Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 [→ Bearbeitungen und Umgestaltungen] vor.
§ 23 (1) S. 1 UrhG → Bearbeitungen und Umgestaltungen
→ Schutzbereich der urheberrechtlichen Verwertungsrechts
Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.
§ 24 (2) UrhG → Freie Benutzung von Werken der Musik
→ Freie Benutzung von Laufbildern
→ Karikaturen und Parodien
→ Pastiches
→ Tonträger-Sampling
Das Recht, das Werk öffentlich zugänglich zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a UrhG → Recht der öffentlichen Wiedergabe), erstreckt sich nicht auf freie Benutzungen des Werkes im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG. Die in freier Benutzung eines geschützten Werkes geschaffene Gestaltung ist nach § 24 Abs. 1 UrhG selbständig, also unabhängig vom benutzten Werk.
§ 24 UrhG privilegiert allein eine selbständige Neuschöpfung, die einen ausreichenden künstlerischen Abstand zum benutzten Werk aufweist.2)
Voraussetzung für eine freie Benutzung nach § 24 Abs.1 UrhG ist zunächst ein eigenes Werkschaffen durch die Nutzerin.3)
Für die Frage, ob die Übernahme gestalterischer Elemente eine Vervielfältigung (§ 16 UrhG), eine (unfreie) Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) darstellt, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen.4)
In der Regel liegt diese Voraussetzung vor, wenn das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des älteren Werks einen so großen Abstand hält, dass die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten und die Benutzung des älteren Werks durch das neuere Werk nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.5)
Eine freie Benutzung im Sinne der schutzbereichsbegrenzenden Funktion des § 24 Abs. 1 UrhG aF setzt voraus, dass ein selbständiges Werk geschaffen wurde und das ältere Werk als Grundlage für die Schöpfung des neuen Werks diente.6)
§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG spricht gleichfalls von einem neu geschaffenen Werk und erfordert damit ebenfalls, dass die neue Gestaltung die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk erfüllt.7)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann diese Voraussetzung bei zwei Fallgestaltungen erfüllt sein:
(1) In der Regel ist ein Verblassen im dargestellten Sinne anzunehmen, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.8) Zur Prüfung, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind. Stimmt danach der jeweilige Gesamteindruck überein, handelt es sich bei der neuen Gestaltung um eine Vervielfältigung des älteren Werkes. Es ist dann - soweit erforderlich - weiter zu prüfen, ob die neue Gestaltung gleichwohl so wesentliche Veränderungen aufweist, dass sie nicht als reine Vervielfältigung, sondern als (unfreie) Bearbeitung oder andere Umgestaltung des benutzten Werkes anzusehen ist. Weicht der jeweilige Gesamteindruck voneinander ab, liegt jedenfalls weder eine Vervielfältigung noch eine Bearbeitung, sondern möglicherweise eine freie Benutzung vor. Um eine freie Benutzung handelt es sich, wenn ein selbständiges Werk geschaffen wurde und das ältere Werk als Grundlage für die Schöpfung des neuen Werkes diente.9)
(2) Eine freie Benutzung ist aber nicht nur dann anzunehmen, wenn die aus dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge in dem neuen Werk in einem eher wörtlichen Sinn verblassen und demgemäß in diesem so zurücktreten, dass das ältere in dem neuen Werk nur noch schwach in urheberrechtlich nicht mehr relevanter Weise durchschimmert. Vielmehr kann der für eine freie Benutzung erforderliche Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werks - selbst bei deutlichen Übernahmen gerade in der Formgestaltung - auch dann gegeben sein, wenn das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des älteren Werkes einen so großen inneren Abstand hält, dass es seinem Wesen nach als selbständig anzusehen ist. Auch in einem solchen Fall kann davon gesprochen werden, dass die entlehnten individuellen Züge des älteren Werkes im neueren Werk „verblassen“.10) Auf den inneren Abstand kommt es vor allem bei Fallgestaltungen an, in denen eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem älteren Werk es erfordert, dass dieses und seine Eigenheiten, soweit sie Gegenstand der Auseinandersetzung sind, im neuen Werk erkennbar bleiben. Dabei kann der innere Abstand in einer antithematischen Behandlung zum Ausdruck kommen. Zwingend ist dies jedoch nicht. Ein innerer Abstand kann vielmehr auch auf andere Weise hergestellt werden.11)
Die Benutzungsform der Parodie ist nach der Rechtsprechung des Senats in die zweite Fallgruppe einzuordnen. Bei ihr kommt der innere Abstand regelmäßig in einer antithematischen Behandlung des parodierten Werkes12) oder des durch das benutzte Werk dargestellten Gegenstands (BGHZ 154, 260, 268 - Gies-Adler) zum Ausdruck. Bei ihrer rechtlichen Beurteilung sind jedoch Besonderheiten zu beachten.13)
Zur Prüfung, ob eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind. Stimmt danach der jeweilige Gesamteindruck überein, handelt es sich bei der neuen Gestaltung um eine Vervielfältigung des älteren Werkes. Es ist dann weiter zu prüfen, ob die neue Gestaltung gleichwohl so wesentliche Veränderungen aufweist, dass sie nicht als reine Vervielfältigung, sondern als Bearbeitung oder andere Umgestaltung (§ 23 UrhG) oder als zulässige freie Benutzung des älteren Werkes (§ 24 UrhG) anzusehen ist.14) und der nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässigen Verwertung eines in freier Benutzung geschaffenen Werkes zu ziehen, kommt es maßgeblich auf die Übereinstimmung im Bereich der objektiven Merkmale an, durch die die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmt wird.15)
Es ist deshalb durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend ist dabei ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind.16)
