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Dem Verletzten steht es frei, zur Berechnung des zu fordernden Schadensersatzes im Falle der Verletzung eines Schutzrechts – zwischen dem konkreten Schaden (vor allem dem entgangenen Gewinn) und einem abstrakten Schaden (Lizenzanalogie oder Verletzergewinn) zu wählen.1)
Bei den drei Bemessungsarten handelt es sich lediglich um Variationen bei der Ermittlung des gleichen einheitlichen Schadens und nicht um verschiedene Ansprüche mit unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, so dass kein Wahlschuldverhältnis vorliegt.2) Anerkannt ist in Rechtsprechung und Literatur, dass das Wahlrecht unter diesen Berechnungsformen noch während eines laufenden Zahlungsklageverfahrens ausgeübt werden kann. Dem Gläubiger soll ermöglicht werden, ggfs. auf Änderungen der Sach- und Beweislage zu reagieren, die sich oft überhaupt erst im Laufe eines Verfahrens, dort besonders aus dem Prozessvorbringen des Schuldners, ergeben.3)
Das Wahlrecht erlischt, wenn über den nach einer bestimmten Methode bezifferten Schadensersatzanspruch rechtkräftig entschieden ist oder der Schuldner den Anspruch erfüllt hat.4)
Diese Rechtsprechung geht, soweit es die prozessuale Durchsetzbarkeit des unterschiedlich berechneten Anspruchs betrifft, davon aus, dass es ohnehin um die Durchsetzung eines einheitlichen Begehrens geht, bei dem der Verletzte in erster Linie die der Hauptbegründung seines Begehrens zugrunde liegende Berechnungsart verfolgt, ohne auf die anderen völlig zu verzichten, die gedanklich etwa nach Art von Hilfsbegehren in den Rechtsstreit einbezogen sind.5)
Das impliziert, dass über das Begehren in ein- und demselben Zahlungsrechtsstreit entschieden wird. Dem entsprach, soweit ersichtlich, die bisherige Handhabung in der Praxis.6)
Die Wahlmöglichkeit setzte voraus, dass die Abwicklung seines Ersatzanspruchs aus der Sicht des Berechtigten noch offen ist, was sich schon daran zeigt, dass sie nicht nur nach einer rechtskräftigen Entscheidung, sondern auch dann entfällt, wenn der aufgrund der gewählten Methode ermittelte Schadensersatz geleistet ist.
Auch wenn es dem Verletzten grundsätzlich unbenommen ist, bis zur abschließenden Abwicklung unter den verschiedenen Berechnungsformen die für ihn Günstigste herauszusuchen, müssen die Belange des Verletzers angemessene Berücksichtigung jedenfalls dann finden, wenn eine solche Abwicklung erfolgt ist.7)
In diesem Sinne offen ist die Abwicklung dann nicht mehr, wenn über den Schadensersatzanspruch in einer von dem Verletzten nicht mehr angreifbaren Weise entschieden ist.8)
Dabei mag es dem Verletzten zunächst noch zugute kommen, wenn sein Gegner eine Verurteilung mit Rechtsmitteln angreift und so die Sache seinerseits offenhält.9)
Der Grundsatz, dass der Verletzte sein Wahlrecht so lange ausüben kann, bis darüber rechtskräftig entschieden ist, ist demzufolge dahin eingrenzend zu konkretisieren, dass der Verletzte dieses Wahlrecht dann verliert, wenn über seinen Schadensersatzanspruch bereits für ihn selbst unangreifbar nach einer Berechnungsart entschieden worden ist.10)
Endet die Rechtshängigkeit des Schadensersatzanspruchs jedoch mit der Rücknahme des Rechtsmittels und wird damit ein ergangenes Urteil für alle Seiten unangreifbar, wird mit dieser Entscheidung die abschließende Abwicklung festgelegt, neben der für den Übergang auf andere Berechnungsformen kein Raum mehr ist. Nur so werden im Übrigen die schützenswerten Interessen beider Parteien in angemessenem Umfang berücksichtigt.11)
Nachdem - infolge einer Einigung unter den Beteiligten oder einer das prozessuale Begehren des Verletzten erledigenden und für ihn unangreifbaren gerichtlichen Entscheidung - für den Schuldner eine aus seiner Sicht abschließende Regelung getroffen worden ist, darf und muss er sich in seinem Unternehmen auf die auf ihn zukommende Schadensersatzforderung einstellen; spätestens jetzt hat er zudem wirtschaftlich entsprechend zu disponieren, zumal er dazu handelsrechtlich - durch Bildung von Rückstellungen - verpflichtet ist (§ 249 Abs. 1 HGB).12)
Dies verdient umso mehr dann Berücksichtigung, wenn der Verletzte eine Teilabweisung des nach einer bestimmten Berechnungsart eingeklagten Schadensersatzanspruchs hinnimmt und damit zum Ausdruck bringt, sich mit der zugesprochenen Kompensation des Schadens zufrieden geben zu wollen.13)
Infolge der vom Gesetz vorgesehenen Akzessorietät der Anschlussberufung (§ 522 Abs. 1 ZPO a. F., § 524 Abs. 4 ZPO n. F.) hat es fortan prozessual allein der Verletzer in der Hand, eine Ergebniskorrektur zu bewirken. Erwächst das von ihm zunächst angefochtene Urteil durch Rechtsmittelrücknahme in Rechtskraft, muss es dabei sein Bewenden haben und der nach Abstandsnahme des Verletzten von einem eigenen Rechtsmittel und Rücknahme der Berufung des Verletzers beigelegte Streit darf nicht durch Erhebung einer weiteren Klage wiederaufleben können.14)
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