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eu:irrefuehrende_unterlassungen

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Irreführende Unterlassungen

Artikel 7 der Richtlinie 2005/29/EG

(1) Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.

(2) Als irreführende Unterlassung gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche Informationen gemäß Absatz 1 verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder wenn er den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und dies jeweils einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

(3) Werden durch das für die Geschäftspraxis verwendete Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen auferlegt, so werden diese Beschränkungen und alle Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen, bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten wurden, berücksichtigt.

Art. 7 Abs. 1

Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsäch- licher Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte. Im Falle der Aufforderung zum Kauf gelten nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG folgende Informationen als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.1)

Als wesentlich im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG gelten ferner gemäß Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG die im Gemeinschaftsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II der Richtlinie verwiesen wird.2)

Unter kommerzieller Kommunikation in diesem Sinne sind in Anlehnung an Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr alle Formen der Kommunikation zu verstehen, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt.3)

In der Liste des Anhangs II der Richtlinie 2005/29/EG wird auf die Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) verwiesen. Die Preisangabenrichtlinie gilt allerdings nur für Waren (vgl. Köhler, WRP 2013, 723, 725) und ist mithin vorliegend nicht relevant.4)

nformationspflichten für Dienstleistungserbringer regelt die Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Zwar ist diese Richtlinie im Anhang II der Richtlinie 2005/29/EG nicht ausdrücklich genannt. Sie ist jedoch ebenfalls zu beachten, da die Aufzählung im Anhang II - wie Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG ausdrücklich bestimmt - nicht erschöpfend ist (vgl. Köhler, WRP 2013, 723, 724)

Hat der Dienstleistungserbringer den Preis für eine bestimmte Art von Dienstleistung im Vorhinein festgelegt, muss er dem Dienstleistungsempfänger nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/123/EG den Preis der Dienstleistung zur Verfügung stellen. Die Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG eröffnet dem Dienstleistungserbringer hierbei die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten: Er kann den Preis von sich aus mitteilen (Buchst. a) oder dafür sorgen, dass der Preis für den Dienstleistungsempfänger am Ort der Leistungserbringung oder des Vertragsschlusses (Buchst. b) oder elektronisch über eine vom Dienstleistungserbringer angegebene Adresse (Buchst. c) leicht zugänglich ist; ferner reicht es aus, wenn der Preis in allen von den Dienstleistungserbringern den Dienstleistungsempfängern zur Verfügung gestellten Informationsunterlagen über die angebotene Dienstleistung enthalten ist (Buchst. d).5)

Hat der Dienstleistungserbringer den Preis für die Dienstleistung nicht im Vorhinein festgelegt, so muss er den Dienstleistungsempfängern nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2006/123/EG auf Anfrage den Preis der Dienstleistung oder, wenn kein genauer Preis angegeben werden kann, die Vorgehensweise zur Berechnung des Preises mitteilen, die dem Dienstleistungsempfänger die Überprüfung des Preises ermöglicht, oder diesem einen Kostenvoranschlag zur Verfügung stellen.6)

Nach Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123/EG müssen die mitzuteilenden Informationen - mithin auch der Preis - klar und unzweideutig sein und rechtzeitig vor Abschluss des Vertrags oder, wenn kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung bereitgestellt werden.7)

Art. 7 Abs. 4

Die Vorschriften über die Informationspflichten in Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG einerseits und Art. 22 Abs. 1 Buchst. i, Abs. 2 und 3 Buchst. a, Abs. 4 der Richtline 2006/123/EG andererseits sind nebeneinander anwendbar. Zwar bestimmt Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG, dass bei einer Kollision von Bestimmungen der Richtlinie mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, die Letzteren vorgehen und für diese besonderen Aspekte maßgebend sind. Ein solcher Kollisionsfall liegt in Bezug auf die hier in Rede stehenden Informationsanforderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und der Dienstleistungsrichtline jedoch nicht vor (vgl. Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen vom 3. Dezember 2009, Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, SEK (2009) 1666, S. 22; Glöckner in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., Einl. B Rn. 124). Nach Erwägungsgrund 32 der Richtlinie 2006/123/EG steht diese Richtlinie im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Gesetzgebung zum Verbraucherschutz wie etwa der Richtlinie 2005/29/EG. In Übereinstimmung hiermit regelt Art. 22 Abs. 5 Halbsatz 1 der Richtlinie 2006/123/EG, dass die Informationsanforderungen der Dienstleistungsrichtlinie die bereits im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Anforderungen (lediglich) ergänzen. Zudem integriert die Bestimmung des Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG, indem sie die im Gemeinschaftsrecht festgelegten Informationsanforderungen als wesentlich im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG definiert, die Informationsanforderungen der Dienstleistungsrichtlinie in die Richtlinie 2005/29/EG (vgl. Köhler, WRP 2013, 723, 724; ders. in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 1 PAngV Rn. 1d). Die Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG wird danach durch die Bestimmungen der Art. 22 Abs. 1 Buchst. i, Abs. 2 und 3 Buchst. a, Abs. 4 der Richtline 2006/123/EG nicht verdrängt. Entsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zulässigkeit einer Preiswerbung für eine Flugreise - also ein Dienstleistung - an Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG gemessen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rn. 60 ff. = WRP 2012, 189 - Ving Sverige).8)

Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG statt des in der Richtlinie verwendeten Begriffs „Aufforderung zum Kauf“ die Umschreibung gewählt, dass Waren oder Dienstleistungen so angeboten werden, dass ein Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzt wird, das Geschäft abzuschließen.9)

Nach der danach erforderlichen richtlinienkonformen Auslegung des § 5b Abs. 1 UWG reicht es für ein Angebot im Sinne dieser Vorschrift aus, dass eine Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG vorliegt. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das der Fall, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder aber, dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht.10)

Eine geschäftliche Entscheidung umfasst nach Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/EG (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG nF) jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen will; dies schließt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts11) und das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet 12) ein.13)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 11. Juni 2005, S. 22; Berichtigung ABl. L 253 vom 25. September 2009, S. 18) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:14)

Muss die vom Gewerbetreibenden nach Art. 7 Abs. 1 und 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG zu erteilende Information über die Art der Preisberechnung bei einer vom Verbrauch abhängigen Preisgestaltung so beschaffen sein, dass der Verbraucher auf Grundlage der Information selbständig eine Preisberechnung vornehmen kann, wenn er den ihn betreffenden Verbrauch kennt?15)

Art. 7 Abs. 5

Da die Liste des Anhangs II der Richtlinie 2005/29/EG gemäß Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie ausdrücklich nicht erschöpfend ist, steht einer Einstufung der sich aus der Lebensmittelinformationsverordnung ergebenden Informationspflichten als wesentlich nicht entgegen, dass diese Verordnung im Anhang II der Richtlinie nicht genannt ist.16)

Die streitgegenständliche Nährwertdeklaration auf der Verpackung des Produkts der Beklagten stellt kommerzielle Kommunikation im Sinne von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (§ 5a Abs. 4 UWG) dar.17)

Art. 7 Abs. 2: Irreführungsverbot

Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie liegt eine irreführende Unterlassung vor, wenn ein Gewerbetreibender den kommerziellen Zweck einer Geschäftspraxis nicht hinreichend kenntlich macht, dieser Zweck sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und die Geschäftspraxis einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er ansonsten nicht getroffen hätte.18)

siehe auch

Richtlinie 2005/29/EG → Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken
Beschreibt, welche Unterlassungen als irreführend gelten und wie sie das Verhalten von Verbrauchern beeinflussen können.

1) , 2) , 4) , 5) , 6) , 7) , 8)
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14 - Der Zauber des Nordens
3)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-19/15, GRUR 2016, 1090 Rn. 25 f. = WRP 2016, 1466 - Verband Sozialer Wettbewerb; BGH, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 65] - Zufriedenheitsgarantie; Büscher/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 149; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 5a Rn. 5.3; MünchKomm.UWG/Alexander, 3. Aufl.,§ 5a Rn. 311 f.
9)
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2023 - I ZR 65/22; m.V.a. die Begründung zum Regierungsentwurf des Ersten Gesetzes zur Änderung des UWG, BT-Drucks. 16/10145, S. 25
10)
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2023 - I ZR 65/22; m.V.a. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-122/10, GRUR 2011, 930 [juris Rn. 33] = WRP 2012, 189 - Ving Sverige; zu § 5a Abs. 3 UWG aF BGH, Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 231/14, GRUR 2017, 1269 [juris Rn. 16] = WRP 2018, 65 - MeinPaket.de II, mwN
11)
vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-281/12, GRUR 2014, 196 = WRP 2014, 161 [juris Rn. 36] - Trento Sviluppo und Centrale Adriatica
12)
vgl. BGH, GRUR 2017, 1269 [juris Rn. 19] - MeinPaket.de II
13) , 14) , 15)
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2023 - I ZR 65/22
16) , 17)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II
18)
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - I ZR 2/11 - GOOD NEWS
eu/irrefuehrende_unterlassungen.txt · Zuletzt geändert: 2024/09/07 08:58 von mfreund