Der Begriff „angemessene Erfolgserwartung“ bezieht sich auf die Beurteilung, ob ein Fachmann zum Prioritätszeitpunkt der Anmeldung einer Erfindung aufgrund des vorhandenen Standes der Technik hinreichend erwarten konnte, dass ein bestimmter Lösungsweg zu dem angestrebten Erfolg führt. Diese Beurteilung ist ein wesentlicher Aspekt bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ, § 4 PatG).
Ob das Beschreiten eines Lösungswegs für den Fachmann naheliegt [§ 4 Satz 1 PatG → Erfinderische Tätigkeit], kann auch von der damit verbundenen Erfolgserwartung abhängen.1)
Die Anforderungen an eine angemessene Erfolgserwartung lassen sich nicht allgemeingültig formulieren. Sie sind jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Fachgebiets, der Größe des Anreizes für den Fachmann, des erforderlichen Aufwands für das Beschreiten und Verfolgen eines bestimmten Ansatzes und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Alternativen sowie ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu bestimmen.2)
Bei der Entwicklung einer Formulierung für einen Humanarzneimittelwirkstoff ist in der Regel nicht maßgeblich, ob der Fachmann erwarten kann, ein für eine klinische Studie geeignetes Ergebnis zu finden. Eine angemessene Erfolgserwartung kann sich vielmehr schon aus der Möglichkeit ergeben, Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Formulierung in einem Tierversuch mit hinreichendem Vorhersagewert für die therapeutische Verwendung beim Menschen zu verifizieren.3)
§ 4 Satz 1 PatG → Erfinderische Tätigkeit