilsenats in der Entscheidung „Gemeinkostenanteil“ im Wesentlichen auf das Patentrecht übertragen werden.4)
Zur Ermittlung des Verletzergewinns ist der Gesamtgewinn um sämtliche Kosten zu bereinigen, die der Herstellung und dem Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände unmittelbar zugerechnet werden können.5)
Berechnet der Verletzte seinen Schaden anhand des erzielten Verletzergewinns ist bei allen Schutzrechten, insbesondere aber im Falle von Kennzeichenrechtsverletzungen, zu beachten, dass sich der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns stets nur auf den Anteil des Gewinns bezieht, der gerade auf der Benutzung des fremden Schutzrechts beruht6). Dies ist nicht im Sinne einer adäquaten Kausalität, sondern – vergleichbar mit der Bemessung der Mitverschuldensanteile im Rahmen des § 254 BGB – wertend zu verstehen7). Maßgeblich ist dabei, inwieweit beim Vertrieb der nachgeahmten Produkte die Gestaltung als Imitat für die Kaufentschlüsse ursächlich gewesen ist oder ob andere Umstände eine wesentliche Rolle gespielt haben8).9) Die Höhe des Anteils, zu dem die erzielten Gewinne auf der Rechtsverletzung beruhen, ist nach § 287 ZPO in tatrichterlichem Ermessen zu schätzen 10)
Der Verletzergewinn ist grundsätzlich in der Weise zu ermitteln, dass vom Erlös lediglich die variablen (vom Beschäftigungsgrad abhängigen) Kosten für die Herstellung [→ Fertigungskosten] und den Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände abzuziehen sind. Fixkosten [→ Gemeinkosten] sind nur abzuziehen, wenn sie ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können, wobei die Darlegungs- und Beweislast beim Verletzer liegt.11)
Bei der Bemessung der Kausalitätsquote ist der Einwand unbeachtlich, der Verletzte hätte den Gewinn, der durch die Rechtsverletzung erzielt worden ist, selbst nicht erreicht.12)
Gegen die nach der Gemeinkosten-Entscheidung zu treffende Unterscheidung zwischen Kosten, die der Herstellung und dem Vertrieb des Verletzungsgegenstands unmittelbar zugeordnet werden können, und anderen Kosten ist eingewandt worden, dass eine solche Unterscheidung im Einzelfall schwer zu treffen und zudem von Zufälligkeiten abhängig sei13). Dieser Einwand berücksichtigt indessen nicht hinreichend, dass bei der Einordnung der Kosten eine gewisse Typisierung unerlässlich ist, die einerseits den Geboten der Praktikabilität und andererseits den Wertungen des Schadensersatzrechts und dem Ziel Rechnung trägt, mit dem Schadensersatz einen billigen Ausgleich der Vermögensnachteile des Verletzten zu bewirken. Ohnehin muss bei der Ermittlung des Verletzergewinns häufig auf das Mittel der Schätzung (§ 287 ZPO) zurückgegriffen werden. Vor diesem Hintergrund sind die Schwierigkeiten bei der Feststellung der Kosten, die der Produktion und dem Vertrieb der Verletzungsgegenstände unmittelbar zuzuordnen sind, nicht unüberwindbar.14)
→ Schätzung (Verfahrensrecht)
Bei der unlauteren Nachahmung eines schützenswerten Leistungserzeugnisses kommt es darauf an, ob und inwieweit beim Vertrieb der nachgeahmten Produkte die Gestaltung als Imitat für die Kaufentschlüsse ursächlich gewesen ist oder ob andere Umstände eine wesentliche Rolle gespielt haben. Selbst bei einer identischen oder fast identischen Nachahmung kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass jeder Kaufentschluss und damit der gesamte Gewinn allein durch das imitierte Aussehen und nicht auch durch andere wesentliche Umstände verursacht worden ist. So kann für den Kaufentschluss beispielsweise auch der niedrige Preis des nachgeahmten Produkts ausschlaggebend sein.15)
Für die Entscheidung zum Kauf eines technischen Gegenstands kann weniger die Gestaltung als vielmehr die technische Funktionalität (für die kein Schutz in Anspruch genommen werden kann) maßgeblich sein.16)
Auch bei einer Kennzeichenrechtsverletzung wird der geschäftliche Erfolg in vielen Fällen nicht ausschließlich oder noch nicht einmal überwiegend auf der Verwendung des fremden Kennzeichens, sondern auf anderen Umständen beruhen.17)
Entsprechende Überlegungen gelten für die Verletzung von Geschmacksmusterrechten (BGHZ 145, 366, 375 - Gemeinkostenanteil), Urheberrechten und Patentrechten.18)