Anzeigen:
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden; sie sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht.1)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind diese Vorschrift und insbesondere der Begriff des sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarfs dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke darstellt, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll. Für eine solche Einstufung reicht es nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern.2)
Das Erfordernis, dass das Lebensmittel hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner Beschaffenheit oder seiner Form für die Ernährungsanforderungen angemessen ist, die durch eine Krankheit, eine Störung oder Beschwerden bedingt sind und denen es gerecht werden soll, schließt es aus, ein Erzeugnis allein deshalb als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einzustufen, weil die Nährstoffe, aus denen es besteht, positive Auswirkungen in dem Sinne haben, dass sie dem Patienten allgemein einen Nutzen verschaffen und dazu beitragen, dessen Krankheit, Störung oder Beschwerden vorzubeugen, sie zu lindern oder sie zu heilen. Das Angemessenheitserfordernis veranschaulicht den spezifischen Charakter der Ernährungsfunktion der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. So kann ein Erzeugnis, das dem Patienten zwar allgemein einen Nutzen verschafft oder durch Nährstoffzufuhr einer Krankheit, einer Störung oder Beschwerden entgegenwirkt, aber keine solche Ernährungsfunktion hat, nicht als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke eingestuft werden.3)
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat außerdem entschieden, dass der Begriff der Nährstoffe, an denen krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Bedarf besteht, der durch das Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gedeckt werden soll, in der Verordnung nicht definiert ist. Maßgeblich ist die Nährstoffdefinition der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV). Denn sowohl Erwägungsgrund 24 der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 als auch Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/128 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 im Hinblick auf die besonderen Zusammensetzungs- und Informationsanforderungen für Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke knüpfen hieran an.4)
Nach dem damit maßgeblichen Art. 2 Abs. 2 Buchst. s LMIV sind Nährstoffe Eiweiße, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium, Vitamine und Mineralstoffe, die in Anhang XIII Teil A Nr. 1 der Verordnung aufgeführt sind, sowie Stoffe, die zu einer dieser Klassen gehören oder Bestandteil einer dieser Klassen sind.5)
Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 dienen der - ausschließlichen oder teilweisen - Ernährung von Patienten, die einen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf haben. Sie zeichnen sich durch ihre spezifische Ernährungsfunktion aus6), was auf stofflicher Ebene das Vorhandensein von Nährstoffen erfordert7).8)
Ein Erzeugnis stellt ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 dar, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll. Für eine solche Einstufung reicht es nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern.9)
Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 zeichnen sich durch ihre spezifische Ernährungsfunktion aus und enthalten Nährstoffe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. s LMIV. Produkte, die in natürlicher Weise im menschlichen Darm vorkommende Bakterien enthalten, sind keine solchen Lebensmittel, weil Bakterien keine Nährstoffe in diesem Sinne sind.10)
Der Vertrieb und die Bewerbung von Produkten, die Bakterienkulturen enthalten, „zum Diätmanagement“ ist irreführend, wenn diese Angabe den angesprochenen Verkehrskreisen suggeriert, es handele sich bei den Produkten um Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke.11)
Partnerprojekte: waidlerwiki.de - chiemgau-wiki.de