Die ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung von Nichtangriffsabreden wird regelmäßig darauf beruhen, dass nach dem Willen der Beteiligten konkrete, über den Bestand des Patents als solches hinausgehende Interessen gewahrt werden sollen.
Inwieweit solche vertraglich (konkludent) vereinbarten Nichtangriffsabreden dem Einspruch gegen die Erteilung des Patents generell entgegengehalten werden können oder nicht ist strittig.1)
Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht über den Wortlaut der Norm (§ 242 BGB) hinaus das gesamte Rechtsleben2) und kann prinzipiell jedem Recht sozialethische Grenzen setzen.3)
Es ist deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch die Erhebung des Einspruchs gegen eine Patenterteilung nach Treu und Glauben zu missbilligen sein und deshalb die Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs nach sich ziehen kann. Ob es sich so verhält, bedarf in jedem Einzelfall einer umfassenden Würdigung aller Umstände, die zudem im Lichte des Interesses der Allgemeinheit an der Beseitigung nicht patentwürdiger Schutzrechte zu erfolgen hat und auf die, je nach den Umständen, überdies auch die gesetzgeberische Wertung von Einfluss sein kann, dass vertraglichen Nichtangriffsabreden kartellrechtlich Grenzen gesetzt sind.4)
Während der 6. Senat5) und der 12. Senat6) in älteren Entscheidungen zu dem Ergebnis gekommen waren, dass sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben eine im Einspruchsverfahren zu berücksichtigende Nichtangriffspflicht ergeben kann, hatte der 21. Senat7) im Jahr 2004 entschieden, dass der Einwand der Nichtangriffsverpflichtung im Einspruchsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Dieser Auffassung ist nun der 15. Senat8) in einer aktuellen Entscheidung gefolgt und hat sich ebenfalls auf den Standpunkt gestellt, dass gegen die Zulassung des Einwands der Nichtangriffsabrede im Einspruchsverfahren schon die Rechtsnatur des Einspruchs als Popularrechtsbehelf spricht. Das Einspruchsverfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, die Beteiligten können weder über den Streitstoff noch über das Verfahren frei verfügen (§ 61 Abs. 1 S. 2), denn das Verfahren wird von Amts wegen ohne den Einsprechenden fortgesetzt, wenn der Einspruch zurückgenommen wird.9)