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Der Inhalt und Umfang des aus §§ 9, 12 ArbEG (oder § 14 Abs. 3 ArbEG) i. V. m. §§ 242, 259 BGB folgenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs bestimmt sich unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsübung und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen aus dem Zweck der Rechnungslegung.1)
Ein Auskunftsanspruch setzt als Hilfsanspruch voraus, dass ein Vergütungsanspruch dem Grunde nach überhaupt in Betracht kommt. Insoweit muss der Arbeitnehmer darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Vergütungsanspruch besteht.2)
Grundsätzlich muss die Auskunft alle Angaben enthalten, die der Arbeitnehmer benötigt, um seine Erfindervergütung berechnen sowie beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang ihm ein Vergütungsanspruch zusteht.3)
Im allgemeinen wird von einem weiten Umfang auszugehen sein. Alle für die Bemessung seiner Vergütung in Betracht zu ziehenden Tatsachen und Bewertungsfaktoren sind ihm deshalb mitzuteilen; die Kontrolle der mitgeteilten Angaben auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit muss ihm ermöglicht werden.4)
Auch wenn die Angaben zu Herstellungsmengen und -zeiten letztlich nicht unmittelbar in die konkrete Berechnung nach der Methode der Lizenzanalogie einfließen sollten, so benötigt der Kläger diese Angaben jedenfalls, um die Richtigkeit der in der Rechnungslegung mitgeteilten Einzelauskünfte zu überprüfen.5)
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Angaben zu den einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen an die einzelnen konzernangehörigen Abnehmer sowie der Mengen und Preise für die Lieferungen der konzernangehörigen Unternehmen an Dritte zu erteilen, da es sich hierbei um Angaben über Faktoren handelt, die für die Ermittlung einer angemessenen Umsatz- oder Stücklizenz von Bedeutung sind. Dies gilt auch mit Blick auf etwaige Lieferungen der ebenfalls zum A-Konzern gehörenden Schwesterunternehmen der Beklagten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass vernünftige Vertragsparteien eine geschuldete Lizenzgebühr - auch - von der Art und gegebenenfalls dem Umfang der Nutzung der Erfindung durch konzernangehörige Unternehmen abhängig machen.6)
Der Arbeitgeber hat darüber hinaus über ihren Gewinn Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Zwar werden vernünftige Parteien bei Umsatzgeschäften des Lizenznehmers mit dem Gegenstand der Erfindung regelmäßig die als Gegenleistung zu zahlenden Lizenzgebühren typischerweise in Gestalt einer prozentualen Beteiligung an den Umsatzerlösen vereinbaren. Dies ist jedoch nicht allein ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Wert der Erfindung. Vielmehr kann gerade auch der Gewinn, den der Arbeitgeber mit der Verwertung der Erfindung zu erzielen vermag, einen Anhaltspunkt für die zutreffende Bestimmung des Lizenzsatzes geben, da er den kausalen Vorteil widerspiegelt, der von dem Lizenznehmer entgolten wird. An eben diesem geldwerten Vorteil ist der Arbeitnehmer zu beteiligen.7)
Den Arbeitgeber trifft ebenso die Pflicht, Angaben zu den Gestehungs- und Vertriebskosten einschließlich der einzelnen Kostenfaktoren zu machen. Der Kläger hat die Angemessenheit des von der Beklagten genannten Lizenzsatzes in Zweifel gezogen, so dass ihm die Beklagte mittels der titulierten Auskünfte und Rechnungslegung die Möglichkeit eröffnen muss, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erfüllung seines Vergütungsanspruchs jedenfalls stichprobenartig zu überprüfen.8)
Ähnliches gilt hinsichtlich der zu nennenden Namen und Anschriften der Abnehmer. Der Kläger muss die Auskünfte und Rechnungslegung der Beklagten jedenfalls mittels Stichproben kontrollieren können. Dass ihm diese Kontrollmöglichkeit auch im Zusammenhang mit anderen mitgeteilten Angaben eröffnet wird, steht einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten nicht entgegen. Es besteht kein Anlass, die Überprüfungsmöglichkeiten des Klägers nur für einen bestimmten Bereich zuzulassen.9)
