§ 195 BGB → Regelmäßige Verjährungsfrist
§ 199 (1) BGB → Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist
§ 199 (2), (3), (4) BGB → Verjährungshöchstfristen
§ 203 BGB) → Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen
§ 204 (1) Nr. 1 BGB → Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung
§ 852 BGB → Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung
→ Verjährungsbeginn
→ Verjährungseinrede
→ Wissensvertreter
→ Verjährung verhaltener Ansprüche
→ Verzicht auf die Einrede der Verjährung
Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.
Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.
Zwar kann gemäß § 214 Abs. 2 BGB das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (vgl. § 813 Abs. 1 Satz 2 BGB) zurückgefordert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass mit der Zahlung der verjährte Anspruch zum Erlöschen gebracht wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen. Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich. Die Vorschrift des § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar.1)
Nach Treu und Glauben ist es einem Anspruchsteller allerdings verwehrt, sich auf eigene Unkenntnis zu berufen, wenn er sich eines sogenannten Wissensvertreters bedient, den er mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung des in Frage stehenden Anspruchs in eigener Verantwortung betraut hat. In dieser Konstellation muss sich der Anspruchsteller vielmehr das Wissen des Dritten in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.2)
Weil diese Wissenszurechnung auf der Erwägung beruht, dass der Geschäftsherr aus einer geschäftsorganisatorisch bedingten Wissensaufspaltung keine Vorteile ziehen soll, findet zwar eine Zurechnung geschäftlich erlangten Wissens, nicht aber privater Kenntnisse statt, sofern nicht ausnahmsweise der Geschäftsherr aus Gründen des Verkehrsschutzes zur Organisation eines Informationsaustauschs verpflichtet ist, der auch privat erlangtes Wissen umfasst.3)
Gemäß § 852 Satz 1 BGB bleibt der Ersatzpflichtige auch nach Verjährung des Schadensersatzanspruchs zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.4)
Der Verjährung unterliegen gemäß der zentralen Vorschrift des § 1945) BGB Ansprüche, jedoch keine subjektive Rechte (Gestaltungsrechte).
Unter Anspruch ist das Recht zu verstehen, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen.
1. Zentrale Vorschrift des § 195 BGB
§ 1956) BGB bildet die zentrale Vorschrift für die Verjährungsdauer.
Die darin bestimmte regelmäßige Verjährungsfrist gilt für alle Fälle in denen keine besondere Verjährungsfrist bestimmt ist.
2. Sonderregelungen
Als von der regelmäßigen Verjährungsfrist abweichende Verjährungsfristen sind im BGB geregelt:
- § 1967) BGB: 10 Jahre bei Ansprüchen in Verbindung mit einem Grundstück
- § 1978) BGB: 30 Jahre bei : Herausgabeansprüchen aus Eigentum (z.B. bei Diebstahl)
und anderen dinglichen Rechten
familien- und erbrechrechtlichen Ansprüchen
rechtskräftig festgestellten Ansprüchen
Ansprüchen aus vollstreckbaren Vergleichen und Urkunden
durch Feststellung im Insolvenzverfahren vollstreckbar gewordene Ansprüche
ausgenommen sind regelmäßig wiederkehrende (Unterhalts‑) Leistungen regelmäßige Verjährungsfrist.
- § 438 BGB: 30 / 5 / 2 Jahre bei Mängelansprüchen aus Kaufvertrag
- § 548 BGB: 6 Monate bei Ansprüchen aus Mietvertrag
- § 634a BGB: 2 / 5 Jahre bei Mängelansprüchen aus Werkvertrag / Bauwerkvertrag
3. Beginn der Verjährung
a) Fristen, die nicht nach § 195 BGB bestimmt sind:
§ 2009) BGB: Die Verjährungsfristen beginnen mit dem Entstehen der Ansprüche (= Fälligkeit). Dies betrifft alle außer §§ 195, 197 I Nr. 3-5 und 201.
§ 20110) BGB regelt besondere Ansprüche.
b) Fristen des § 195 BGB: Beginn in § 19911) BGB geregelt:
Anknüpfen an Kennen oder Kennenmüssen der anspruchsbegründenden Umstände und der Person des Schuldners:
§ 199 I BGB: Fristbeginn ist der Schluss des Jahres, indem der Anspruch entstanden ist.
Unabhängig von der Kenntnis wird an das tatsächliche Ereignis angeknüpft:
§ 199 IV BGB: andere als Schadensersatzansprüche 10 Jahre ab Entstehung.
§ 199 II BGB: spezielle Schadensersatzansprüchen aus Beeinträchtigung von Leben, Gesundheit oder Freiheit 30 Jahre ab schadensauslösendem Ereignis.
§ 199 III BGB: sonstige Schadensersatzansprüche, hierzu zählt der gewerbliche Rechtschutz:
- 10 Jahre ab Entstehung.
- 30 Jahre ab Ereignis bzw. Handlung.
- es gilt die jeweils früher endende Frist.
