Gemeinschaftsgeschmacksmuster

§ 62 GeschmMG → Weiterleitung der Anmeldung
§ 63 GeschmMG → Gemeinschaftsgeschmacksmusterstreitsachen
§ 64 GeschmMG → Erteilung der Vollstreckungsklausel
§ 65 GeschmMG → Strafbare Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters

Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung

Inkrafttreten:

Wirkung

Die Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet und dient der Harmonisierung der nationalen Geschmacksmusterbestimmungen.

Die Verordnungen sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. In ihnen wird das Gemeinschaftsgeschmacksmuster definiert.

Rechtskraftumfang der Verordnungen:

Im Gegensatz zu nationalen Rechtsnormen sind die Erwägungsgründe einer VO (EG) Bestanteil der Rechtsnorm und nicht nur unverbindliche Darstellung der Motive des Gesetzgebers.

Begriffe

Art. 1 VO (EG) Nr. 6/2002 definiert zwei Arten von Geschmacksmustern:

Das n.e. Geschmacksmuster entsteht mit dem Tag seiner Offenbarung (Art. 11 I VO (EG) Nr. 6/2002), die so beschaffen sein muss, dass das Muster den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftskreises bekannt sein konnte (Art. 11 II VO (EG) Nr. 6/2002).

Der europäische Begriff des Gemeinschaftsgeschmacksmusters entspricht dem Begriff des Geschmacksmusters im deutschen Geschmacksmustergesetz.

Der europäische Begriff des Geschmacksmusters entspricht dem Begriff des Musters im deutschen Geschmacksmustergesetz.

Materielles Recht

Die VO (EG) Nr. 6/2002 begründet ein duales System aus Benutzungsrecht und Registerrecht. Denn ähnlich der Benutzungsmarke oder dem Unternehmenskennzeichen entsteht das n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit der Aufnahme der Benutzung.

Schutzvoraussetzungen

Die Begriffsbestimmungen des Art. 3 VO (EG) Nr. 6/2002 sind sachlich identisch mit § 1 des deutschen Geschmacksmustergesetzes.

⇒ Eine Homepage ist über ihre Erscheinungsform, d.h. die Darstellung auf dem Bildschirm gemeinschaftsgeschmacksmusterfähig. Der Code dazu entzieht sich einem entsprechenden Schutz.

Die Schutzvoraussetzungen des Art. 4 VO (EG) Nr. 6/2002 sind sachlich wie in § 2 GeschmMG definiert. Ein Kriterium der Schöpfungshöhe wird explizit nicht angewandt (Nachweis?).

Wie im deutschen Gesetz gibt es praktisch keinen Unterschied zwischen einer Prüfung auf Neuheit und einer Prüfung auf Eigenart. Erstere prüft en detail, ob die einzelnen Merkmale sich nur unwesentlich unterscheiden, letztere läuft auf eine verschärfte Neuheitsprüfung hinaus, indem auf einen Unterschied im Gesamteindruck abgestellt wird, d.h. ich suche die Gemeinsamkeiten der Muster und wenn etwas übrig bleibt, dann besitzt es Eigenart.

Art. 6 II VO (EG) Nr. 6/2002: Ein enger Gestaltungsspielraum ist wie im deutschen GeschMG kein Ausschlussgrund von der Gemeinschaftsgeschmacksmusterfähigkeit.

Im Ergebnis gibt es keine Qualitätskriterien für die Prüfung der Eigenart.

Ein mosaikartiger Vergleich von Geschmacksmustern bei der Eigenart-Prüfung ist unzulässig. Die Eigenartsprüfung ist nur Muster gegen Muster zulässig nicht gegen eine Kombination von Merkmalen aus verschiedenen Mustern.

Offenbarung, Art. 7 VO (EG) Nr. 6/2002, hat mehrfache Relevanz:

Eine Präsentation des Geschmacksmusters unter dem Mantel der Vertraulichkeit gilt nicht als Offenbarung (Art. 7 I S.2 VO (EG) Nr. 6/2002, Negativabgrenzung).

Rechtsfolgen des n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmusters

Art. 85 II VO (EG) Nr. 6/2002, Vermutung der Rechtsgültigkeit-Einreden. Wenn der Rechtsinhaber im Verletzungsprozess Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 11 VO (EG) Nr. 6/2002 erbringt, haben die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte von der Rechtsgültigkeit des n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmusters auszugehen. Die Rechtsgültigkeit kann vom Beklagten nur im Wege der Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit bestritten werden.

Die Neuheitsschonfrist des Art. 7 II VO (EG) Nr. 6/2002 bezieht sich auf das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Wird das n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmuster nach Ablauf der Neuheitsschonfrist von 12 Monaten eingetragen, so können Zwischenrechte anderer Gestalter entstehen, da keine Rückerstreckung der Priorität des n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmusters möglich ist. Bei nachträglicher Eintragung des n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach Ablauf der Neuheitsschonfrist wird der Anmeldetag der Prioritätstag. Das n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmuster bleibt allerdings bis zum Ablauf seiner Schutzdauer gemäß Art. 11 I VO (EG) Nr. 6/2002 von 3 Jahren auch nach Eintragung bestehen.

Zu obigem Absatz: Ist mit den „Zwischenrechten“ ein Vorbenutzungsrecht nach Art. 22 Abs. 1 gemeint?

Zuständigkeit

Art. 80 I VO (EG) Nr. 6/2002: Die Mitgliedstaaten benennen für ihr Gebiet eine möglichst geringe Anzahl nationaler gerichte erster und zweiter Instanz (Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte), die die ihnen durch diese Verordnung zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.

⇒ In Deutschland sind die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte nach der Konzentrationsverordnung zuständig.

Art. 88 II VO (EG) Nr. 6/2002: Verweis auf die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte in allen Fragen, die nicht durch die VO (EG) Nr. 6/2002 erfasst werden, wie z.B. Lizenzen, Schadensersatz etc..

Fazit

In Verbindung mit einer einstweiligen Verfügung ist das n.e. Gemeinschaftsgeschmacksmuster eine echte Waffe geworden, da es eine klare Handhabung, z.B. für die Grenzbeschlagnahme, gibt.

siehe auch

1)
Hier zählt nicht die Öffentlichkeit der Europäischen Gemeinschaft. Auch wenn das Geschmacksmuster z.B. auf einer Ausstellung in der Schweiz und damit einer Öffentlichkeit außerhalb der EG zugänglich gemacht wird, gilt es als offenbart, falls die Ausstellung geeignet ist, dass das Geschmacksmuster den jeweiligen Fachkreisen in der Gemeinschaft dadurch bekannt sein konnte, weil beispielsweise diese Ausstellung auch für Fachkreise der EG von Interesse ist.