Entscheidend für die Abgrenzung zwischen freier Benutzung nach § 24 UrhG und unfreier Bearbeitung nach § 23 UrhG ist grundsätzlich, ob angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten Werkes verblassen17). Doch hat die Rspr. anerkannt, dass dieses Kriterium nicht durchgängig für die Abgrenzung von unfreier Bearbeitung und freier Nutzung taugt. So ist es etwa bei Parodien ausgeschlossen, dass die Züge des benutzten Werkes hinter denjenigen des neuen Werkes verblassen, weil der Leser der Parodie entnehmen soll, dass das parodierte Werk gemeint ist und dies gerade voraussetzt, dass dessen Züge in der Parodie erkennbar bleiben.18)
Schließlich ist im Rahmen der Abgrenzung von unfreier Bearbeitung und freier Nutzung auch die Wertentscheidung des Art. 5 Abs.1 GG zu berücksichtigen.19) Denn dieses Grundrecht schützt nicht nur die Verbreitung eigener Meinungen, sondern auch die bloße Berichterstattung 20), und zwar auch dann, wenn hiermit kommerzielle Ziele verfolgt werden 21). Danach ist es geboten, die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen – und um eine solche handelt es sich im weiteren Sinn auch bei § 24 UrhG – im Licht der Meinungs- und Pressefreiheit auszulegen22).23)
Der Regelung des § 24 Abs. 1 UrhG liegt die Erwägung zugrunde, dass die Inanspruchnahme fremden Schaffens nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie zu einer Bereicherung des kulturellen Gesamtguts durch eine neue eigenschöpferische Leistung führt.24)
Allein der Umstand, dass ein Eingriff in fremde Rechte - gemessen an dem damit verfolgten Zweck oder der dadurch geschaffenen Leistung - verhältnismäßig geringfügig ist, vermag diesen nicht nach § 24 Abs. 1 UrhG zu rechtfertigen. Nach dem Regelungszweck des § 24 Abs. 1 UrhG ist die Nutzung fremder wirtschaftlicher Leistungen daher ebenso wie die Nutzung fremden schöpferischen Schaffens nur dann ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig, wenn dadurch ein selbständiges Werk entsteht.25)
Bei der Frage, ob in freier Benutzung eines geschützten älteren Werkes ein selbständiges neues Werk geschaffen worden ist, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen. In der Regel ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint.26)
Zur Prüfung, ob eine freie Benutzung oder eine abhängige Bearbeitung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im neuen Werk eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind.27)
Die für eine freie Benutzung nach § 24 UrhG erforderliche Selbständigkeit des neuen Werkes gegenüber dem benutzten Werk setzt voraus, dass das neue Werk einen ausreichenden Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält, was nur dann der Fall ist, wenn angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des älteren Werkes verblassen.28)
Entscheidend ist, ob das neue Werk zu dem aus der Vorlage Entlehnten einen so großen inneren Abstand hält, dass es seinem Wesen nach als selbständig anzusehen ist.29)
Die Privilegierung des § 24 Abs. 1 UrhG reicht nur so weit, wie eine Auseinandersetzung mit der benutzten Vorlage stattfindet. Um zu bestimmen, ob trotz der Übernahmen ein selbständiges Werk entstanden ist, ist der neue Beitrag mit den verwendeten Elementen des alten Beitrags zu vergleichen (BGH GRUR 2000, 703, 704 - Mattscheibe, m.w.N.). Dabei ist der neue Beitrag nur insoweit Gegenstand des Vergleichs, als er mit den übernommenen Elementen des alten Beitrags in einem inneren Zusammenhang steht. Nur in dieser Hinsicht liegt eine Benutzung der Vorlage vor, die unter der Voraussetzung, dass sie zur Schaffung eines selbständigen Werkes geführt hat, nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässig ist.30)
Ein Werk geringerer Eigenart geht eher in dem nachgeschaffenen Werk aufgeht als ein Werk besonderer Eigenprägung.31)
Für die Bestimmung des § 24 Abs. 1 UrhG gibt es keine ausdrückliche Entsprechung im Urheberrecht der Europäischen Union.32)
§ 24 Abs. 1 UrhG zählt nicht zu den in Teil 1 Abschnitt 6 des Urheberrechtsgesetzes (§§ 44a bis 63a UrhG) geregelten Schranken des Urheberrechts. Das im nationalen Urheberrecht seit jeher anerkannte Recht der freien Benutzung (vgl. § 13 LUG und § 16 KUG) bezeichnet vielmehr eine dem Urheberrecht immanente Beschränkung seines Schutzbereichs. Diese Beschränkung beruht auf der Erkenntnis, dass kulturelles Schaffen nicht ohne ein Aufbauen auf früheren Leistungen anderer Urheber denkbar ist33); sie hat den Zweck, Freiraum für eine schöpferische Auseinandersetzung mit bestehenden Werken zu schaffen und damit eine kulturelle Fortentwicklung zu ermöglichen34).35)
Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG sieht keine (allgemeine) Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG für den Fall vor, dass ein selbständiges Werk in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist. Danach ist es nicht mehr zulässig, in einem solchen Fall unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer der in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen vorliegen, anzunehmen, der Schutzbereich eines Verwertungsrechts werde durch § 24 Abs. 1 UrhG in der Weise (immanent) beschränkt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf.36)
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Senats entschieden, dass ein Mitgliedstaat in seinem nationalen Recht keine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG vorsehen darf, die nicht in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehen ist (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 - C-476/17, GRUR 2019, 929 Rn. 56 bis 65 = WRP 2019, 1156 - Pelham u.a.). Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG sieht keine (allgemeine) Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG für den Fall vor, dass ein selbständiges Werk in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist. Danach ist es nicht mehr zulässig, in einem solchen Fall unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer der in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen vorliegen, anzunehmen, der Schutzbereich eines Verwertungsrechts werde durch § 24 Abs. 1 UrhG in der Weise (immanent) beschränkt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf (BGHZ 225, 222 Rn. 36 - Metall auf Metall IV).
