Verbot von Überraschungsentscheidungen

Das Verbot von Überraschungsentscheidungen ist ein wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Der Grundsatz schützt die Verfahrensbeteiligten davor, dass ein Gericht seine Entscheidung auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte stützt, mit denen die Beteiligten nach dem bisherigen Verfahrensablauf nicht rechnen mussten.

Art. 103 Abs. 1 GG enthält weitergehende Garantien als das bloße Recht, sich zur Sache einlassen zu können. Dazu gehört insbesondere der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung.1)

Ein Gericht verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung als sicher darstellt und damit einem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit weiterer Vorträge oder Erklärungen nimmt.2)

Das Gericht, das von zuvor gegebenen Hinweisen zu Sach- und Rechtslage oder dem weiteren Verfahrensgang abweichen möchte, ist verpflichtet, den Verfahrensbeteiligten erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.3)

Wenn ein gerichtlicher Hinweis gegeben wird, muss dieser hinreichend klar erkennen lassen, dass er nicht allgemein, sondern nur unter besonderen Voraussetzungen gelten soll.4)

siehe auch

Art. 103 (1) GG → Anspruch auf rechtliches Gehör
Verfahrensrechtliche Aspekte des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

1)
BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 - I ZB 93/08; m.V.a. BVerfGE 107, 395, 410; BVerfGK 6, 380, 383
2) , 3)
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 - I ZB 34/12 - S-Bahn; m.V.a. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2003 - I ZB 36/00, GRUR 2003, 901 Rn. 15 = WRP 2003, 1233 - MAZ
4)
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2014 - I ZB 34/12 - S-Bahn; m.V.a. BGH, Beschluss vom 9. September 2010 - I ZB 81/09, GRUR 2011, 654 Rn. 15 f. = WRP 2011, 753 - Yoghurt-Gums