Die Absätze 2 und 3 stehen neben dem Absatz 1.
4. Hemmung der Verjährung
§§ 203 - 211 und § 213 BGB.
Definition: § 209 BGB, Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Im Prinzip wird die Uhr angehalten.
5. Neubeginn der Verjährung
§ 212 BGB; die Uhr fängt wieder von vorne an zu laufen.
(Früher wurde der Neubeginn als Unterbrechung der Verjährung bezeichnet).
6. Abweichende Vereinbarungen über die Verjährungsfrist
§ 20212) BGB regelt die Grenzen von vertraglichen Vereinbarungen über die Verjährung.
- eine vertragliche Verkürzung der Verjährung für vorsätzlicher Handlung ist unzulässig,
- eine vertragliche Verlängerung über die Höchstdauer von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn (§ 199 BGB) hinaus ebenso.
Es besteht die Möglichkeit, sowohl den Beginn wie die Frist der Verjährung in diesen Grenzen vertraglich abzuwandeln.
Die Übertragung des Anspruchsgegenstands berührt die Verjährungsfrist nicht (§ 19813) BGB).
7. Übergangsvorschriften
Ist der Anspruch nach altem Recht entstanden (vor 01.01.2002), aber noch nicht verjährt, so gilt Art. 229 § 614) EGBGB:
- Absatz 1: Zeitraum vor dem 01.01.2002: altes Recht anzuwenden.
- Absatz 3: nach altem Recht kürzere Verjährungsfristen gelten weiter.
- Absatz 4: nach neuem Recht kürzere Frist gilt ab 1. Januar 2002.
Faustregel: Es gilt das Günstigkeitsprinzip für den Schuldner, d.h. er kann sich das für ihn günstigste aussuchen.
8. Wirkung der Verjährung
§ 214 I BGB: Der Schuldner kann die Einrede der Verjährung bringen um die Leistung zu verweigern. Der Anspruch besteht weiter, kann jedoch nicht mehr durchgesetzt werden.
Absatz 2: Wird trotz Verjährung geleistet, kann das geleistete nicht mehr zurückgefordert werden, wie es beim Erlöschen des Anspruchs möglich wäre.
Die Bestimmungen der §§ 186 bis 19315) BGB gelten allgemein für die Berechnung von Fristen (§ 186 BGB). § 222 ZPO enthält trotzdem einen speziellen Hinweis auf diese Normen.
§ 187 I BGB: Gesetzliche Fiktion des Fristbeginns um 0000 Uhr am Folgetag des fristauslösenden Ereignisses. Gilt nicht bei Ablauffristen.
§ 188 II BGB: Fristende am letzten Tag um 2400 Uhr.
Die besonderen Regelungen der Verjährung in anderen Gesetzen sind lex specialis zum § 195 BGB.
1. § 1116) UWG n.F.
§ 21 UWG a.F. wird von § 11 UWG n.F. (ab 09.07.2001) ohne Übergangsregelung abgelöst.
a) Anwendungsbereich
§ 11 UWG ist eine in sich abgeschlossene Regelung der Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem UWG. Die Verjährungsfrist beträgt 6 Monate.
b) Verjährungsbeginn
Die Verjährung beginnt
- § 11 I UWG: mit der Entstehung des Anspruchs und bei der Kenntnis oder dem Kennenmüssen der anspruchsbegründenden Umstände sowie der Person des Schuldners.
- § 11 IV UWG: Auffangtatbestand für Nicht-Schadensersatzansprüche ohne Kennenmüssen, 3 Jahre.
- § 11 III UWG: Schadensersatzansprüche ohne Kennenmüssen, 10 Jahre ab entstehen oder 30 Jahre ab auslösender Handlung, je nachdem welche Frist früher abläuft.
Die Absätze 3 und 4 stehen nebeneinander.
Absatz 1 gilt auch für die vorbeugende Unterlassungklage, also bei Vorliegen einer Begehungsgefahr. es gibt hier praktisch keine Verjährung, außer die Begehungsgefaht knüpft sich an ein einziges Ereignis.
ba) Begehung der Handlung
Der Verjährungsbeginn ist nach § 11 I Nr. 1 und 2 UWG nicht mehr auf die Handlung, sondern auf die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände abgestellt.
Bei Dauerhandlungen (Achtung, falls diese auf einer Duldung beruhen, kommt es zur Verwirkung der Ansprüche) beginnt die Verjährungsfrist immer wieder von vorne. Dies betrifft nur auf die Zukunft gerichtete Ansprüche, wie Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, nicht jedoch auf die Vergangenheit gerichtete Ansprüche, wie z.B. den Schadensersatzanspruch.
bb) Kenntnis von der Handlung und von der Person des Verpflichteten
Es ist keine positive Kenntnis erforderlich, denn auch bei missbräuchlicher Nichtkenntnis tritt Verjährungsbeginn ein.
bc) Umfang der Kenntnis
In Unternehmen ist auf die Wissensvertreter abzustellen. Dies sind entweder die Leute, die tatsächlich im Unternehmen für die Wahrnehmung entsprechender Dinge zuständig sind oder die rechtlichen Organe des Unternehmens.
bd) Wissenszurechnung
Eine Wissenszurechnung von Subalternen findet nicht statt.
c) Neubeginn der Verjährung
Im UWG bei
Anerkenntnis nach § 212 I Nr. 1 BGB, oder
Vollstreckungshandlung nach § 212 I Nr. 2 BGB.
