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urheberrecht:beschraenkung_der_abmahnkosten

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Beschränkung der Abmahnkosten

§ 97a (3) UrhG

Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte

1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist. Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.

§ 97a Abs. 2 UrhG aF → Abmahnkosten in einfach gelagerten Fällen

Die durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3714) geänderte Vorschrift des § 97a UrhG gilt seit dem 9. Oktober 2013 und wurde später durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26. November 2020 (BGBl. I S. 2568) mit Wirkung zum 2. Dezember 2020 geändert.1)

Der Schadensersatzanspruch des Rechtsinhabers gegen den Rechtsverletzer nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG reicht mit Blick auf die Kosten der Abmahnung jedenfalls nicht weiter als der Aufwendungsersatzanspruch nach § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG gegen den Anschlussinhaber. Die Voraussetzungen des § 97a Abs. 3 UrhG müssen daher auch dann erfüllt sein, wenn der Rechtsinhaber vom Rechtsverletzer die Kosten für die Abmahnung des mit diesem nicht identischen Anschlussinhabers als Schadensersatz verlangt. Insbesondere die in § 97a Abs. 3 Satz 2 bis 4 UrhG enthaltenen Vorschriften zu den erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren sind entsprechend anwendbar. Dies steht mit dem Unionsrecht im Einklang.2)

Die Regelung des § 97a Abs. 3 Satz 2 bis 4 UrhG betrifft nur den außergerichtlichen Bereich und erstreckt sich nicht auf die Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren.3)

Sie lässt den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts gegenüber dem auftraggebenden Rechtsinhaber unberührt und begrenzt nur dessen Erstattungsanspruch gegenüber dem Abgemahnten. Dies kann dazu führen, dass der Rechtsinhaber einen Teil seiner Abmahnkosten selbst tragen muss.4)

Nach § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine Abmahnung verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist und § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG entspricht. Die Abmahnung hat nach § 97a Abs. 2 Satz 1 UrhG in klarer und verständlicher Weise (Nr. 1) Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt; (Nr. 2) die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen; (Nr. 3) geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und (Nr. 4), wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, ob die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.5)

Die erstmals in § 49 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GKG-E des Regierungsentwurfs eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken enthaltenen Tatbestandsmerkmale wurden unverändert in § 97a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 UrhG übernommen. Sie sollen aufgrund ihrer klaren Bestimmbarkeit die Probleme vermeiden, die sich aus § 97a Abs. 2 UrhG aF („einfach gelagerter Fall“ und „unerhebliche Rechtsverletzung“) ergeben hätten. In der Konstellation, in der der Rechtsinhaber gegen eine Privatperson vorgehe, die ihm gegenüber noch nicht bereits wegen eines urheberrechtlichen Anspruchs zur Unterlassung verpflichtet sei, könne davon ausgegangen werden, dass aus der Perspektive des Rechtsverletzers der für sich selbst erstrebte wirtschaftliche Vorteil eher gering erscheine. Jedenfalls dann, wenn der Rechtsverletzer umgehend eine Unterlassungserklärung abgebe, stelle sich auch für den Rechtsinhaber die Verletzung als weniger gravierend dar als bei wiederholten Verletzungen. Zu den im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigenden besonderen Umständen des Einzelfalls könne auch eine im Einzelfall in relevantem Ausmaß vom üblichen Maß abweichende Anzahl oder Schwere der Rechtsverletzung gehören.6)

Nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000 €, wenn der Abgemahnte (Nr. 1) eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und (Nr. 2) nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.7)

Der genannte Wert ist gemäß § 97a Abs. 3 Satz 3 UrhG auch dann maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Nach § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG gilt dies nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist.8)

Der Umstand, dass sich der Gesetzgeber entschlossen hat, die in § 97a Abs. 2 UrhG aF [→ Abmahnkosten in einfach gelagerten Fällen ] vorgesehene Begrenzung des Anspruches auf Erstattung der Kosten der Abmahnung mit Wirkung zum 9. Oktober 2013 durch die in § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG niedergelegte Regelung zu ersetzen, nach der sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000 € beschränkt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dieser Regelung bewusst davon abgesehen, die von ihm beabsichtigte Reduzierung der Belastung mit den Kosten einer Abmahnung bei Urheberrechtsverletzungen, die dem privaten Nutzerverhalten zugerechnet werden können, weiterhin an das Vorliegen einer nur „unerheblichen Rechtsverletzung“ zu knüpfen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BR-Drucks. 219/13, S. 13). Die hiermit etwa einhergehende Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelungen über die Begrenzung des Erstattungsanspruches kann danach nicht vor dem Inkrafttreten der Neuregelung greifen.9)

