Arzneimittelpreise

Einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel (§ 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG)

Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, zu gewährleisten.1)

Die Vorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bildet die Rechtsgrundlage für eine Rechtsverordnung, mit der Preisspannen für Arzneimittel, die in Apotheken im Wiederverkauf abgegeben werden, festgesetzt werden. Die Arzneimittelpreisverordnung legt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AMPreisV für Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist, die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf fest.2)

Ausgenommen hiervon sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 1 Abs. 4 AMPreisV). Die Vorschrift des § 3 AMPreisV legt fest, wie der Preis bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken zu berechnen ist. Die Arzneimittelpreisverordnung, die auf Grund von § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG erlassen worden ist, gilt nach § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG auch für Arzneimittel, die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.3)

Nach § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG haben pharmazeutische Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 18 AMG für apothekenpflichtige Arzneimittel, für die nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten ist, einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen, wenn für sie durch die gemäß § 78 Abs. 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung Preise und Preisspannen bestimmt sind. Zu diesem Zweck werden im Humanarzneimittelbereich bei Fertigarzneimitteln im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 AMPreisV die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3, 6 und 7 AMPreisV die Preisspannen und Preise der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf festgelegt. Davon ausgenommen sind nach § 1 Abs. 4 AMPreisV die Preisspannen und Preise für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und nach § 1 Abs. 3 Satz 1 AMPreisV die Preisspannen und Preise der Apotheken in den dort aufgeführten Fällen der Arzneimittelabgabe. Danach muss der pharmazeutische Unternehmer einen einheitlichen Abgabepreis nur sicherstellen, wenn das Arzneimittel der Arzneimittelpreisverordnung unterfällt. Das ist bei den individuell für Patienten hergestellten Arzneimittelblistern nicht der Fall. Diese sind nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen.4)

Die in § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG geregelte Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers zur Sicherstellung eines einheitlichen Abgabepreises dient der Gewährleistung einheitlicher Apothekenabgabepreise für preisgebundene Arzneimittel gemäß § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG und besteht nicht, wenn die Preise und Preisspannen der Arzneimittelpreisverordnung nach § 1 Abs. 3 oder 4 AMPreisV nicht eingehalten werden müssen.5)

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat angenommen, die im deutschen Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Abgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel stelle eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar, weil sie sich auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker auswirke als auf im deutschen Hoheitsgebiet ansässige Apotheken und dadurch der Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse.6)

siehe auch

AMG → Arzneimittelgesetz

siehe auch

1) , 2) , 3) , 4)
BGH, Urteil vom 26. April 2018 - I ZR 121/17 - Applikationsarzneimittel
5)
BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 185/13 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister
6)
BGH, Urteil vom 26. April 2018 - I ZR 121/17 - Applikationsarzneimittel; m.V.a. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 - C-148/15, GRUR 2016, 1312 Rn. 26 f. = WRP 2017, 36 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale). Außerdem hat er angenommen, das deutsche Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festsetzt, könne nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden, weil es nicht geeignet sei, die angestrebten Ziele zu erreichen.((BGH, Urteil vom 26. April 2018 - I ZR 121/17 - Applikationsarzneimittel; m.V.a. EuGH, GRUR 2016, 1312 Rn. 46 - Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale