Recht zur Benutzung beschreibender Angaben

§ 23 Nr. 2 MarkenG

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert, ihre geographische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, zu benutzen [→ Recht zur Benutzung beschreibender Angaben], sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

§ 23 MarkenG → Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben Ersatzteilgeschaeft

Nach § 23 Nr. 2 MarkenG hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre geographische Herkunft zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. 1)

Die Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 MarkenRL und des § 23 MarkenG dienen dazu, die Interessen des Markenschutzes und des freien Warenverkehrs sowie der Dienstleistungsfreiheit in der Weise in Einklang zu bringen, dass das Markenrecht seine Rolle als wesentlicher Teil eines unverfälschten Wettbewerbs spielen kann.2)

Es darf deshalb kein zu enger Maßstab an das Vorliegen der Voraussetzungen der Schutzschranke angelegt werden.3)

Die Voraussetzungen des § 23 markenG können erfüllt sein, wenn eine mit der Marke des Herstellers versehene Ware nach ihrem Inverkehrbringen von einem Dritten verändert und die veränderte, allerdings immer noch mit der Marke des Herstellers versehene Ware unter Anbringung der Marke des Dritten angeboten wird und wenn dem Verkehr deutlich wird, dass die ursprüngliche Herstellerbezeichnung ein fremdes Zeichen ist, das lediglich die Ware in ihrem Ursprungszustand kennzeichnet.4)

Diese Grundsätze beruhen auf der Erwägung, dass die herkunftshinweisende Funktion einer Marke dadurch teilweise aufgehoben werden kann, dass unter Beibehaltung der Marke auf der vom Markeninhaber in Verkehr gebrachten Ware ein weiteres Zeichen angebracht und damit deutlich gemacht wird, dass die herkunftshinweisende Wirkung der ursprünglichen Marke beschränkt ist.5)

Wird auf einer umgebauten Ware der ursprünglichen Herstellerbezeichnung die für die umgebaute Ware benutzte eigene Marke gegenübergestellt und auf den Umbau hingewiesen, wird dem Verkehr verdeutlicht, dass die ursprüngliche Herstellerbezeichnung ein fremdes Zeichen ist, das die Ware lediglich in ihrem Ursprungszustand kennzeichnet. Durch die Gegenüberstellung der eigenen Marke als neue Kennzeichnung der veränderten Ware ist es nach der Lebenserfahrung ausgeschlossen, dass der Verkehr die ursprüngliche Herstellermarke als Mittel der Kennzeichnung des nunmehr in Verkehr gebrachten veränderten Erzeugnisses ansieht. Die Erwähnung der ursprünglichen Herstellermarke hält sich in diesem Fall im Rahmen der den Markenschutz ausschließenden Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG.6)

Die Wiedergabe der Herstellermarke beschreibt die ursprüngliche Herkunft des Produkts, das der Dritte verändert hat. Ob eine solche Neutralisierung der Kennzeichnungsfunktion der Marke des ursprünglichen Herstellers zu bejahen ist, hängt davon ab, ob die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Umstände des zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemachten Verhaltens, insbesondere wegen der von dem Dritten auf der von diesem veränderten Ware angebrachten eigenen Kennzeichnung, erkennen, dass die Produkte nur ursprünglich vom Hersteller stammen und unabhängig von dessen Produktverantwortung verändert worden sind.7)

Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn die Bezeichnung des Dritten neben der Marke des Herstellers auf der Ware selbst oder deren Verpackung angebracht ist und es mithin um eine in § 14 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG geregelte Verletzungshandlung geht. Sie sind vielmehr für alle von § 14 Abs. 3 MarkenG erfassten Handlungen und daher auch für das zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemachte Anbieten, Inverkehrbringen und Benutzen in der Werbung anwendbar.8)

Die Vorschrift unterscheidet dabei nicht nach den verschiedenen Möglichkeiten der Verwendung der in § 23 Nr. 2 MarkenG genannten Angaben.9)

Das Eingreifen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ist deshalb nicht ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 MarkenG einschließlich einer Benutzung des angegriffenen Zeichens als Marke, also zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen vorliegen.10)

Im Rahmen des § 23 Nr. 2 MarkenG kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob derjenige, der das fremde Zeichen beschreibend benutzt, auf diese Benutzung angewiesen ist.11)

Insofern unterscheidet sich diese Bestimmung von der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG, bei der die Notwendigkeit der Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware oder Dienstleistung Tatbestandsmerkmal ist. Entscheidend ist vielmehr, ob das angegriffene Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der Dienstleistungen verwendet wird und die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 6 MarkenRL) oder - mit den damit inhaltlich übereinstimmenden Worten des § 23 MarkenG - nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 MarkenG).12)

