Recht auf eine Untersuchung eines Computerprogramms

§ 69d (3) UrhG

Der zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks eines Programms Berechtigte kann ohne Zustimmung des Rechtsinhabers das Funktionieren dieses Programms beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms geschieht, zu denen er berechtigt ist.

Nach § 69d Abs. 3 UrhG kann der zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks eines Programms Berechtigte ohne Zustimmung des Rechtsinhabers das Funktionieren dieses Programms beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms geschieht, zu denen er berechtigt ist.

Die Bestimmung des § 69d Abs. 3 UrhG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen und ist daher richtlinienkonform auszulegen.1)

Die Bestimmung des § 69d Abs. 3 UrhG ist allein auf Computerprogramme und nicht auf andere urheberrechtlich geschützte Werke oder Leistungen anwendbar. Die Vervielfältigung eines Computerspiels, das nicht nur aus einem Computerprogramm besteht, sondern auch andere urheberrechtlich geschützte Werke oder Leistungen enthält, ist daher hinsichtlich der Vervielfältigung der anderen Werke oder Leistungen nicht nach § 69d Abs. 3 UrhG zulässig.2)

Von § 69d Abs. 3 UrhG und Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG sind alle Formen der Programmanalyse erfasst, die nicht mit einem Eingriff in den Programmcode - insbesondere im Wege des in § 69e UrhG geregelten Dekompilierens - verbunden sind.3)

Erlaubt ist danach, das Programm ablaufen zu lassen und die Bildschirmausgabe zu beobachten oder zur genauen Ergründung des Funktionierens des Programms die Verarbeitung von Testdaten zu beobachten und auszuwerten.4)

Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG kann die zur Verwendung einer Programmkopie berechtigte Person, ohne die Genehmigung des Rechtsinhabers einholen zu müssen, das Funktionieren dieses Programms beobachten, untersuchen oder testen, um die einem Programmelement zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn sie dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms tut, zu denen sie berechtigt ist.5)

Nach § 69d Abs. 3 UrhG darf der zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms Berechtigte die Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Programms, zu denen er nach dem Lizenzvertrag berechtigt ist, auch dann ohne Zustimmung des Rechtsinhabers vornehmen, um das Funktionieren dieses Programms zu beobachten, zu untersuchen oder zu testen und die einem Programmelement zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn er dabei gewerbliche oder berufliche Zwecke verfolgt und der Lizenzvertrag lediglich eine Nutzung des Programms zu privaten Zwecken gestattet.6)

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 91/250/EWG (jetzt - wortgleich - Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG) dahin ausgelegt, dass das Urheberrecht an einem Computerprogramm nicht verletzt wird, wenn der rechtmäßige Erwerber einer Lizenz keinen Zugang zu dem Quellcode des von der Lizenz erfassten Computerprogramms hat, sondern sich darauf beschränkt, dieses Programm im Rahmen der ihm durch die Lizenz gestatteten Handlungen zu untersuchen, zu beobachten und zu testen, um seine Funktionalität in einem zweiten Programm zu vervielfältigen.7) Das gilt auch dann, wenn er - wie in dem Fall, der dem Gerichtshof vorlag - von der Lizenz umfasste Handlungen zu einem Zweck vornimmt, der über den durch die Lizenz festgelegten Rahmen hinausgeht.8)

siehe auch

§ 69d UrhG → Ausnahmen von den zustimmungsbedürftigen Handlungen

1) , 2) , 5)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I
3)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I; zu § 69d Abs. 3 UrhG vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 69d UrhG Rn. 22; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 69d UrhG Rn. 28; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69d Rn. 22
4)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I; zu § 69d Abs. 3 UrhG vgl. Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69d UrhG Rn. 63
6)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I; Anschluss an EuGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - C-406/10, GRUR 2012, 814 Rn. 61 und 47 = WRP 2012, 802 - SAS Institute/WPL
7)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I; m.V.a. EuGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - C-406/10, GRUR 2012, 814 Rn. 61 = WRP 2012, 802 - SAS Institute/WPL
8)
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 25/15 - World of Warcraft I; m.V.a. EuGH, GRUR 2012, 814 Rn. 61 und 47 - SAS Institute/WPL