Begriff des Anerkenntnisses: Erklärung des Schuldners, dass er den gegen ihn erhobenen Anspruch anerkenne.
d) Hemmung der Verjährung
Hier gelten §§ 203 BGB ff.
2. § 20 MarkenG / § 141 PatG
§ 20 n.F.17) MarkenG und § 14118) PatG sind im wesentlichen wortgleich.
a) altes Recht
Nach der in sich abgeschlossenen Regelung des § 20 MarkenG a.F.19) betrug die Verjährungsfrist 3 Jahre ab Kenntnis der Verletzung und der Person des Schuldners. Unabhängig von der Kenntnis 30 Jahre ab Verletzung.
Nach Verjährung der Schadensersatzansprüche aus der unerlaubten Handlung bestehen noch bereicherungsrechtliche Ansprüche nach § 85220)BGB i.V.m. §§ 812 und 818 BGB.
b) neues Recht
Das neue Recht enthält einen Verweis auf die Verjährungsregelungen des BGB mit einem Rechtsfolgehinweis zu § 852 BGB. Die Verjährungsvorschriften des BGB gelten direkt mit folgenden Unterschieden:
- Beginn der Verjährungsfrist zum Ende des Jahres (§ 199 I BGB)
- auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis
- neue Höchstsfrist von 10 Jahren nach § 199 III Nr. 1
c) Übergangsvorschriften
Es gelten die Übergangsvorschriften nach Art. 229 § 6 EGBGB.
Die Verjährungsvorschriften sind nach dem alten und dem neuen Recht zu berechnen.
Ist die Frist nach altem Recht verjährt, so ist die Verjährungsfrist abgelaufen, auch wenn sie es nach neuem noch nicht ist. Ansonsten siehe oben.
d) Besonderheiten für die Hemmung im Patentrecht
Bei Nichtigkeitsklageerhebung nach § 81 PatG und Lizenzbereitschaftserklärung nach § 23 PatG gibt es keine Hemmung der Verjährungsfrist.
Trotz Vollendung der Verjährungsfrist kann der Eintritt der Verjährung nur berücksichtigt werden, wenn der Schuldner sich hierauf einredeweise beruft.21)
Die Verjährungseinrede gehört zu den Verteidigungsmitteln, deren rechtzeitige Geltendmachung durch § 531 Abs. 2 ZPO sichergestellt werden soll. Hat sich der Schuldner nicht bereits außergerichtlich auf Verjährung berufen, muss dem Umstand, dass bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz Verjährung eingetreten ist, deshalb grundsätzlich durch Erhebung der Einrede in dieser Instanz Rechnung getragen werden22)
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Nach § 203 BGB wird die Verjährung durch schwebende Verhandlungen über den Anspruch und die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt.23)
Unterzieht sich der Unternehmer nach Maßgabe dieser Bestimmung der einverständlichen Prüfung und Beseitigung eines Mangels, so betrifft auch dies nicht bloß die Mangelerscheinung, die die Beteiligten unter Umständen allein im Auge haben, sondern vielmehr den Mangel selbst, d.h. den Fehler des Werks insgesamt, der in den betreffenden Erscheinungen zutage tritt. Das folgt schon daraus, dass Prüfung und Beseitigung als vertragliche Verpflichtungen sich nicht auf die gerade bekannten Erscheinungen beschränken, vielmehr auf den Fehler selbst zu beziehen sind.24)
Dies gilt auch für die neue Verjährungshemmung durch Verhandlungen nach § 203 BGB. Der Begriff „Verhandlungen“ ist weit auszulegen. Er umfasst regelmäßig auch die bisher in § 639 Abs. 2 a.F. BGB geregelten Sachverhalte. Die zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung kann zur Ausfüllung des Begriffs herangezogen werden. Nach § 639 Abs. 2 a.F. BGB ist die Verjährung gehemmt, wenn sich der Unternehmer im Einverständnis mit dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels oder seiner Beseitigung unterzieht. Die Hemmung setzt voraus, dass der Unternehmer bei dem Besteller den Eindruck erweckt, er werde den Mangel prüfen bzw. sich um ihn kümmern, und der Besteller hiermit einverstanden ist. Abgesehen von dem Fall, dass der Unternehmer von vornherein jede Verantwortung für den Mangel ablehnt, treffen die Vertragsparteien durch ihren Meinungsaustausch regelmäßig eine „Überprüfungsvereinbarung“. Sie verhandeln i.S. von § 203 Abs. 1 BGB.25)
→ Verjährung (Verfahrensrecht)