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Dr. Martin Meggle-Freund

patentrecht:einfluss_des_in_der_beschreibung_genannten_stands_der_technik_auf_die_auslegung

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Einfluß des in der Beschreibung genannten Stands der Technik auf die Auslegung

Zur Patentbeschreibung gehören auch die in der Beschreibung genannten Druckschriften des Standes der Technik, soweit auf sie zur Ergänzung der Patentbeschreibung Bezug genommen wird.1)

Bei der Auslegung eines Patentanspruchs ist zu berücksichtigen, dass sich ein Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen sucht. Wird in der Beschreibung ein bekannter Stand der Technik mit dem Oberbegriff eines Patentanspruchs gleichgesetzt, ist den Merkmalen des kennzeichnenden Teils im Zweifel kein Verständnis beizumessen, demzufolge diese sich in demjenigen Stand der Technik wiederfinden, von dem sie sich gerade unterscheiden sollen.2)

Ein im Rahmen des Prüfungsverfahrens in die Patentbeschreibung aufgenommener Stand der Technik kann den Gegenstand des Patents nicht einschränken, wenn sich der Wortlaut des Hauptanspruchs weiterhin auf diesen aufgenommenen Stand der Technik lesen lässt.3)

Belehrt der Stand der Technik den Fachmann darüber, daß eine Auslegung in dieser oder jener Richtung nicht in Betracht kommt, etwa deshalb, weil die betreffende Vorrichtung nicht ausführbar erscheint, so wird er diese Ausführungsmöglichkeit verwerfen, auch wenn sie nach dem Wortlaut an sich in Betracht käme. Bei solcher Sachlage ist die durch das Patent gekennzeichnete Lehre auf die verbleibende Ausführung beschränkt, die der dem Durchschnittsfachmann bekannt Stand der Technik als ausführbar zuläßt und die der Fachmann allein in Betracht zieht.4)

Der Umstand, dass sich ein Patent von konkret beschriebenem Stand der Technik abgrenzt, kann von Bedeutung für die Auslegung des Patentanspruchs sein. Voraussetzung hierfür ist aber, dass aus der Patentschrift hinreichend deutlich hervorgeht, auf welche konkrete Ausgestaltung sich die Abgrenzung bezieht und durch welches Merkmal sich das Patent von dieser Ausgestaltung abgrenzt.5)

Ausgehend vom Stand der Technik können sich je nach den Umständen verschiedene Möglichkeiten zum weiteren Vorgehen anbieten und dementsprechend das Beschreiten unterschiedlicher Wege naheliegend sein. Dann ist grundsätzlich nicht von Bedeutung, welche der Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht zöge.6)

siehe auch

1)
vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 - X ZR 74/05 - Kettenradanordnung; m.V.a. Entsch. v. 27.10.1998 - X ZR 56/96, Mitt. 1999, 365, 367 - Sammelförderer
2)
BGH, Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17 - Scheinwerferbelüftungssystem
3)
Leitsatz, BPatG 19 W (pat) 312/04
4)
BGH GRUR 1999, S. 909 - „Spannschraube“
5)
BGH, Urteil vom 7. Mai 2024 - X ZR 51/22 - Festhalteanordnung; m.V.a. BGH, Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17, GRUR 2019, 491 Rn. 19 f. - Scheinwerferbelüftungssystem; BGH, Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 44/20, GRUR 2022, 1129 Rn. 45 ff. - Verbundelement; BGH, Urteil vom 27. September 2022 - X ZR 87/20, GRUR 2022, 1731 Rn. 22, 28 - Brenngutkühlung
6)
BGH, Urteil vom 7. Mai 2024 - X ZR 51/22 - Festhalteanordnung; m.V.a. BGH, Urteil vom 11. November 2014 - X ZR 128/09, GRUR 2015, 356 Rn. 31 - Repaglinid; BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - X ZR 5/14, GRUR 2016, 1023 Rn. 36 - Anrufroutingverfahren
patentrecht/einfluss_des_in_der_beschreibung_genannten_stands_der_technik_auf_die_auslegung.txt · Zuletzt geändert: 2024/09/03 06:45 von mfreund