Aus Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, können Rechte nicht hergeleitet werden.
§ 38 S. 1 PatG → Änderungen der Anmeldung
§ 21 (1) Nr. 4 PatG → Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung
§ 21 (1) 2. Alt PatG → Unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs
→ Gegenstand der Anmeldung
→ Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung
→ Aufnahme einzelner Merkmale aus den Ausführungsbeispielen in die Patentansprüche
→ Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung
→ Disclaimer
→ Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele
→ Zwischenverallgemeinerung
Der Gegenstand eines erteilten Patentanspruchs darf nicht über das hinausgehen, was den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Dieser prüfende Vergleich bezieht sich nicht nur auf die in der Anmeldung formulierten Patentansprüche; entscheidend ist vielmehr, was der Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehö- rend entnehmen kann.1)
Für die Beurteilung, ob der erteilte Patentanspruch über die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht, gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts die Grundsätze der Neuheitsprüfung. Danach ist erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann.2)
Änderungen der Patentansprüche dürfen weder zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung noch dazu führen, dass an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird [→ aliud].3)
Der Gegenstand der Anmeldung kann im Erteilungsverfahren bei der Formulierung des Anspruchs anders gefasst werden [§ 38 PatG→ Änderungen der Anmeldung]. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung führen.4)
Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen [→ Ursprüngliche Offenbarung] zu vergleichen.5)
Der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht zur Erfindung gehörend erkennen ließ.6)
Der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung muss eine Auslegung des hierauf zu überprüfenden Patentanspruchs [→ Auslegung der Patentansprüche] vorausgehen, bei der dessen Sinngehalt und insbesondere der Beitrag, den ein streitiges Merkmal zum Leistungsergebnis der Erfindung liefert, zu bestimmen sind.7)
Von der Bestimmung des Erfindungsgegenstands kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, ein Merkmal sei unbestimmt und (deshalb) zur Abgrenzung vom Stand der Technik ungeeignet.8)
Bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts sind Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zulässig, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind.9)
Unzulässig ist eine Verallgemeinerung hingegen, wenn den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist, dass einzelne Merkmale in untrennbarem Zusammenhang miteinander stehen, der Patentanspruch diese Merkmale aber nicht in ihrer Gesamtheit vorsieht.10)
Der Beanspruchung von Schutz ohne ein bestimmtes Merkmal kann insbesondere entgegenstehen, dass in der Anmeldung sämtliche Ausführungsbeispiele ein bestimmtes Merkmal oder eine bestimmte Kombination von mehreren Merkmalen aufweisen und dem Inhalt der Anmeldung zu entnehmen ist, dass die im Anspruch vorgesehenen Mittel der Lösung eines Problems dienen, das das Vorhandensein des betreffenden Merkmals oder der betreffenden Merkmalskombination voraussetzt.11)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts allerdings auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zulässig. Dies gilt insbesondere
dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen
worden sind.12) → Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele
Selbst der Umstand, dass alle in einer Anmeldung geschilderten Ausführungsbeispiele ein bestimmtes Merkmal aufweisen, steht der Beanspruchung von Schutz für Ausführungsformen ohne dieses Merkmal nicht entgegen, wenn sich dem Inhalt der Anmeldung kein konkreter Bezug zwischen dem betreffenden Merkmal und den im Anspruch vorgesehenen Mitteln zur Lösung eines geschilderten technischen Problems entnehmen lässt.13)
§§ 34 bis 43 PatG → Anmeldeverfahren
§§ 34 bis 64 PatG → Verfahren vor dem Patentamt
PatG → Patentgesetz
→ Offenbarungsgehalt
§ 21 (1) Nr. 4 PatG → Widerruf wegen unzulässiger Erweiterung