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Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sorten-schutz (Sortenschutzverordnung, GemSortV)
GemNachbauV → Nachbauverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1768/95)
Nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a GemSortV ist die Vermehrung von Erntegut einer geschützten Sorte grundsätzlich nur mit Zustimmung des Sortenschutzinhabers zulässig.1)
Nach der Ausnahmeregelung in Art. 14 Abs. 1 GemSortV können Landwirte zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung zu Vemehrungszwecken im Feldanbau in ihrem eigenen Betrieb das Ernteerzeugnis bestimmter, in Art. 14 Abs. 2 GemSortV aufgeführter Sorten verwenden, das sie in ihrem eigenen Betrieb durch Anbau von Vermehrungsgut gewonnen haben, wobei es sich nicht um eine Hybride oder eine synthetische Sorte handeln darf.2)
Gemäß Art. 14 Abs. 3 GemSortV ist diese Ausnahmeregelung nur wirksam, wenn der Landwirt bestimmte Verpflichtungen einhält, die in der Nachbauverordnung konkretisiert werden.3)
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist geklärt, dass sich ein Landwirt, der dem Sortenschutzinhaber keine angemessene Entschädigung zahlt, wenn er das durch Nachbau gewonnene Vermehrungsgut einer geschützten Sorte nutzt, nicht auf Art. 14 Abs. 1 GemSortV berufen kann, sondern eine Sortenschutzverletzung begeht und deshalb nach Art. 94 GemSortV auf Unterlassung, Zahlung einer angemessenen Entschädigung und bei schuldhaftem Handeln auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann.4)
Für den Fall, dass der Landwirt seinen Auskunftspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, kann nichts anderes gelten.5)
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Sortenschutzverordnung, GemSortV) und der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Nachbauverordnung, GemNachbauV) vorgelegt:6)
a) Ist ein Landwirt, der, ohne hierüber vertragliche Vereinbarungen mit dem Sortenschutzinhaber getroffen zu haben, durch Nachbau gewonnenes Vermehrungsgut einer geschützten Sorte genutzt hat, zur Zahlung einer angemessenen Vergütung nach Art. 94 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz und - bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit - zum Ersatz des weiteren Schadens aus der Sortenschutzverletzung nach Art. 94 Abs. 2 dieser Verordnung schon dann verpflichtet, wenn er die ihm nach Art. 14 Abs. 3, 4. Gedankenstrich dieser Verordnung in Verbindung mit Artt. 5 f. der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gem. Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 obliegende Verpflichtung zur Entrichtung einer angemessenen Entschädigung (Nachbaugebühr) zum Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung des Ernteguts zu Vermehrungszwecken im Feldanbau noch nicht erfüllt hat?7)
b) Falls die erste Frage in dem Sinne zu beantworten ist, dass der Landwirt die ihm obliegende Verpflichtung zur Entrichtung einer angemessenen Nachbaugebühr auch nach der tatsächlichen Nutzung des Ernteguts zu Vermehrungszwecken im Feldanbau noch erfüllen kann: Sind die genannten Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie eine Frist bestimmen, innerhalb deren der Landwirt, der durch Nachbau gewonnenes Vermehrungsgut einer geschützten Sorte genutzt hat, die ihm obliegende Verpflichtung zur Entrichtung einer angemessenen Nachbaugebühr erfüllen muss, damit der Nachbau im Sinne von Art. 94 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in Verbindung mit Art. 14 dieser Verordnung als „berechtigt“ anzusehen ist.8) BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 191/03 - OLG Zweibrücken LG Kaiserslautern - Aufbereiter
