Prioritätserklärung

§ 5 (1) GebrMG

Hat der Anmelder mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für dieselbe Erfindung bereits früher ein Patent nachgesucht, so kann er mit der Gebrauchsmusteranmeldung die Erklärung abgeben, daß der für die Patentanmeldung maßgebende Anmeldetag in Anspruch genommen wird. Ein für die Patentanmeldung beanspruchtes Prioritätsrecht bleibt für die Gebrauchsmusteranmeldung erhalten. Das Recht nach Satz 1 kann bis zum Ablauf von zwei Monaten nach dem Ende des Monats, in dem die Patentanmeldung erledigt oder ein etwaiges Einspruchsverfahren abgeschlossen ist, jedoch längstens bis zum Ablauf des zehnten Jahres nach dem Anmeldetag der Patentanmeldung, ausgeübt werden.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GebrMG kann der Gebrauchsmusteranmelder nur dann die Erklärung abgeben, dass der für die Patentanmeldung maßgebende Anmeldetag in Anspruch genommen werde, wenn er für dieselbe Erfindung bereits früher mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein Patent nachgesucht hat. Dies ist im Schrifttum durchwegs dahin verstanden worden, dass zwischen dem Patentanmelder (oder dessen Rechtsnachfolger) und dem Gebrauchsmusteranmelder Personenidentität (»Anmelderidentität«) bestehen muss.1)

Für einen Sonderfall (Vorveröffentlichung innerhalb der gebrauchsmusterrechtlichen Neuheitsschonfrist und anschließende Patentanmeldung durch einen Nichtberechtigten) ist die Auffassung vertreten worden, dem materiell Berechtigten könne ein Klagerecht auf Einwilligung in die Abzweigung zustehen.2) Die Literatur folgt dieser Auffassung von Loth aber nicht allgemein gefolgt.3)

Der Wortlaut der maßgeblichen maßgeblichen Bestimmung, nach dem das Recht zur Abzweigung dem Anmelder zusteht, der bereits früher ein Patent »nachgesucht« hat, rechtfertigt es nicht, unter dem Nachsuchen in der Sache etwas anderes zu verstehen als die Anmeldung des Patents, aus dem die Abzweigung erfolgt.4)

Unberechtigte Inanspruchnahme eines früheren Anmeldetages

Wird mit der Gebrauchsmusteranmeldung ein Anmeldetag in Anspruch genommen, der dem Gebrauchsmuster nicht zukommt, führt dies zur Zurückweisung der Anmeldung.5)

Die Zuerkennung eines bestimmten Anmeldetags hat weit reichende sachliche Auswirkungen, insbesondere auf den zu berücksichtigenden Stand der Technik. Deshalb muss die alleinige Geltendmachung eines unzutreffenden Anmeldetags zwingend zur Zurückweisung der Anmeldung führen. Dass die Zurückweisung der Gebrauchsmusteranmeldung die notwendige Folge der Beanspruchung eines der Anmeldung nicht zukommenden Anmeldetags ist, entspricht zudem der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zur früheren Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung6) und der im Schrifttum einhellig vertretenen Meinung7) wie auch der Rechtslage im Patentrecht8).9)

Materiellrechtliche Voraussetzungen

Ohne einen Übergang des Rechts auf das Patent kann der durch widerrechtliche Entnahme Verletzte den für die Patentanmeldung maßgebenden Anmeldetag nicht für eine Gebrauchsmusteranmeldung (»Abzweigung«) in Anspruch nehmen.10)

siehe auch

GebrMG, Kapitel 2 → Anmeldung und Eintragung
Nehandelt das Verfahren zur Anmeldung und Eintragung von Gebrauchsmustern beim Deutschen Patent- und Markenamt.

1)
BGH, Beschluss vom 10. 6. 2008 – X ZB 3/08 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II; m.w.N.
2)
darüber nicht entschieden in BGH, Beschluss vom 10. 6. 2008 – X ZB 3/08 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II; m.V.a. Loth, a. a. O., Rdn. 13
3) , 5)
BGH, Beschluss vom 10. 6. 2008 – X ZB 3/08 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II
4) , 10)
BGH, Beschluss vom 10. 6. 2008 – X ZB 3/08 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II
6)
BPatGE 18, 173, 183
7)
Bühring, a. a. O., § 4a Rdn. 38; Loth, a. a. O., § 4a Rdn. 16; vgl. Benkard/ Goebel, a. a. O., § 4a GebrMG Rdn. 15; Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 5 GebrMG Rdn. 22
8)
vgl. Sen.Beschl. v. 13. 7. 1971 – X ZB 11/70, GRUR 1971, 5654, 567 – Funkpeiler
9)
BGH, Beschluss vom 10. 6. 2008 – X ZB 3/08 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II; m.V.a.