Auslegung der Unterlassungserklärung

Unterlassungsverträge sind nach den auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen [→ Vertragsauslegung] auszulegen.1)

Die unmittelbare Heranziehung der Grundsätze, die für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels gelten, kommen nicht in Betracht.2)

Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck und die Interessenlage der Vertragschließenden heranzuziehen sind.3)

Das schließt es zwar nicht aus, dass die erklärte Unterlassung über die identische Verletzungsform hinaus auch andere, im Kern gleichartige Verletzungsformen erfasst. Die Auslegung des Unterlassungsvertrags kann jedoch auch ergeben, dass dieser bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist.4)

Einer wortlautgetreuen Auslegung steht entgegen, dass der Zweck eines Unterlassungsvertrags erfahrungsgemäß dafür spricht, dass die Vertragsparteien durch ihn regelmäßig auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten.5)

Wird eine abstrakt vorformulierte Erklärung mit Beschränkungen versehen, für die der Schuldner ein berechtigtes Interesse anführen kann und die nicht so unklar sind, dass sie dem Gläubiger die Verfolgung von Zuwiderhandlungen unzumutbar erschweren, begründet dies noch keine Zweifel an der Ernstlichkeit.6)

Umgekehrt ist es dem Schuldner nicht verwehrt, zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr eine über den vom Gläubiger vorformulierten Text hinausgehende Unterlassungserklärung abzugeben, wenn nur seine Erklärung den geltend gemachten Anspruch in vollem Umfange erfasst; eine solche weit gefasste Erklärung kann insbesondere dann in seinem Interesse liegen und daher unbedenklich als ernst gemeint angesehen werden, wenn er sonst Gefahr läuft, wegen kerngleicher Verletzungshandlungen von diesem oder einem anderen Gläubiger mit kostenverursachenden weiteren Abmahnungen überzogen zu werden.7)

siehe auch

Unterlassungserklärung

1) , 3)
BGH, Hinweis-Beschluss vom 10. September 2020 - I ZR 237/19; m.V.a. BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 - I ZR 297/00, GRUR 2003, 899 [juris Rn. 20] = WRP 2003, 1116 - Olympiasiegerin; Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 57 - CT-Paradies
2)
LG Düsseldorf, 4a O 397/06 - Stützvorrichtung für ein Solarpaneel; zum Wettbewerbsrecht vgl. BGH, GRUR 1997, 931, 932 – „Sekundenschnell“
4)
LG Düsseldorf, 4a O 397/06 - Stützvorrichtung für ein Solarpaneel
5)
BGH, Hinweis-Beschluss v. 10. September 2020 - I ZR 237/19; m.V.a. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - I ZR 40/95, GRUR 1997, 931 [juris Rn. 24] - Sekundenschnell, mwN; BGH, GRUR 2003, 899 [juris Rn. 21] - Olympiasiegerin; siehe auch BGH, Beschluss vom 16. November 1995 - I ZR 229/93, GRUR 1997, 379, 380 Rn. 19 = WRP 1996, 284 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II
6)
OLG Köln, Urteil v. 11.11.2010 - 6 W 157/10; m.V. a. Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.125 ff. [1.131]
7)
OLG Köln, Urteil v. 11.11.2010 - 6 W 157/10; m.V.a. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 8 Rn. 16b; ders. GRUR 1996, 696 [699]; zum Ganzen auch Senatsbeschluss vom 10.11.2010 – 6 W 100/10 betreffend eine von demselben Rechtsanwalt im Namen eines anderen Abmahnungsempfängers gegenüber einem anderen Anspruchsteller abgegebene ähnliche Unterlassungserklärung