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Dr. Martin Meggle-Freund

wettbewerbsrecht:kieferorthopaedie

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Kieferorthopädie

Wirbt ein Zahnarzt, der nicht Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist, mit den Angaben „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“, muss er der dadurch ausgelösten Fehlvorstellung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise, er sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, durch zumutbare Aufklärung entgegenwirken.1)

Dies stellt eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Berufsausübungsfreiheit zum Schutz der auch im öffentlichen Interesse liegenden Fachzahnarztbezeichnung dar. Welche Maßnahmen der Aufklärung zu fordern sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Soweit Angaben im Internetauftritt eines Zahnarztes betroffen sind, kommt insbesondere ein deutlicher Hinweis auf die Art der von ihm erworbenen Zusatzqualifikation und den Umfang seiner praktischen Erfahrung in Betracht. Auch der Ausweis eines Tätigkeitsschwerpunkts kann insoweit der Abgrenzung zu einer Fachzahnarztbezeichnung dienen.2)

Dem Durchschnittsverbraucher sind Facharzt- und Fachzahnarztbezeichnungen zwar nicht fremd; er kennt dementsprechend auch den Begriff „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ und noch mehr die gebräuchlichere Abkürzung „Kieferorthopäde“. Darunter stellt er sich einen Zahnarzt vor, der eine von der zuständigen Berufsaufsicht anerkannte Weiterbildung im Fachgebiet der Kieferorthopädie mit bestandener Prüfung absolviert hat. Vertiefte Gedanken zur Dauer und zum Inhalt einer solchen Weiterbildung macht sich der Durchschnittsverbraucher hingegen nicht. Er weiß auch nicht, dass das für Ärzte grundsätzlich bestehende Verbot, außerhalb ihres Fachgebiets tätig zu werden, für Zahnärzte nicht gilt (vgl. §§ 33, 41 Abs. 1, § 51 Abs. 1 HeilBerG NW), und kieferorthopädische Leistungen daher auch durch approbierte Zahnärzte erbracht werden dürfen, die nicht dazu berechtigt sind, die Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ oder „Kieferorthopäde“ zu führen.3)

Einem Zahnarzt muss es grundsätzlich möglich sein, für die Erbringung von kieferorthopädischen Leistungen zu werben, die ihm auch dann erlaubt ist, wenn er kein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist und die Voraussetzungen für den Ausweis eines diesbezüglichen Tätigkeitsschwerpunkts nicht erfüllt. Ein generelles Verbot solcher Werbung durch „einfache“ approbierte Zahnärzte stellte einen unverhältnismäßigen und daher nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit dar4). Daher kann auch einem Zahnarzt, der - wie der Beklagte - personenbezogen einen Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie ausweisen darf, die von der Voranstellung des Worts „Tätigkeitsschwerpunkt“ losgelöste Verwendung des Begriffs „Kieferorthopädie“ für die werbende Beschreibung seiner Tätigkeit nicht generell untersagt werden.5)

siehe auch

§ 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Fall 2 Nr. 3 UWG → Irreführende Angaben über den Unternehmer

Facharzt

1) , 3) , 5)
BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 114/20 - Kieferorthopädie
2)
BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 114/20 - Kieferorthopädie; zur Zulässigkeit der Werbung mit einem Tätigkeitsschwerpunkt vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2003 - 3 BN 1/03, juris Rn. 6 bis 8; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5 Rn. 4.166 mwN
4)
vgl. BGH, GRUR 2013, 409 Rn. 32 - Steuerbüro; GRUR 2013, 1252 Rn. 17 - Medizinische Fußpflege, mwN; zur Zulässigkeit ärztlicher Werbung allgemein vgl. BVerfG, NJW 2011, 3147 Rn. 21; BVerfGK 19, 335, 339 [juris Rn. 21], jeweils mwN
wettbewerbsrecht/kieferorthopaedie.txt · Zuletzt geändert: 2024/09/12 08:53 von 127.0.0.1