Pflicht des Gerichts zur Förderung der Verfahrensökonomie

§ 139 (1) ZPO

Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen.

Gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat das Gericht dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das Gericht darf jedoch nicht auf neue, im Vortrag der Parteien noch nicht andeutungsweise enthaltene Klagegründe hinweisen.1)

Das gilt für Prozessanträge entsprechend.2)

Dementsprechend wird eine Pflicht des Gerichts, einen neuen Hilfsantrag anzuregen, dann angenommen, wenn das Vorbringen der Partei auf ein bestimmtes Prozessziel deutet, das nach der aktuellen Prozesslage nur auf diese Art und Weise erreichbar ist.3)

Eines gerichtlichen Hinweises nach § 139 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht, wenn die betroffene Partei infolge eines eingehenden, von ihr richtig erfassten Vortrags der gegnerischen Partei zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war.4)

Ebenso wie im Falle eines missverstandenen gerichtlichen Hinweises führt das Missverständnis eines im gegnerischen Parteivortrag enthaltenen Hinweises allerdings dazu, dass es einer Klarstellung durch das Gericht bedarf, um die betroffene Partei in die Lage zu versetzen, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen5). Die Hinweispflicht besteht grundsätzlich gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt.6)

siehe auch

§ 139 ZPO → Materielle Prozessleitung
Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien zu erörtern und darauf hinzuwirken, dass sie sich rechtzeitig und vollständig erklären.

1)
BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZB 70/17; m.V.a. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - I ZR 17/01, NJW-RR 2004, 495, 496 [juris Rn. 22]; Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 22
2)
BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZB 70/17; m.V.a. ; m.V.a. v. Selle in BeckOK, ZPO, Stand 1. Juli 2018, § 139 Rn. 32
3)
BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZB 70/17; m.V.a. ; m.V.a. MünchKomm.ZPO/Fritzsche, 5. Aufl., § 139 Rn. 25
4)
BGH, Beschl. v. 18. Mai 2017 - I ZR 178/16; m.V.a. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581 Rn. 1 f.
5)
vgl. zum missverstandenen gerichtlichen Hinweis BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320
6)
BGH, Beschl. v. 18. Mai 2017 - I ZR 178/16; m.V.a. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1994 - VII ZR 217/93, BGHZ 127, 254, 260; Urteil vom 27. Oktober 1998 - X ZR 116/97, NJW 1999, 418, 421; BGH, NJW 2002, 3317, 3320