Ein Design, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, gilt nur dann als neu und hat nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen.
§ 1 Nr. 3 DesignG → komplexes Erzeugnis
§ 2 (2) DesignG → Neuheit
§ 2 (3) DesignG → Eigenart
Nach § 4 GeschmMG in der Fassung des Geschmacksmusterreform-gesetzes vom 12. März 2004 hat ein Muster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, allerdings nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Eigenart erfüllen.1)
Eine bestimmungsgemäße Verwendung ist nach § 1 Nr. 4 DesignG die Verwendung durch den Endbenutzer, ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur.2)
Die Vorschrift setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. EG Nr. L 289 v. 28.10.1998, S. 28) um. Danach soll sich der Schutz des Musters nicht auf Merkmale eines Bauelements erstrecken, die nach dem Einbau unsichtbar sind. Diese Merkmale sollen auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit herangezogen werden können.3)
Gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 98/71/EG gilt das Muster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, nur dann als neu und hat nur dann Eigenart, (Buchst. a) wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und (Buchst. b) soweit diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen. Nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/71/EG bedeutet „bestimmungsgemäße Verwendung“ im Sinne des Absatzes 3 Buchstabe a die Verwendung durch den Endbenutzer, ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur. Ähnliche Regelungen für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster finden sich in Art. 4 Abs. 2 und 3 GGV.4)
Eine mit § 4 GeschmMG in der Fassung des Geschmacksmusterreform-gesetzes vom 12. März 2004 vergleichbare Bestimmung enthielt das für die Beurteilung der Schutzfähigkeit älterer Gebrauchsmuster maßgebliche Geschmacksmustergesetz alter Fassung nicht. Dessen Vorschriften sind auch nicht richtlinienkonform im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Geschmacksmusterrichtlinie auszulegen. Zwar entfaltet das Geschmacksmustergesetz in der Fassung vom 12. März 2004 grundsätzlich Rückwirkung (Begründung zu Art. 1 § 66 des Re-gierungsentwurfs des Geschmacksmusterreformgesetzes BT-Drucks. 15/1075, S. 63). Davon ist die Frage der Schutzfähigkeit vor dem 28. Oktober 2001 angemeldeter oder eingetragener Rechte in § 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG aus Gründen des Vertrauensschutzes aber gerade ausgenommen.5)
Nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. sind von der Beurteilung der Eigentümlichkeit des streitgegenständlichen Musters auch solche Merkmale nicht grundsätzlich ausgeschlossen, die nach einem Einbau des dem Muster entsprechenden Produkts in ein Gesamterzeugnis nicht (mehr) sichtbar sind.6)
Die für die Eigentümlichkeit maßgebliche ästhetische Wirkung des Musters wird durch die Formgestaltung hervorgerufen, die durch ihre Wirkung auf den Formen- und Farbensinn das durch Anschauen vermittelte ästhetische Gefühl anregen soll.7)
Diese ästhetische Wirkung kann sich auch bei einem Muster bis zum Einbau in ein komplexes Produkt entfalten, in dem das dem Muster entsprechende Erzeugnis nicht oder nicht mehr vollständig sichtbar ist. Die ästhetische Wirkung der Mustergestaltung kann Einfluss auf die Kaufentscheidung haben (Eichmann, GRUR Int. 1996, 859, 875). Zu diesem Zeitpunkt ist das Erzeugnis noch nicht in das komplexe Teil eingefügt.8)
Allerdings kann die äußere Form von Gegenständen, die in ein Gesamtprodukt eingebaut werden und dort nicht mehr sichtbar sind, im Wesentlichen durch die technische Funktion bestimmt sein]; ihnen kann dann wesensmäßig keine ästhetische Wirkung zukommen (vgl. Schweizerisches Bundesgericht GRUR Int. 1988, 437, 438). [→ Ausschließlich technisch bedingte Erscheinungsmerkmale]
Denkbar ist auch, dass der fragliche Gegenstand seine ästhetische Funktion nur im Zusammenhang mit den übrigen Teilen des Gesamtprodukts, in das er eingefügt wird, entfaltet. Auf die nicht sichtbaren Teile der Mustergestaltung kommt es dann nicht an.9)
DesignG → Designgesetz