Verwertungsverbot

§ 96 (1) UrhG

Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

Der Begriff der Verbreitung aus § 96 Abs. 1 UrhG entspricht demjenigen des § 17 UrhG.1)

Soweit diese Vorschrift zu einer Ausweitung unionsrechtlich vollharmonisierter Verwertungsrechte führte, ist sie richtlinienwidrig und daher unanwendbar.2)

Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG [→ Urheberrechtsrichtlinie] weist dem Vervielfältigungsrecht allein die geschützten Handlungsmodalitäten der unmittelbaren oder mittelbaren, vorübergehenden oder dauerhaften sowie auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise erfolgenden Vervielfältigung zu. Die Handlungsmodalitäten der Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder Veräußerung oder auf sonstige Weise sind nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG allein dem Verbreitungsrecht vorbehalten.3)

Diese klare Grenzziehung darf mit Blick auf die urheberrechtliche Selbständigkeit der Verwertungsrechte nicht unter Hinweis auf Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG [→ Urheberrechtsrichtlinie] unterlaufen werden. Zwar sehen nach dieser Vorschrift die Mitgliedstaaten bei Verletzungen der in der Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe vor und treffen alle notwendigen Maßnahmen, um deren Anwendung sicherzustellen (Satz 1) und müssen die betreffenden Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Satz 2). Der in den Richtlinien 2001/29/EG und 2006/115/EG [→ Vermiet- und Verleih-Richtlinie] vorgesehene Inhalt der Verwertungsrechte determiniert allerdings auch die im Falle ihrer Verletzung zu untersagenden Handlungsmodalitäten. Bei Verletzungen des Vervielfältigungsrechts stehen insbesondere mit den Ansprüchen auf Vernichtung und Rückruf rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke angemessene Sanktionen zur Verfügung, mit denen eine Verbreitung dieser Vervielfältigungsstücke wirksam verhindert werden kann.4)

§ 96 (2) UrhG

Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

siehe auch

verwertungsverbot

1)
vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 2009 - I ZR 148/06
2)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 115/16 - Metall auf Metall IV; m.w.N.
3) , 4)
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 115/16 - Metall auf Metall IV