Die Regelung des § 97a Abs. 3 Satz 2 bis 4 UrhG, nach der für die Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen in einer Abmahnung unter den in § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG genannten Voraussetzungen nur Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000 Euro verlangt werden kann, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles nicht unbillig ist, steht mit dem Unionsrecht - insbesondere mit Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums - im Einklang.10)

Die Billigkeitsklausel des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG bedarf dahingehend der unionsrechtskonformen Auslegung, dass die darüber hinaus zu berücksichtigenden („besonderen“) Umstände des Einzelfalls die bereits nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG tatbestandlich zu berücksichtigenden Merkmale in der Gesamtbetrachtung überwiegen müssen, um von der Begrenzung des Gegenstandswerts absehen zu können.11)

Die so auszulegende Regelung des § 97a Abs. 3 Satz 2 bis 4 UrhG ist entsprechend auf den Schadensersatzanspruch des Rechtsinhabers nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG, § 249 Abs. 1 BGB anzuwenden, der die Kosten der Abmahnung des nicht mit dem Rechtsverletzer identischen Internetanschlussinhabers umfasst.12). Auch dies ist unionsrechtskonform.13)

Im Schrifttum ist umstrittenen, ob die Kosten einer berechtigten Abmahnung des Rechtsverletzers generell als ersatzfähiger Schaden anzusehen sind. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang nur für die Kosten der Abmahnung gegenüber dem mit dem Rechtsverletzer nicht identischen Anschlussinhaber geklärt und im Übrigen offengelassen.14)

siehe auch

§ 97a UrhG → Abmahnung

1) , 2) , 5) , 7) , 8) , 11) , 13)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II
3)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; m.V.a. den Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BT-Drucks. 17/14216, S. 7; anders noch Regierungsentwurf, BT-Drucks. 17/13057, S. 8 und 29 f.
4)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; m.V.a. LG Stuttgart, GRUR-RR 2019, 99 [juris Rn. 48 f.]; Niebel in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 97a UrhG Rn. 15; BeckOK.Urheberrecht/Reber, 35. Edition [Stand 15. Januar 2022], § 97a UrhG Rn. 27; Specht in Dreier/Schulze aaO § 97a Rn. 19; Eichelberger in Eichelberger/Wirth/Seifert, UrhG, 4. Aufl., § 97a Rn. 11; Backes, Der Streit- und Gegenstandswert bei Unterlassungsansprüchen im Urheberrecht, 2018, S. 220; Weber/Bockslaff, IPRB 2014, 20, 22; Kiersch, ZUM 2018, 667, 668
6)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; m.V.a. die BT-Drucks. 17/13057, S. 29; zum angemessenen Gegenstandswert von nicht unter 15.000 € bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines Computerspiels vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 124/16, ZUM-RD 2018, 68 [juris Rn. 35]
9)
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 97/15
10)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; Anschluss an EuGH, Urteil vom 28. April 2022 - C-559/20, GRUR 2022, 849 = WRP 2022, 708 - Koch Media
12)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; Fortführung von BGH, Urteil vom 22. März 2018 - I ZR 265/16, GRUR 2018, 914 [juris Rn. 15 bis 27] = WRP 2018, 1087 - Riptide I
14)
BGH, Urteil vom 1. September 2022 - I ZR 108/20 - Riptide II; m.V.a. BGH, GRUR 2018, 914 [juris Rn. 26 f.] = WRP 2018, 1087 - Riptide I; bejahend Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl., § 97a UrhG Rn. 61 bis 65; Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 97a Rn. 20; Teplitzky/Bacher, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 41 Rn. 82; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 13 Rn. 107 bis 109; Niebel in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 97a UrhG Rn. 14; verneinend Ahrens/Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 10 Rn. 13; Hewicker/Marquardt/Neurauter, NJW 2014, 2753, 2753 f.
urheberrecht/beschraenkung_der_abmahnkosten.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:25 von 127.0.0.1