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wettbewerbsrecht:aufbrauchfrist

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Aufbrauchfrist

Die Gewährung einer Aufbrauchfrist setzt voraus, dass dem Schuldner eines Unterlassungsanspruchs durch ein sofort mit der Zustellung des Titels uneingeschränkt zu beachtendes Verbot unverhältnismäßige Nachteile entstehen und die Belange sowohl des Gläubigers als auch der Allgemeinheit durch eine befristete Fortsetzung des Wettbewerbsverstoßes nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. In der danach erforderlichen Interessenabwägung kann sich zu Lasten des Schuldners auswirken, dass er sich aufgrund einer Verurteilung in den Vorinstanzen oder aufgrund des Verlaufs des Revisionsverfahrens, etwa wegen einer vom Senat veranlassten Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union, auf einen für ihn ungünstigen Ausgang des Revisionsverfahrens einstellen konnte und musste.1)

Der Antrag auf Gewährung einer Aufbrauchfrist kann auch in der Revisionsinstanz mit Erfolg gestellt werden, wenn die zu Grunde liegenden Tatsachen unstreitig oder in den Tatsacheninstanzen festgestellt sind.2)

Der Beklagte muss substantiiert darlegen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufbrauchfrist vorliegen.3)

Die Entscheidung über die Einräumung einer Aufbrauchfrist erfordert eine Interessenabwägung. a) Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit den Beklagten ein Verschulden trifft.4)

Zu Gunsten des Beklagten kann sich dabei auswirken, dass er das streitgegenständliche Verhalten längere Zeit unbeanstandet vorgenommen hat.5)

Eine Verurteilung in den Vorinstanzen kann aber dazu führen, dass der Beklagte sich auf einen ungünstigen Ausgang auch des Revisionsverfahrens einstellen konnte und musste.6)

Weiter einschränkend wird vertreten, dass die Interessen der Allgemeinheit und der Verbraucher insbesondere bei Wettbewerbsverstößen auf Grund einer Irreführung gemäß §§ 5, 5a UWG in einer Weise betroffen sein könnten, dass die Gewährung einer Aufbrauchfrist generell abzulehnen sei.7)

siehe auch

§ 8 (1) S. 1 UWG → Unterlassungsanspruch

1)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; Fortführung von BGH, Urteil vom 16. November 1973 - I ZR 98/72, GRUR 1974, 474, 476 [juris Rn. 23] = WRP 1974, 85 - Großhandelshaus; Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 89/12, GRUR 2013, 1254 Rn. 44 = WRP 2013, 1596 - Matratzen Factory Outlet; Urteil vom 10. Mai 2016 - X ZR 114/13, GRUR 2016, 1031 Rn. 42 - Wärmetauscher
2)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. BGH, Urteil vom 15. April 1966 - Ib ZR 85/64, GRUR 1966, 495, 498 [juris Rn. 30] - UNIPLAST; Urteil vom 12. Juli 1968 - I ZR 111/66, WM 1968, 993, 995 [juris Rn. 38] - Hamburger Volksbank; Urteil vom 7. Mai 1969 - I ZR 122/66, DAR 1969, 238, 240 [juris Rn. 41]; Urteil vom 16. November 1973 - I ZR 98/72, GRUR 1974, 474, 476 [juris Rn. 23] = WRP 1974, 85 - Großhandelshaus
3)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1961 - I ZR 110/59, GRUR 1961, 283 f. - Mon Chéri II; BGH, DAR 1969, 238, 240 [juris Rn. 41]; BGH, Urteil vom 11. März 1982 - I ZR 58/80, GRUR 1982, 420, 423 [juris Rn. 46] - BBC/DDC). Insbesondere muss er darlegen, in welchem Zeitraum er die Umstellung und den Aufbrauch bewerkstelligen kann.((BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. MünchKomm.UWG/Fritzsche, § 8 Rn. 158
4)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. BGH, Urteil vom 19. Februar 1957 - I ZR 13/55, GRUR 1957, 488, 491 - MHZ; Urteil vom 10. Mai 1957 - I ZR 33/56, GRUR 1957, 499, 504 - Wipp; Urteil vom 31. Mai 1960 - I ZR 16/59, GRUR 1960, 563, 567 [juris Rn. 41] - Alterswerbung/Sekt; Urteil vom 18. Dezember 1981 - I ZR 34/80, GRUR 1982, 425, 431 [juris Rn. 33] - Brillen-Selbstabgabestellen, insoweit nicht in BGHZ 82, 375 abgedruckt; Urteil vom 18. Dezember 1981 - I ZR 116/80, juris Rn. 33; BGH, GRUR 1982, 420, 423 [juris Rn. 46] - BBC/DDC
5)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1981 - I ZR 116/80, juris Rn. 33; Urteil vom 25. Januar 1990 - I ZR 19/87, BGHZ 110, 156, 175 f. [juris Rn. 54] - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz
6)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.w.N.
7)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 8 Rn. 42; Goldmann in Harte/Henning, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 191; Büscher/Hohlweck, § 8 Rn. 90; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kapitel 57 Rn. 21; zurückhaltender Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 1.95; MünchKomm.UWG/Fritzsche, 3. Aufl., § 8 Rn. 131
wettbewerbsrecht/aufbrauchfrist.txt · Zuletzt geändert: 2024/09/12 08:53 von 127.0.0.1