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§ 547 Nr. 1 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts
§ 547 Nr. 2 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der Entscheidung durch ausgeschlossenen Richter
§ 547 Nr. 3 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der Entscheidung nach begründetem Ablehnungsgesuch
§ 547 Nr. 4 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Vertretung
§ 547 Nr. 5 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens
§ 547 Nr. 6 ZPO → Absoluter Revisionsgrund der unbegründeten Entscheidung
Das Gesetz qualifiziert besonders schwerwiegende Verfahrensfehler als absolute Revisionsgründe1).
Die Revision ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO geltend gemacht wird und vorliegt.2)
Der X. Zivilsenat hat seine Entscheidung damit begründet, dass die in § 547 Nr. 1 bis 4 ZPO aufgeführten absoluten Revisionsgründe ebenso wie Verfahrensgrundrechte zu behandeln sind.3)
Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts könne sich als Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) darstellen; die fehlende gesetzliche Vertretung einer Partei könne deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzen. Zudem stimmten die absoluten Revisionsgründe des § 547 Nr. 1 bis 4 ZPO mit den Nichtigkeitsgründen des § 579 Abs. 1 ZPO überein, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die Beseitigung eines rechtskräftigen Urteils rechtfertigten. Der Gesetzgeber habe mit der Qualifikation schwerwiegender Verfahrensfehler als absolute Revisionsgründe und als Nichtigkeitsgründe deutlich gemacht, dass es nicht erträglich erscheine, der betroffenen Partei abzuverlangen, die auf der Grundlage eines solchen Verfahrensfehlers ergangene Entscheidung hinzunehmen. Es erscheine auch verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, der Partei in einem solchen Fall das nach der Verfahrensordnung vorgesehene Rechtsmittel zu versagen und sie auf ein Wiederaufnahmeverfahren zu verweisen.4)
Nach der Systematik der Zivilprozessordnung können absolute Revisionsgründe grundsätzlich nur im Rahmen einer statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revision geltend gemacht werden.5)
Das Vorliegeneines absoluten Revisionsgrunds indiziert daher nicht ohne weiteres das Bestehen eines Zulassungsgrunds im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO.6)
Die absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 stimmen mit den Nichtigkeitsgründen des § 579 Abs. 1 ZPO überein, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die Beseitigung eines rechtskräftigen Urteils rechtfertigen, weil es der Gesetzgeber für unzumutbar hält, von der unterlegenen Partei zu verlangen, sich mit dem Urteil abzufinden7).8)
Kennzeichnend für die absoluten Revisionsgründe ist nicht lediglich die unwiderlegbare Vermutung der Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für die Entscheidung. Vielmehr qualifiziert das Gesetz besonders schwerwiegende Verfahrensfehler als absolute Revisionsgründe.9) Dies wird auch daran sichtbar, dass die absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 mit den Nichtigkeitsgründen des § 579 Abs. 1 ZPO übereinstimmen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die Beseitigung eines rechtskräftigen Urteils rechtfertigen, weil es der Gesetzgeber für unzumutbar hält, von der unterlegenen Partei zu verlangen, sich mit dem Urteil abzufinden.10)
Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient über seinen sich unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebenden Zweck, Divergenzen in den von der Rechtsprechung der Entscheidungsfindung zugrunde gelegten Rechtssätzen zu vermeiden, auch dazu, die Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern zu ermöglichen, die über den Einzelfall hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren11)
Abgesehen von denjenigen Fällen, in denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ohne eine Korrektur durch das Revisionsgericht eine Wiederholung oder Nachahmung des Fehlers droht, liegt ein solcher Rechtsanwendungsfehler insbesondere dann vor, wenn die Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung als Ganzes zu erschüttern.12)
Jedenfalls die absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO sind insoweit wie die Verletzung von Verfahrensgrundrechten zu behandeln.13)
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts auch dann zuzulassen, wenn dieser Zulassungsgrund bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorlag und danach in anderer Sache eine entsprechende Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen ist.14)
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen ist, wenn dieser Zulassungsgrund im Zeitpunkt ihrer Einlegung gegeben war und zwischenzeitlich durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in anderer Sache entfallen ist, sofern nur dem Rechtsmittel weiterhin Erfolgsaussichten beizumessen sind. Gleiches gilt in Bezug auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, wenn eine mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Fehlerpraxis des Berufungs-gerichts nach Einlegung des Rechtsmittels durch eine Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs in einer Parallelsache korrigiert worden ist.15)
Von dem Grundsatz abzuweichen, dass die Zulassungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde vorliegen müssen, ist in diesen Fallgestaltungen vor allem im Interesse der Vorherseh-barkeit und der Rechtsmittelklarheit gerechtfertigt. Dem Rechtsmittelführer soll der Rechtsschutz nicht aus Gründen versagt werden, die gänzlich außerhalb seiner Einflussmöglichkeiten liegen und von Zufall geprägt sein können, wie es etwa der Fall ist, wenn der in seiner Sache einschlägige Zulassungsgrund auch in anderen Fällen verwirklicht ist und die Zulassung davon abhängt, ob die dort Beteiligten ebenfalls Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision eingelegt ha-ben oder wenn es darauf ankommt, in welchem Verfahren zuerst eine Entscheidung des Revisionsgerichts ergeht.16)
Wird einer der absoluten Revisionsgründe des § 547 Nrn. 1 bis 4 ZPO mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht und liegt dieser tatsächlich vor, gebietet dies die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).17)
§ 547 der Zivilprozessordnung (ZPO) beschreibt die absoluten Revisionsgründe, bei denen eine Entscheidung stets als auf einer Rechtsverletzung beruhend angesehen wird.
§ 547 (1) ZPO → Nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts
Eine Entscheidung ist als rechtsverletzend anzusehen, wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
§ 547 (2) ZPO → Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters
Ein Richter, der kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen war, hat mitgewirkt, sofern das Hindernis nicht durch ein erfolgloses Ablehnungsgesuch geltend gemacht wurde.
§ 547 (3) ZPO → Mitwirkung eines abgelehnten Richters wegen Befangenheit
Ein Richter hat mitgewirkt, obwohl er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wurde.
§ 547 (4) ZPO → Fehlende gesetzliche Vertretung einer Partei
Eine Partei war im Verfahren nicht gesetzlich vertreten, es sei denn, sie hat die Prozessführung genehmigt.
§ 547 (5) ZPO → Verletzung der Öffentlichkeit des Verfahrens
Die Entscheidung basiert auf einer mündlichen Verhandlung, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit verletzt wurden.
§ 547 (6) ZPO → Fehlende Begründung der Entscheidung
Die Entscheidung ist nicht mit Gründen versehen, entgegen den Bestimmungen des Gesetzes.
ZPO, Buch 2, Abschnitt 1, Titel 1 → Revision
Regelt die Voraussetzungen und Verfahren der Revision, einschließlich der Gründe, Fristen und der Wirkung von Revisionsentscheidungen.
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