Ein erteilter Patentanspruch hat Rechtsnormcharakter1) und es ist eine Rechtsfrage, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt2).
Die Auslegung ist Rechterkenntnis und demgemäß richterliche Aufgabe.3) Sie ist deshalb von dem angerufenen Gericht eigenständig zu leisten und darf nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen werden.4)
Die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist Rechtserkenntnis und vom Verletzungsgericht, wie von jedem anderen damit befassten Gericht, eigenverantwortlich vorzunehmen.5)
Dies schließt die Möglichkeit ein, dass das Verletzungsgericht zu einem Auslegungsergebnis gelangt, das von demjenigen abweicht, das der Bundesgerichtshof in einem dasselbe Patent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gewonnen hat. Eine solche Divergenz rechtfertigt zwar, wenn sie entscheidungserheblich ist, die Zulassung der Revision6). Sie unterscheidet sich darin aber nicht von anderen Fällen einer von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichenden und deshalb nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Revision rechtfertigenden Beurteilung einer Rechtsfrage durch ein Berufungsgericht. In diesen wie in jenen Fällen hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält oder die besseren Gründe für die Beurteilung des Berufungsgerichts streiten. Eine solche bessere Erkenntnis kann sich im Patentstreitverfahren zudem aus vom Berufungsgericht festgestellten, der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Tatsachen ergeben, die im Nichtigkeitsverfahren nicht festgestellt worden sind, sich aber auf die Auslegung des Patents auswirken7).8)
Es verbietet sich, die Frage, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt, unbeantwortet zu lassen. Denn in der verbindlichen Beantwortung von Rechtsfragen besteht die Aufgabe des angerufenen Gerichts, von der es auch dann nicht entbunden ist, wenn die Rechtsnorm unklar oder deren Auslegung schwierig ist. Gerade im Hinblick auf die Patentauslegung hat der Senat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass hiermit unter anderem etwaige Unklarheiten behoben werden müssen.9) Das duldet nicht, dass der Verletzungsrichter sich darauf zurückzieht, den Erfindungsgegenstand ganz oder teilweise nicht bestimmen zu können. In jedem Fall hat das Verletzungsgericht diejenige Bedeutung der Angaben des auszulegenden Patentanspruchs zu bestimmen, die nach dem sonstigen Inhalt der Patentansprüche unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen als sinnvoll erkannt werden kann. Nur das steht auch in Einklang mit der Erfahrung, dass Fachleute bestrebt sind, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen.10)
Damit darf die Patentverletzungsklage nicht mit der Begründung abgewiesen werden, Angaben des Patentanspruchs seien unklar und ihr Sinngehalt sei unaufklärbar.11)
→ Unklarheit eines erteilten Patentanspruchs
Die Auslegung der Patentansprüche wird freilich, wie jede Auslegung, auf tatsächlicher Grundlage getroffen, zu der neben den objektiven technischen Gegebenheiten auch ein bestimmtes Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen sowie Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und methodische Herangehensweise dieser Fachleute gehören, die das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können.12)
Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage. Deshalb ist die Auslegung vom Revisionsgericht in vollem Umfang nachprüfbar.13) Der Tatrichter darf die richterliche Aufgabe der Auslegung des Patentanspruchs nicht einem gerichtlichen Sachverständigen überlassen.14)