Ein rechtswidriger Eingriff in ein durch das Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht [→ Urheberrechtsverletzung] ist nicht nur dann zu verneinen, wenn der Eingreifende über ein dingliches Nutzungsrecht oder eine schuldrechtliche Gestattung verfügt, die einen solchen Eingriff erlauben. Die Rechtswidrigkeit eines solchen Eingriffs kann vielmehr auch aufgrund einer schlichten Einwilligung des Berechtigten ausgeschlossen sein. Diese begründet zwar weder ein dingliches Nutzungsrecht noch einen schuldrechtlichen Anspruch und auch kein sonstiges gegen den Willen des Berechtigten durchsetzbares Recht. Sie führt jedoch ebenso wie das dingliche Nutzungsrecht oder die schuldrechtliche Gestattung dazu, dass ein solcher Eingriff rechtmäßig ist.1)
Eine Einwilligung kann auch stillschweigend erklärt werden.2)
Ob ein Verhalten des Berechtigten als schlichte Einwilligung in den Eingriff in ein durch das Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht anzusehen ist, hängt von dem objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ab.3) Dabei ist maßgeblich, ob es um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, wenn er sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht.4)
Diese Grundsätze stehen mit dem Unionsrecht im Einklang. Gemäß Art. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sehen die Mitgliedstaaten vor, dass der Urheber die Vervielfältigung und die öffentliche Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung seiner Werke nicht nur verbieten, sondern auch erlauben kann. Eine Zustimmung muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch implizit erfolgen.5)
Die eine Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung des Berechtigten in Beeinträchtigungen seiner rechtlich geschützten Position ist nicht auf besondere Fallkonstellationen beschränkt, sondern stellt ein allgemeines Rechtsprinzip dar.6)
Bei der Beurteilung, ob ein Verhalten des Berechtigten aus der Sicht des Erklärungsempfängers als Einwilligung in den Eingriff in ein durch das Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht anzusehen ist, ist vom objektiven Erklärungsinhalt auszugehen, der wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen anhand aller relevanten Umstände des Falls zu ermitteln ist. Dabei ist insbesondere maßgeblich, ob es um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, und ob der Berechtigte dennoch sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht.7)
Dass der Urheber seine Werke aktiv in besonderem Maße dem tatsächlichen Zugriff und Nutzungshandlungen Dritter ausgesetzt hat, kann ein für die Bestimmung des Erklärungswerts des Verhaltens des Berechtigten relevanter Gesichtspunkt sein, ist aber für die Annahme einer rechtfertigenden Einwilligung nicht erforderlich.8)
Inhalt und Reichweite einer Einwilligung sind durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln.9)
Maßgeblich ist danach, wie das Verhalten des Rechtsinhabers aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Position des Empfängers verstanden werden musste.10)
Die Auslegungsregel gemäß § 31 Abs. 5 UrhG [→ Zweckübertragungsregel] gilt nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung für die Einräumung eines Nutzungsrechts. Die schlichte Einwilligung in die Urheberrechtsverletzung unterscheidet sich von der (dinglichen) Übertragung von Nutzungsrechten und der schuldrechtlichen Gestattung gerade dadurch, dass sie zwar als Erlaubnis zur Rechtmäßigkeit der Handlung führt, der Einwilligungsempfänger aber weder ein dingliches Recht noch einen schuldrechtlichen Anspruch oder ein sonstiges gegen den Willen des Rechtsinhabers durchsetzbares Recht erwirbt, und sie daher auch keine auf den Eintritt einer solchen Rechtsfolge gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung erfordert.11)
Maßgeblich sind mithin nicht die für die rechtsgeschäftliche Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten geltenden Maßstäbe, sondern die allgemeinen Grundsätze der rechtfertigenden Einwilligung und die an ihre konkludente Erteilung zu stellenden Anforderungen. Dabei wird im Rahmen der Berücksichtigung aller relevanten Umstände zwar regelmäßig auch der in § 31 Abs. 5 UrhG angesprochene Vertragszweck zu berücksichtigen sein.12)