Der Anwendbarkeit der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG steht nicht entgegen, dass der Beklagte den Begriff „OFFROAD“ kennzeichenmäßig verwendet; auch eine etwaige Gefahr der Verwechslung mit dem geschützten Zeichen schließt die Anwendung des § 23 Nr. 2 MarkenG nicht aus.13)

Eine gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG zulässige Angabe liegt vor, wenn ein Fahrzeug (hier: Porsche) nach seinem Inverkehrbringen von einem Tuning-Unternehmen (hier: TECHART) verändert und das veränderte Fahrzeug von diesem sodann unter der Nennung der Marke des Herstellers und der Bezeichnung des Tuning-Unternehmens zum Kauf angeboten wird (hier: „Porsche … mit TECHART-Umbau“), sofern dem Verkehr durch die Angaben im Kaufangebot deutlich wird, dass mit der ursprünglichen Herstellerbezeichnung lediglich das Fahrzeug in seinem Ursprungszustand gekennzeichnet ist.14)

Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ist zu berücksichtigen, dass den Anbietern von Tuningmaßnahmen im Interesse des freien Waren und Dienstleistungsverkehr grundsätzlich nicht verwehrt werden kann, im Angebot der von ihnen umgebauten Fahrzeuge die Marke des Herstellers des Fahrzeugs zu nennen, das durch die Tuningmaßnahmen verändert worden ist. Dabei muss den Anbietern ein gewisser Spielraum verbleiben, um ihre Leistungen dem Verbraucher gegenüber angemessen zu präsentieren. Es ist weder erforderlich, dass jegliche Änderungen im Detail angegeben werden, noch muss der Anbieter ausdrücklich darauf hinweisen, dass die genannte Marke des Herstellers nur die Herkunft des Ursprungsprodukts bezeichnet und der Hersteller mit den Umbauten nichts zu tun hat.15)

siehe auch

§ 23 MarkenG** → Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben Ersatzteilgeschaeft

1)
BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 30/16 - Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke
2)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. EuGH, GRUR 2004, 234 Rn. 16 - Gerolsteiner Brunnen; EuGH, Urteil vom 17. März 2005 - C-228/03, Slg. 2005, I-2337 = GRUR 2005, 509 Rn. 29 - Gillette; Urteil vom 10. April 2008 - C-102/07, Slg. 2008, I-2439 = GRUR 2008, 503 Rn. 45 - adidas; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6963 = GRUR 2010, 841 Rn. 57 - Portakabin; BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07, GRUR 2009, 1162 Rn. 31 = WRP 2009, 1526 - DAX; Urteil vom 14. April 2011 - I ZR 33/10, GRUR 2011, 1135 Rn. 26 = WRP 2011, 1602 - GROSSE INSEPKTION FÜR ALLE
3)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, GRUR 2011, 1135 Rn. 26 - GROSSE INSEPKTION FÜR ALLE
4)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, Urteil vom 15. Januar 1998 - I ZR 259/95, GRUR 1998, 697, 699 = WRP 1998, 763 - VENUS MULTI; Urteil vom 24. Juni 2004 - I ZR 44/02, GRUR 2005, 162, 163 = WRP 2005, 222 - SodaStream; Urteil vom 14. Dezember 2006 - I ZR 11/04, GRUR 2007, 705 Rn. 23 f. = WRP 2007, 960 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten
5)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, GRUR 2005, 162, 163 - SodaStream; GRUR 2007, 705 Rn. 23 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten
6) , 7)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, GRUR 2007, 705 Rn. 23 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten
8) , 15)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning
9)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; vgl. zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 - C-100/02, Slg. 2004, I-691 = GRUR 2004, 234 Rn. 19 - Gerolsteiner Brunnen
10)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, Urteil vom 15. Januar 2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600, 602 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 209/06, GRUR 2009, 678 Rn. 18 = WRP 2009, 839 - POST/RegioPost; Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 44/07, GRUR 2010, 646 Rn. 23 = WRP 2010, 893 - OFFROAD
11) , 12)
BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07 - DAX; m.w.N.
13)
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 44/07 - OFFROAD; m.V.a. BGHZ 181, 77 Tz. 27 - DAX; BGH, Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 169/05, GRUR 2008, 798 Tz. 17 = WRP 2008, 1202 - POST I). Sie begründete als solche allein auch noch keinen Verstoß gegen die guten Sitten (EuGH, Urt. v. 7.1.2004 - C-100/02, Slg. 2004, I-691 = GRUR 2004, 234 Tz. 25 - Gerolsteiner Brunnen; BGH GRUR 2008, 798 Tz. 22 - POST I, m.w.N.
14)
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 147/13 - Tuning; m.V.a. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - I ZR 11/04, GRUR 2007, 705 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten