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wettbewerbsrecht:sonn-_und_feiertagsschutz

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Sonn- und Feiertagsschutz

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber, der für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen unter anderem ein RegelAusnahme-Verhältnis statuiert. Grundsätzlich hat die typische „werktägliche Geschäftigkeit“ an Sonn- und Feiertagen zu ruhen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Falle muss der ausgestaltende Gesetzgeber aber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren.1)

Danach müssen gesetzliche Schutzkonzepte für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Ausnahmen hiervon bedürfen eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen. Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen.2)

Dem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht derjenigen Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird und je weitergreifender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist. So müssen etwa bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht vorliegen, wenn mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollen.3))

Der Landesgesetzgeber wollte den Schutz von Sonn- und Feiertagen ausdrücklich berücksichtigen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Ladenöffnungsgesetz, LT-Drucks. Rheinland-Pfalz 15/387, S. 17) und hat dies durch das in § 3 Satz 1 Nr. 1 LadöffnG RP vorgesehene grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen, die in § 7 Abs. 1 Satz 2 LadöffnG RP vorgesehene Beschränkung des außerhalb der regulären Ladenöffnungszeiten gestatteten Verkaufs auf Bahnhöfen, Flugplätzen und Schiffsanlegestellen - verkauft werden dürfen nur Reisebedarf sowie an Bahnhöfen und auf Flugplätzen auch Waren des täglichen Gebrauchs und Geschenkartikel - und die Ausnahmetatbestände für den Verkauf von Zeitungen, Milcherzeugnissen, Bäcker- und Konditorwaren etc. in § 9 LadöffnG RP sowie für verkaufsoffene Sonntage in § 10 LadöffnG RP konkretisiert. Vor diesem Hintergrund kann auch die Verordnungsermächtigung angesichts des durch ihren Wortlaut eröffneten Regelungsermessens im Sinne der Erfordernisse des Schutzes von Sonn- und Feiertagen verfassungskonform ausgelegt werden und genügt damit dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 110 Abs. 1 Satz 2 LV RP.4)

Über die Zulässigkeit der Öffnung einer Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW entscheidet das dort angebotene Kernsortiment, nicht aber das ergänzend dazu angebotene Randsortiment.5)

Die Zugehörigkeit von Waren zum Randsortiment im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW richtet sich nach deren hauptsächlicher Zweckbestimmung und nicht danach, in welcher Weise sie darüber hinaus noch genutzt werden können. Waren des nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW zulässigen Randsortiments müssen weder zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein, noch müssen sie gleichzeitig oder kombiniert mit Waren des Kernsortiments erworben werden.6)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet; m.V.a. BVerfGE 111, 10 [juris Rn. 175]; BVerfGE 125, 39 [juris Rn. 152]
2)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet; m.V.a. BVerfGE 125, 39 [juris Rn. 157]; vgl. auch BVerwGE 168, 356 [juris Rn. 15 f.]; BVerwGE 175, 166 [juris Rn. 11]
3)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet; zu einer landesweiten Ladenöffnung an vier aufeinanderfolgenden Adventssonntagen vgl. BVerfGE 125, 39 [juris Rn. 158]
4)
BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet
5) , 6)
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2024 - I ZR 38/24 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
wettbewerbsrecht/sonn-_und_feiertagsschutz.txt · Zuletzt geändert: 2024/12/12 10:00 von mfreund