Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
§ 14 (1) MarkenG → Rechte des Markeninhabers
§ 14 (2) Nr. 1 MarkenG → Verbot identischer Benutzung
§ 14 (2) Nr. 2 MarkenG → Verbot verwechselbarer Benutzung
→ Bekannte Marken
→ Markenmässige Benutzung
→ Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke
→ Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft
→ Voraussetzung für das Vorliegen einer bekannten Marke
→ Modellspielzeugbau
Von der Ausnutzung der Wertschätzung einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn ein Dritter durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines mit der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist.1)
Die Regelung setzt - ebenso wie die weiteren Verletzungstatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG - die Markenrechtsrichtlinie (Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 2008/95/EG [MarkenRL aF]) um und ist daher richtlinienkonform auszulegen.2)
Zu der Prüfung, ob eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke vorliegt, gehört eine umfassende Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien.3)
Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist bei Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen entsprechend anwendbar.4)
Die rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG erfordert keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. Ausreichend ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen.5)
Die im Wesentlichen dem Tatrichter obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist 6), hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grads ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen.7)
Bei fehlender Zeichenähnlichkeit kommt ein Anspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht in Betracht.8)
Die Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2015/2436 (MarkenRL nF) sieht Bekanntheitsschutz ausdrücklich unabhängig davon vor, ob die Benutzung des Zeichens für identische, ähnliche oder unähnliche Waren oder Dienstleistungen erfolgt.9)
Auf den Bekanntheitsschutz des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG kann man sich auch dann berufen, wenn ein mit der bekannten Marke identisches oder ähnliches Zeichen für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt wird.10)
Eine rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen.11)
Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, die Ähnlichkeiten zwischen den Kollisionszeichen aber so groß sind, dass die angesprochenen Verkehrskreise das angegriffene Zeichen mit der bekannten Marke gedanklich verknüpfen.12)
Die im Wesentlichen dem Tatrichter obliegende Beurteilung der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung gegeben ist13), hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu erfolgen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen.14)
Bei fehlender Zeichenähnlichkeit kommt ein Anspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht in Betracht.15)
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sind im Grundsatz keine anderen Maßstäbe anzuwenden als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.16)
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen [→ Zeichenähnlichkeit] ist grundsätzlich nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können.17)
Scheidet ein auf die Klagemarke 1 gestützter Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG somit mangels Ähnlichkeit mit den kollidierenden Produktgestaltungen aus, kommt selbst bei gesteigerter Kennzeichnungskraft dieser Marke und - unterstellter - überdurchschnittlicher Warenähnlichkeit oder Warenidentität ein Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht.18)
Nach der Rechtsprechung des Gerichts-hofs der Europäischen Union ist zur Benutzung eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL der durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG umgesetzt wird eine Benutzung zur Unterscheidung dieser Waren oder Dienstleistungen erforderlich, während Art. 5 Abs. 5 MarkenRL die Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als zur Unter-scheidung von Waren oder Dienstleistungen betrifft.( (BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot; m.V.a. EuGH, GRUR 2007, 971 Rn. 21 Céline))
Soweit es um den Schutz einer Marke gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen geht und durch die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird, steht es nach Art. 5 Abs. 5 MarkenRL im Belieben der Mitgliedstaaten, einen Schutz der bekannten Marke vorzusehen.19)
Eine Schutzlücke gegen eine Verwendung einer bekannten Marke als Unternehmenskennzeichen kann daher durch eine entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geschlossen werden.20)
Für eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG reicht es aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das Kollisionszei-chen wegen der Ähnlichkeit der Zeichen gedanklich mit der bekannten Marke verknüpfen.21)
Die Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grads ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen.22)
Erforderlich ist eine Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistungen.23)
Tatsachen, aus denen sich die Bekanntheit einer Marke ergibt, können allgemein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu rechnet auch, dass die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt.24)
Wird neben der Marke vom Markeninhaber auch ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen verwendet, kommt der Marke regelmäßig auch die Bekanntheit des Unternehmenskennzeichens zugute und umgekehrt, weil das Publikum in der Erinnerung nicht nach der Art der Kennzeichen differenziert.25)
Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falles, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat.26)
Der Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG setzt zwar weder eine Schutzerstreckung noch eine Benutzung im Inland zwingend voraus. Einer ausländischen Marke kommt Schutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG jedoch nur dann zu, wenn sie im Inland bekannt ist; die alleinige Bekanntheit im Ausland genügt nicht.27)
Der durch die Eigentumsgarantie geschützte Inhaber einer bekannten Marke muss es nicht dulden, dass für ein sein Markenrecht verletzendes Zeichen Registerschutz für identische oder ähnliche Waren begründet wird, auch wenn das Zeichen in humorvoller Weise auf die bekannte Marke anspielt und als Markenparodie in den Schutzbereich der Kunstfreiheit fällt.28)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats ist die Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 MarkenRL, auf der die Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG beruht, dahin auszulegen, dass die erste in der Richtlinienbestimmung aufgestellte Voraussetzung einen bestimmten Bekanntheitsgrad der älteren Marke beim Publikum erfordert, ohne dass ein bestimmter Prozentsatz zu fordern ist.29)
Der erforderliche Bekanntheitsgrad ist als erreicht anzusehen, wenn die ältere Marke einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist. Bei der danach anzustellenden Prüfung der Bekanntheit kann weder nach dem Buchstaben noch nach dem Geist des Art. 5 Abs. 2 MarkenRL verlangt werden, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz des in dieser Weise definierten Publikums bekannt ist. Bei der Prüfung, ob eine Marke bekannt ist, sind alle relevanten Umstände des Falles zu berücksichtigen, also insbesondere der Marktanteil der Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat.30)
Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG [→ Kollission mit einer älteren bekannten Marke].
§ 23 MarkenG [→ Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben Ersatzteilgeschaeft] hat keine eigenständige Bedeutung beim Schutz bekannter Marken. Die Wertungen des § 23 MarkenG kommen im Tatbestand des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG bei der Prüfung zum Tragen, ob die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden31). Liegen die Voraussetzungen des § 23 MarkenG vor, scheidet danach der Vorwurf der Unlauterkeit bei der Benutzung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ähnlichen Zeichens aus. Aus dieser Rechtsprechung folgt jedoch nicht, dass die Benutzung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ähnlichen Zeichens stets in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund erfolgt, wenn die Voraussetzungen des § 23 MarkenG nicht vorliegen. Vielmehr ist die Frage, ob die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke als eingetragene Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, von den wegen einer Markenverletzung angerufenen Gerichten in Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 36] - Adam Opel). Wird diese Frage verneint, wirkt die fehlende Unlauterkeit im Ergebnis wie die in § 23 MarkenG vorgesehenen Schrankenregelungen.32)
§ 14 (1) MarkenG → Rechte des Markeninhabers
Artikel 9 (2) c) UMV → Schutz der bekannten Marke