Die vorstehend dargelegten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten aber auch unter Berücksichtigung dieser Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union und mit Blick auf die wegen dieser Entscheidung durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Änderungen für Werke im Sinne von § 2 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des Verblassens unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.37)
Die Vorschrift des § 24 UrhG aF ist mit Wirkung vom 7. Juni 2021 aufgehoben worden. Die bislang in § 24 Abs. 1 UrhG aF geregelte Begrenzung des Schutzbereichs des Urheberrechts ist dadurch jedoch nicht weggefallen. Vielmehr ist nunmehr in § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF bestimmt, dass dann keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF vorliegt, wenn das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt. Diese Bestimmung soll nach der Gesetzesbegründung künftig die Funktion des § 24 UrhG aF als Schutzbereichsbegrenzung übernehmen (BT-Drucks. 19/27426, S. 3 und 78).
Für die Beurteilung des hinreichenden Abstands soll maßgeblich sein, inwieweit auch nach der Bearbeitung oder Umgestaltung noch ein Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers des vorbestehenden Werks erkennbar ist. Wie nach der bislang geltenden Rechtslage unter § 24 UrhG aF soll dann von einem hinreichenden Abstand ausgegangen werden können, wenn die aus dem vorbestehenden Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Gesamteindruck nach gegenüber der Eigenart des neuen Werks so stark verblassen, dass das vorbestehende Werk nicht mehr oder nur noch rudimentär zu erkennen ist (BT-Drucks. 19/27426, S. 78). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27426, S. 78) ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach es an einem Eingriff in den urheberrechtlichen Schutzbereich fehlt, wenn lediglich solche Teile eines vorbestehenden Werkes verwendet werden, die für sich genommen nicht die schöpferische Leistung des Urhebers erkennen lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-5/08, GRUR 2009, 1041 Rn. 48 und 51 - Infopaq International), dass auch das Unionsrecht von einer immanenten Begrenzung des Schutzbereichs des Urheberrechts ausgeht.38)
Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eindeutig zu entnehmen, dass sich der Schutzbereich der Verwertungsrechte zwar einerseits auf eine Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen in veränderter Form erstreckt, andererseits aber auf eine Nutzung dieser Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form beschränkt ist. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union etwa entschieden, dass Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG es dem Tonträgerhersteller nicht gestattet, sich dagegen zu wehren, dass ein Dritter ein Audiofragment seines Tonträgers in einen anderen Tonträger in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form einfügt.39)
Für die Verwertungsrechte des Urhebers kann nichts anderes gelten. Maßgeblich für die Abgrenzung einer rechtsverletzenden Vervielfältigung von einer freien Bearbeitung ist, ob die schutzbegründenden schöpferischen Elemente wiedererkennbar bleiben oder verblassen.40)
Da sich die Beschränkung der Verwertungsrechte auf eine Nutzung der Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form aus einer Auslegung der Verwertungsrechte und nicht aus einer Schrankenregelung ergibt, kann in dem Kriterium der fehlenden Wiedererkennbarkeit eine immanente Beschränkung des Schutzbereichs der Verwertungsrechte gesehen werden.41)
Das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgebliche Kriterium des Verblassens ist unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums der fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen.42)
Mit dieser Maßgabe kann im Rahmen der Prüfung einer Schutzbereichsbegrenzung auf die gemäß § 24 Abs. 1 UrhG geltenden Grundsätze auch unter Geltung des § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF zurückgegriffen werden.43)
Allerdings ist bei der Bestimmung des Schutzbereichs der spezifische Schutzgegenstand des in Rede stehenden Schutzrechts in den Blick zu nehmen.
§ 24 (2) UrhG → Freie Benutzung von Werken der Musik
→ Freie Benutzung von Laufbildern