→ Einzelhandelsdienstleistungen
→ Einzelhandel
Die Eintragungsfähigkeit von Einzelhandelsmarken [→ Einzelhandel] war lange umstritten. So urteilt der BGH am 21. Juli 2005, daß ein Versandhandelsunternehmen, das für eine Vielzahl von Waren eingetragene Wort- und Wort-/Bildmarken, die das Unternehmenskennzeichen enthalten, lediglich auf Katalogen und Versandtaschen, nicht aber auf der Ware selbst anbringt, diese damit nicht in einer für den Erhalt der Marke maßgeblichen Weise benutze.1)
Dieses für den Einzelhandel sehr problematische Urteil wird nun durch das EuGH-Urteil vom 7.7.2005 - C-418/02 - Praktiker relativiert, das feststellt, dass der Begriff „Dienstleistungen“ im Sinne der Markentechtsrichtlinie auch die Dienstleistungen umfasst, die im Rahmen des Einzelhandels mit Waren erbracht werden.
Damit kann ein Einzelhändler nun parallel zu den für seine Waren eingetragenen Marken deren Schutz als Dienstleistungsmarken für die Dienstleistungen erlangen, die er im Rahmen des Einzelhandels erbringt.
Daß „Einzelhandel“ grundsätzlich als in Klasse 35 eintragungsfähige Dienstleistung anzusehen und ist nicht mehr als bloße Hilfsdienstleitung zu behandeln ist hatte auch schon der 29. Senat des Bundespatentegerichts festgestellt.2) Nach Auffassung des Senats sei Voraussetzung dafür allerdings die Angabe des Warensegments innerhalb dessen die Einzelhandelsdienstleistung erbracht wird.
Dem folgt der EuGH weitgehend. Nach Maßgabe des EuGH genügt für die Identifizierung der Dienstleistung die Verwendung einer allgemeinen Formulierungen wie „Zusammenstellen verschiedener Waren, um dem Verbraucher Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern“. Allerdings ist vom Anmelder zu verlangen, dass er die Waren oder die Arten von Waren, auf die sich diese Dienstleistungen beziehen, mittels Angaben konkretisiert, denn derartige nähere Angaben erleichtern die Beurteilung von Widerspruchsfällen, ohne den Markenschutz spürbar zu begrenzen. Solche Angaben erleichtern auch die Beurteilung der Frage, ob eine Marke rechtserhaltend benutzt wird.3)
Der Gerichtshof hat in seiner „Praktiker“ - Entscheidung ausdrücklich keine inhaltliche Konkretisierung hinsichtlich der Art der Einzelhandelsdienstleistungen verlangt, sondern nur „nähere Angaben“ in Bezug auf die Waren oder Arten von Waren.4)
Die Konkretisierung von Einzelhandelsdienstleistungen lediglich durch Angabe der Klassen der gehandelten Waren dürfte aber weder der Forderung nach „näheren Angaben“ in Bezug auf die gehandelten Waren oder Arten von Waren noch dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen.5)
Vor allem hält es Senat (33. Senat des BPatG) für bedenklich, wenn die bereits sehr großzügigen Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs an die Bestimmtheit des Dienstleistungsverzeichnisses von Marken für Einzelhandelsdienstleistungen im Ergebnis noch weiter unterschritten werden. Dies gilt umso mehr, als sich der Gerichtshof im o. g. „Praktiker“ - Urteil mit der Problematik der praktischen Behandlung solcher Marken in Kollisionsverfahren nur sehr zurückhaltend befasst (Nr. 46 ff.) und die Beantwortung der dritten Vorlagefrage nach der Abgrenzung des Ähnlichkeitsbereichs in Kollisionsfällen - aus verfahrensrechtlichen Gründen - sogar ganz abgelehnt hat (Nr. 53 ff.). Das Deutsche Patent- und Markenamt, das Bundespatentgericht und die ordentlichen Gerichte werden sich aber demnächst mit den insoweit offen gebliebenen Fragen in markenrechtlichen Kollisionsfällen zu befassen haben.6)
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in der Mitteilung Nr. 34/05 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts über die Zulässigkeit der Dienstleistungsbezeichnung Einzelhandelsdienstleistungen„ in Verzeichnissen von Waren und Dienstleistungen angemeldeter Marken nach der Entscheidung des EuGH vom 7. Juli 2005 C-418/02 „Praktiker“ (GRUR 2005, 764) dargelegt, daß es in Klasse 35 die Eintragung von „Einzelhandelsdienstleistungen“ zulassen wird.
Die Waren oder der Bereich der Waren, auf den sich diese Dienstleistungen beziehen, sollen dabei nach Möglichkeit durch Oberbegriffe oder Klassenziffern konkretisiert werden. So wird das DPMA allgemeine Formulierungen wie „Einzelhandelsdienstleistungen etwa im Bereich Bekleidung“ oder auch „Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klasse 25“ künftig zur Eintragung zulassen. Es ist nicht erforderlich, alle Waren, mit denen die Einzelhandelsdienstleistungen erbracht werden, im Einzelnen aufzulisten.7)
Neben der vom EuGH ausdrücklich behandelten Formulierung „Einzelhandelsdienstleistungen“ wird das Deutsche Patent- und Markenamt im Vorgriff auf die am 1. Januar 2007 in Kraft tretende 9. Ausgabe der Klassifikation von Nizza eine Reihe weiterer Dienstleistungsbezeichnungen zulassen, die sachlich gleichgelagert sind und nicht anders behandelt werden können als die Einzelhandelsdienstleistungen. Dazu gehören etwa
An der Auffassung, dass der reine Verkauf von der Warenmarke umfasst wird und keine „Einzelhandelsdienstleistung“ der Klasse 35 darstellt, wird festgehalten. Angaben in Verzeichnissen von Waren und Dienstleistungen wie „Verkauf“, „Vertrieb“ oder „Handel mit …“ werden daher nach wie vor beanstandet und zurückgewiesen.8)