Eine (konkludente) Einwilligung in einen Eingriff in Urheberrechte setzt zu ihrer Wirksamkeit nicht voraus, dass sie vom Urheber oder mit seiner Zustimmung von einem Nutzungsberechtigten gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Einwilligung als eine (bloß) rechtsgeschäftsähnliche Handlung anzusehen ist, die allerdings im Wesentlichen den für Willenserklärungen geltenden Regeln unterliegt, oder ob man sie als eine Willenserklärung mit Besonderheiten einordnen will.13)
Da eine (konkludente) Einwilligung in einen Eingriff in Urheberrechte - anders als die (dingliche) Übertragung eines Nutzungsrechts, die schuldrechtliche Gestattung oder die Zustimmung des Berechtigten in Bezug auf Handlungen Dritter gemäß § 185 BGB und § 35 UrhG - nicht auf die Begründung eines dinglichen Rechts oder eines schuldrechtlichen Anspruchs oder eines sonstigen gegen den Willen des Rechtsinhabers durchsetzbaren Rechts abzielt, ist es unabhängig von dieser rechtlichen Einordnung jedenfalls nicht erforderlich, dass die Einwilligung an eine bestimmte Person gerichtet ist oder einer solchen sogar im Sinne von § 130 BGB zugeht.14)
Deshalb ist für die Wirksamkeit der Einwilligung grundsätzlich die Zustimmung des (einwilligungsfähigen) Rechtsinhabers zum Eingriff ausreichend. Allerdings genügt für den Ausschluss der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs aus Gründen der Rechtssicherheit die nur innerlich gebliebene Zustimmung des Berechtigten nicht.15)
Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet.16)
Daraus folgt, dass sich nicht allein der unmittelbar oder - über sein Vertriebsunternehmen - mittelbar mit dem Urheber rechtsgeschäftlich verbundene Vertragspartner und die von ihm entsprechend § 35 UrhG oder § 185 BGB ermächtigten Personen auf eine Einwilligung berufen können, sondern auch Dritte, die nicht mit dem Urheber durch eine ununterbrochene Kette von Gestattungen verbunden sind.17)
Maßgeblich ist vielmehr allein, ob ein objektiver Dritter in der Position des Inanspruchgenommenen davon ausgehen konnte, dass der Urheber den in Rede stehenden Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet, was wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen anhand aller relevanten Umstände des Falls zu ermitteln ist. Dabei ist insbesondere maßgeblich, ob es aus Sicht eines objektiven Dritten um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, und ob der Berechtigte dennoch sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich gemacht hat.18)
Vertreibt ein Fotograf eine vom ihm angefertigte Fotografie ohne Einschränkungen und insbesondere ohne einen Rechtevorbehalt oder eine Urheberbezeichnung als Fototapete, liegt eine (schlichte) konkludente Einwilligung in alle Nutzungshandlungen vor, die nach den Umständen üblicherweise zu erwarten sind.19)
Zu den nach den Umständen üblicherweise zu erwartenden Nutzungen einer Fototapete gehören die Vervielfältigung in Form der Fertigung von Fotografien der mit der Fototapete ausgestatteten Räume sowie die öffentliche Zugänglichmachung dieser Fotografien im Internet durch die Nutzungsberechtigten der Räume selbst sowie durch die von ihnen beauftragten Dienstleister wie beispielsweise Ersteller von Internetseiten oder mit dem Verkauf oder der Vermietung der Räume betraute Makler. Die (schlichte) Einwilligung erstreckt sich insoweit nicht nur auf die öffentliche Zugänglichmachung der Fotografien durch den Dienstleister, die unmittelbar der Erfüllung seines Auftrags dient, sondern umfasst die öffentliche Zugänglichmachung auf Internetseiten des Dienstleisters zum Zwecke der Eigenwerbung wie beispielsweise in Hinweisen auf Referenzprojekte.20)
Die Grundsätze der konkludenten Einwilligung und die Schrankenbestimmung des unwesentlichen Beiwerks gemäß § 57 UrhG sind nebeneinander anwendbar.21)
In dem Umstand, dass ein Fotograf auf seiner als Fototapete vertriebenen Fotografie keine Urheberbezeichnung anbringen lässt, ist regelmäßig ein schlüssiger Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht gemäß § 13 Satz 2 UrhG zu sehen.22)
→ Urheberrechtsverletzung
Unbefugte Nutzung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne die Zustimmung des Rechteinhabers.