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verfahrensrecht:beweisvereitelung

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Beweisvereitelung

In Anwendung des Rechtsgedankens, der den Regelungen in §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, §§ 444, 446, 453 Abs. 2, § 454 Abs. 1 ZPO sowie § 242 BGB zugrunde liegt, setzt eine Beweisvereitelung in objektiver Hinsicht voraus, dass eine Prozesspartei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung erschwert oder unmöglich macht, wobei ein Verhalten vor oder während des Prozesses in Betracht kommt, mit dem vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden oder ihre Benutzung erschwert wird.1)

Der subjektive Tatbestand der Beweisvereitelung verlangt einen doppelten Schuldvorwurf: Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung der Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen.2)

Das objektiv beweisvereitelnde und schuldhafte Verhalten muss außerdem unberechtigt und missbilligenswert sein.3)

Daran fehlt es, wenn das Verhalten des Prozessgegners der beweisbelasteten Partei auf triftigen Gründen beruht, die über rein prozesstaktische Erwägungen hinausgehen.4)

Steht beispielswese die Erschwerung der Beweisführung durch das Vorenthalten von Urkunden in Rede, setzt die Annahme einer unberechtigten Beweisvereitelung voraus, dass den Prozessgegner eine Pflicht zur Vorlage getroffen hat. Anderenfalls gibt es keinen Grund für eine Sanktionierung dieses Verhaltens, da der Beweisführer keine Möglichkeit gehabt hätte, auf die Urkunde zuzugreifen.5)

Geht es um die Erschwerung eines Zeugenbeweises, reicht es für das Vorliegen eines gegen die Annahme einer unberechtigten und missbilligenswerten Beweisvereitelung sprechenden triftigen Grundes aus, wenn besondere Umstände zutage getreten sind, die geeignet erscheinen, bei der Partei den Eindruck zu erwecken, der betreffende Zeuge sei nicht (mehr) neutral, sondern er stehe - freiwillig oder unter Druck - „im Lager“ der Gegenpartei.6)

Der Tatrichter hat gemäß § 286 ZPO nicht nur das Ergebnis einer Beweisaufnahme, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung zu würdigen. Dazu gehören die Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen einer Partei und damit auch ein Verhalten einer Partei, das dazu führen kann, einen Beweis zu verhindern oder zu erschweren und dadurch die Beweisführung des beweispflichtigen Prozessgegners scheitern zu lassen.7)

Ist von einer Beweisvereitelung auszugehen, ist dies im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Prozessgegners der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigen.8)

Nur ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten kann den mit beweisrechtlichen Nachteilen verbundenen Vorwurf der Beweisvereitelung tragen.9)

Der subjektive Tatbestand der Beweisvereitelung verlangt einen doppelten Schuldvorwurf. Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf gerichtet sein, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen.10)

Von einer Beweisvereitelung kann nur ausgegangen werden, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert. Deshalb ist eine Beweisvereitelung nicht anzunehmen, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich gewesen wäre, den Beweis - etwa im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens - zu sichern.11)

Liegen die Voraussetzungen einer Beweisvereitelung vor, können zugunsten der beweisbelasteten Partei Beweiserleichterungen in Betracht kommen, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können.12)

Die Beweisvereitelung durch den Gegner der beweisbelasteten Partei führt nicht bereits als solche zum Verlust des Prozesses, sondern allenfalls dazu, dass ihr Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) zu ihren Lasten gewürdigt werden kann.13)

Die Annahme einer Beweisvereitelung durch eine Partei rechtfertigt nicht die Annahme, dass vom Vortrag der beweisbelasteten Partei auszugehen ist.14)

Kann einer Partei der Vorwurf gemacht werden, sie habe den vom Prozessgegner zu führenden Beweis vereitelt, führt dies nicht dazu, dass eine Beweiserhebung gänzlich unterbleiben kann und der Vortrag der beweispflichtigen Partei als bewiesen anzusehen ist. Vielmehr sind zunächst die von der beweispflichtigen Partei angebotenen Beweise zu erheben. Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.15)

siehe auch

Beweis
§ 282 ZPO → Prozessförderungspflicht

1)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, GRUR 2016, 88 Rn. 44 = WRP 2016, 35 - Deltamethrin I; Urteil vom 19. September 2019 - I ZR 64/18, BGHZ 223, 139 Rn. 27
2)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, NJW 2004, 222 [juris Rn. 14]; BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 29 - Deltamethrin I
3)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 118/07, GRUR 2009, 519 Rn. 14 = WRP 2009, 634 - Hohlfasermembranspinnanlage I, mwN; BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 29 - Deltamethrin I
4)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. BGH, Beschluss vom 26. September 1996 - III ZR 56/96, NJW-RR 1996, 1534 [juris Rn. 9]; Zöller/Greger, § 286 Rn. 14a
5)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, Kap. 8 Rn. 134
6)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 222/20 - Porsche 911; m.V.a. BGH, NJW-RR 1996, 1534 [juris Rn. 9]
7) , 8) , 11) , 15)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin
9)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin; m.V.a. BGH, Urteil vom 26. September 1996 - III ZR 56/96, NJW-RR 1996, 1534
10)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, NJW 2004, 222
12)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin; m.V.a. BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, NJW 2004, 222; Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 22 ff.; Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07, NJW 2009, 360 Rn. 23 mwN
13)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin; m.V.a. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - I ZB 118/07, NJW-RR 2009, 995 Rn. 14 - Hohlfasermembranspinnanlage; NJW 2009, 360 Rn. 23; Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18
14)
BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13 - Deltamethrin ; m.V.a. BGH, NJW 2008, 982 Rn. 19
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