Sämtliche Angaben haben aufgeschlüsselt nach Kalender- oder Geschäftsjahren sowie nach den einzelnen Produktions- und Vertriebsstätten des A-Konzerns zu erfolgen. Der Beklagten obliegt es mithin auch, die unter e) bis g) aufgeführten Angaben für die konzernangehörigen Unternehmen, welche die Erfindung nutzen, zu erteilen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Gewinn und die Gestehungskosten der zum Konzern gehörenden Unternehmen insoweit Berücksichtigung bei der Bemessung eines angemessenen Lizenzsatzes finden würden.10)
Eine Grenze findet der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch allerdings in den Kriterien der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit. Der Arbeitnehmererfinder kann von seinem Arbeitgeber nicht unbeschränkt alle Angaben verlangen, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Erfindervergütung nur irgendwie hilfreich und nützlich sind oder sein können, sondern nur solche Angaben, die zur Ermittlung der angemessenen Vergütung unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen erforderlich sind. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber insbesondere Angaben verweigern, die für ihn mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu der dadurch erreichten genaueren Bemessung der dem Arbeitnehmer zustehenden angemessenen Vergütung mehr steht, oder die zu geben ihm wegen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses nicht oder nicht ohne besondere Schutzvorkehrungen zuzumuten ist (BGH GRUR 2002, 801 (803) - Abgestuftes Getriebe; BGH GRUR 1998, 689 (692) - Copolyester II). Dabei besteht zwischen den Kriterien der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit eine Wechselwirkung: Je bedeutsamer die verlangten Angaben für den Vergütungsanspruch sind, desto intensivere Bemühungen um Aufklärung sind dem Arbeitgeber zumutbar; je stärker der Arbeitgeber durch ein Auskunftsverlangen belastet wird, desto sorgfältiger muss geprüft werden, inwieweit die Angaben zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung unumgänglich sind.11)
Ein Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle ist nicht deshalb zu konstatieren, weil der Arbeitgeber bisher nicht vorhandene Kosten- und Gewinnaufstellungen eigens zur Rechnungslegung anzufertigen hätte.12) Derartiges wäre nur bei Vorliegen besonderer Umstände unzumutbar.13)
Die Erklärung des Arbeitgebers, dass weder er noch ein mit ihm verbundenes Unternehmen die Erfindung nach dem Streitpatent benutzt, wobei diese Auskunft ausdrücklich zu Auskunftszwecken abgegeben wird, wird als Negativerklärung oder Null-Auskunft bezeichnet.14)
Eine derartige Negativerklärung ist grundsätzlich geeignet, ein Auskunftsbegehren zu erfüllen. Eine Erfüllungswirkung tritt nur dann nicht ein, wenn die zum Zwecke der Auskunft gegebene Erklärung nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist. Dann gilt die Erklärung als nicht abgegeben.15)
Ob dies der Fall ist, richtete sich nicht nach der Einschätzung des Auskunftsberechtigten, sondern ist nach objektiven Umständen unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung zu beurteilen. Ein bloßer Verdacht, der Auskunftspflichtige unterdrücke bewusst oder unbewusst sein Erinnerungsvermögen, oder die Behauptung, die Auskunft sei falsch, genügen nicht, um eine Erklärung von vornherein als unglaubhaft einzustufen.16)
Der Kläger hat den Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Wege der Stufenklage gem. § 254 ZPO geltend zu machen. Einen Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zeitgleich neben den Auskunftsanspruch zur Entscheidung zustellen ist ausgeschlossen.17)
Eine Verurteilung gem. §§ 259, 260 BGB kann erst erfolgen, wenn die Auskunft wegen derer die eidesstattliche Versicherung abgegeben werden soll, bereits erteilt ist. Erst dann kann sich ein Grund zu der Annahme ergeben, dass bei der Auskunftserteilung nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt wurde. Eine Verdächtigung des Auskunftspflichtigen im voraus ist unzulässig.18)
Soweit der Kläger vorbringt, es sei offensichtlich nur unvollständig Auskunft erteilt worden, führt dies nicht zu einem Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, sondern zunächst nur zu einem Anspruch auf Ergänzung der Auskunft, welcher gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken wäre.19)
Erst im Anschluss daran eröffnet sich die Sanktionsmöglichkeit der eidesstattlichen Versicherung.20)
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