In der Literatur wird aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach ein Landwirt, der die in Art. 14 Abs. 3 GemSortV festgelegten Pflichten nicht erfüllt, eine Sortenschutzverletzung begeht, zum Teil abgeleitet, dass die angemessene Vergütung anhand des Durchschnittsbetrages der Gebühr zu berechnen sei, die in demselben Gebiet für die Erzeugung einer entsprechenden Menge in Lizenz von Vermehrungsmaterial der geschützten Sorten der betreffenden Pflanzenarten verlangt wird (Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 2. Auflage, § 3 Rn. 70; Krieger, Der Nachbau von geschützten Pflanzensorten in Deutschland, S. 219). Ergänzend wird auf die Regelung in Art. 18 Abs. 2 GemNachbauV hingewiesen, nach der bei wiederholten vorsätzlichen Verstößen gegen die Pflicht aus Art. 14 Abs. 3 Spiegelstrich 4 GemSortV mindestens ein Pauschalbetrag in Höhe des Vierfachen der genannten Gebühr als Schadensersatz geschuldet ist. Soweit ersichtlich haben sich alle bislang mit der Frage befassten Instanzgerichte in Deutschland dieser Auffassung angeschlossen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Oktober 2004 - 2 U 18/04, InstGE 5, 31). Sie wird auch in den Materialien zu der Regelung im deutschen Sortenschutzgesetz vertreten, die mit den Bestimmungen über den gemeinschaftlichen Sortenschutz insoweit im Wesentlichen inhaltsgleich ist (BT-Drucks. 13/7038, S. 14).9)
Nach einer anderen Auffassung führt die Anwendbarkeit von Art. 94 GemSortV nicht dazu, dass ein Verletzer, der die Möglichkeit hat, die Sonderregelung in Art. 14 GemSortV in Anspruch zu nehmen, und die dafür geltenden Voraussetzungen nicht einhält, in jeder Hinsicht gleich zu behandeln ist wie ein Dritter, der nicht zu dem in Art. 14 Abs. 1 GemSortV genannten Personenkreis gehört. Wenn die Schutzrechtsverletzung lediglich daraus resultiert, dass der Verletzer die in Art. 14 Abs. 3 GemSortV und in der Nachbauverordnung normierten Verhaltenspflichten nicht beachtet hat, soll die nach Art. 94 Abs. 1 GemSortV zu zahlende Vergütung vielmehr anhand des Entgelts zu bemessen sein, das im Falle eines berechtigten Nachbaus geschuldet ist.10)
Nach Auffassung des Senats ist die Auslegung von Art. 94 Abs. 1 GemSortV nicht offenkundig. Der Wortlaut der Vorschrift („angemessene Vergütung“) lässt beide Auslegungsmöglichkeiten zu. Die Regelungssystematik, wonach der Landwirt bei Verstößen gegen die in Art. 14 Abs. 3 GemSortV fest-gelegten Verpflichtungen eine Sortenschutzverletzung begeht, könnte für die zuerst genannte Auffassung sprechen. Das nach Art. 94 Abs. 1 GemSortV ent-scheidende Kriterium der Angemessenheit spricht demgegenüber eher dafür, dem Sortenschutzinhaber nur insoweit einen Ausgleich zuzubilligen, als seine Rechtsposition durch die Pflichtverletzung beeinträchtigt worden ist. Unter diesem Gesichtspunkt könnte es überzogen erscheinen, die bei einem Verstoß gegen die Pflichten aus Art. 14 Abs. 3 GemSortV geschuldete Vergütung nach denselben Maßstäben zu bestimmen wie die Vergütung bei unerlaubter Vor-nahme von Handlungen, die stets der Zustimmung des Sortenschutzinhabers bedürfen. Dies könnte dafür sprechen, bei der Bemessung der angemessenen Vergütung zu berücksichtigen, ob ein Verletzer die Möglichkeit hat, die Sonderregelung in Art. 14 GemSortV in Anspruch zu nehmen, und die Schutzrechtsverletzung lediglich daraus resultiert, dass er die dafür maßgeblichen Verhal-tenspflichten nicht beachtet hat.11)
Die Ansprüche aus Art. 94 GemSortV sind nicht allein auf Nachholung der nicht ordnungsgemäß erfolgten Mitwirkungshandlung (z.B. auf Korrektur der unrichtigen Auskunft) gerichtet. Sie fallen deshalb durch die spätere Korrektur der Angaben nicht weg.(BGH, Beschluss vom 30. September 2010 - Xa ZR 123/09 - Solara))
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