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Nach ständiger Rechtsprechung können Merkmale, die nicht in den Anmeldungsunterlagen selbst, sondern in einem in Bezug genommenen Dokument genannt sind, in den Patentanspruch aufgenommen werden, wenn sie eindeutig zur angemeldeten Erfindung gehören. Aus einer Mehrzahl in dieser Weise offenbarter Merkmale darf jedoch nicht willkürlich ein einzelnes herausgegriffen werden, vielmehr sind alle zusammengehörenden wesentlichen Strukturmerkmale in den Patentanspruch zu übernehmen.1)
In T 288/84 (ABl. 1986, 128) heißt es: Wenn eine Erfindung eine Weiterbildung eines schon ursprünglich in der Erfindungsbeschreibung zitierten Standes der Technik betrifft, so ist ein im zitierten Dokument breit beschriebenes, in der Erfindung nicht eigens angegebenes Merkmal ausreichend offenbart, wenn dieses in Gestalt einer auch im Referenzdokument genannten Ausführungsform in den Beispielen der Erfindung verwirklicht ist.2)
Eine Erfindung ist auch dann ausreichend offenbart, wenn in der Patentschrift und der ursprünglichen Beschreibung auf ein anderes Dokument Bezug genommen wird und der Fachmann aufgrund dieses Querverweises die zur Ausführung der Erfindung notwendige, in der Beschreibung selbst aber nicht expressis verbis offenbarte Information erhält (T 267/91, T 611/89). In T 920/92 stellte die Kammer fest, dass die Sprache dieses Dokuments (hier: Japanisch) dabei ohne Belang ist.3)
Handelt es sich beim Referenzdokument jedoch etwa um eine kurzlebige Werbeschrift, so ist es angezeigt, dass der Anmelder auf die vorveröffentlichte Information nicht nur verweist, sondern sie ausdrücklich in die Anmeldung aufnimmt (T 211/83; zitiert in T 276/99).4)
In T 737/90 wurde explizit festgestellt, dass ein Verweis auf ein anderes Dokument nur dann berücksichtigt werden kann, wenn das in Bezug genommene Dokument eindeutig bezeichnet und darüber hinaus für den angesprochenen Personenkreis ohne Weiteres zugänglich ist. Dies hängt einzig vom Sachverhalt ab. Im Anschluss an T 737/90 bestätigte die Kammer in der Sache T 429/96, dass ein Dokument, das durch einen Hinweis darauf in eine europäische Patentanmeldung einbezogen wird, spätestens am Veröffentlichungstag und nicht am Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss, wenn es für die Zwecke des Art. 83 EPÜ 1973 berücksichtigt werden soll.5)
Die ausführbare Offenbarung der Erfindung in T 521/10 stützte sich auf den Inhalt von (US-)Patentanmeldungen, die durch Verweis einbezogen waren, die nicht den Erfordernissen gemäß T 737/90 entsprachen. Ein Dokument ist nur dann rechtswirksam einbezogen, wenn i) dem Amt vor dem oder am Anmeldetag eine Abschrift des Dokuments vorlag und ii) das Dokument der Öffentlichkeit spätestens am Tag der Veröffentlichung der Anmeldung gemäß Art. 93 EPÜ zugänglich gemacht wurde. Da keines der beiden Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war und die einzige Veröffentlichung, die daraus hervorging, eine Continuation-in-part-Anmeldung war, die nach dem Tag der Veröffentlichung der betreffenden europäischen Anmeldung veröffentlicht wurde, waren die beiden Dokumente nicht rechtswirksam durch Verweis einbezogen.6)
In T 341/04 war fraglich, ob ein Dokument, auf das in einem anderen Dokument verwiesen wird und das bei dessen Einreichung anhand seines Aktenzeichens eindeutig identifiziert werden kann, aber selbst insofern „fehlt“, als es zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar ist, anhand der in einer Anmeldung aus derselben Patentfamilie enthaltenen Informationen für die Zwecke des Art. 83 EPÜ 1973 „berücksichtigt werden“ kann. Diese Frage wurde von der Kammer bejaht.7)
Artikel 83 EPÜ → Ausführbarkeit der Erfindung
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