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privatrecht:reiserecht [2022/03/24 07:56] – mfreund | privatrecht:reiserecht [2023/07/25 08:30] – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Reiserecht ====== | ||
+ | -> [[Pauschalreisrecht]] \\ | ||
+ | -> [[Reiseleistung]] \\ | ||
+ | -> [[Luftverkehrsunternehmen]] \\ | ||
+ | -> [[Reiseveranstalter]] \\ | ||
+ | -> [[Reisender]] \\ | ||
+ | -> [[Fluggast]] \\ | ||
+ | -> [[Vereitelung einer Reise durch den Reiseveranstalter]] \\ | ||
+ | -> [[Nachträgliche Leistungsänderung eines Reiseveranstalters]] \\ | ||
+ | -> [[Kündigungsrecht des Reisenden]] \\ | ||
+ | -> [[Fluggastrechteverordnung]] \\ | ||
+ | -> [[Reiseunternehmen]] \\ | ||
+ | -> [[Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Ankunftsverspätung]] \\ | ||
+ | -> [[Ankunftsverspätung]] \\ | ||
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+ | §§ 4 - 11 BGB-InfoV -> [[Informations- und Nachweispflichten von Reiseveranstaltern]] | ||
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+ | §§ 651a ff. BGB -> [[Pauschalreiseverträge]] \\ | ||
+ | § 651c BGB -> [[Verbundene Online-Buchungsverfahren]] \\ | ||
+ | § 651g BGB -> [[Erhebliche Vertragsänderungen bei Pauschalreiseverträgen]] \\ | ||
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+ | Das Pauschalreiserecht enthält umfassende Regelungen über die Folgen von Störungen der erbrachten Leistung. Hierunter fallen, wie insbesondere die Regelung in § 651h Abs. 3 BGB zeigt, auch Störungen, die auf außergewöhnliche, | ||
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+ | ==== § 651c BGB a.F. (Abhilfe) ==== | ||
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+ | Der Reiseveranstalter ist gemäß § 651c Abs. 1 BGB aF verpflichtet, | ||
+ | liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reiseleistungen von derjenigen abweicht, die die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam, auch stillschweigend, | ||
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+ | Beeinträchtigungen aufgrund von Sicherheitsdefiziten in seinem Verantwortungsbereich, | ||
+ | Reisemangel dar.((BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 - X ZR 166/18; m.V.a. BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - X ZR 87/06, NJW 2007, 2549 = RRa 2007, 215 Rn. 20 mwN)) | ||
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+ | Allerdings muss der Reiseveranstalter nicht gegen alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Abwehrmaßnahmen treffen. Er schuldet nur solche Vorkehrungen, | ||
+ | Sicherheitsvorschriften bzw. deren Überprüfung gehören.((BGH, | ||
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+ | ==== § 651g BGB ==== | ||
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+ | Die Auswahl eines bestimmten Hotels beim Abschluss eines Pauschalreisevertrags stellt ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine besondere Vorgabe des Reisenden im Sinne von § 651g Abs. 1 Satz 3 BGB dar.((BGH, Urteil vom 30. August 2022 - X ZR 84/21)) | ||
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+ | ==== § 651h Abs. 3 BGB ==== | ||
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+ | Nach § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB kann der Reiseveranstalter bei einem Rücktritt des Reisenden vor Reiseantritt von diesem keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, | ||
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+ | Unvermeidbar und außergewöhnlich sind Umstände gemäß § 651h Abs. 3 Satz 2 BGB, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, | ||
+ | zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.((BGH, | ||
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+ | Diese Definition wurde aus Art. 3 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2015/2302 (im Folgenden: Pauschalreiserichtlinie oder Richtlinie) übernommen. Erwägungsgrund 31 der Richtlinie nennt als Beispiele für solche Umstände Kriegshandlungen, | ||
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+ | Vor diesem Hintergrund ist die Covid-19-Pandemie als Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB bewertet zu bewerten, der grundsätzlich geeignet ist, die Durchführung der Pauschalreise erheblich zu beinträchtigen.((BGH, | ||
+ | 2021 - 24 S 40/21, BeckRS 2021, 33155; AG München, Urteil vom 27. Oktober 2020 - 159 C 13380/20 Rn. 26, DAR 2021, 35, 36)) | ||
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+ | Die Bewertung der von der Covid-19-Pandemie ausgehenden Gefahr als unvermeidbarer, | ||
+ | erheblich zu beeinträchtigen, | ||
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+ | § 651h Abs. 3 BGB setzt nicht voraus, dass die unvermeidbaren, | ||
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+ | Der Tatbestand des § 651h Abs. 3 BGB ist erfüllt, wenn schon vor Beginn der Reise unvermeidbare, | ||
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+ | Die Beurteilung der Frage, ob die Durchführung der Reise aufgrund von außergewöhnlichen Umständen mit erheblichen und nicht zumutbaren Risiken verbunden ist, bedarf einer Würdigung aller für den Einzelfall relevanten | ||
+ | Umstände und ist aus Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden im Rücktrittszeitpunkt vorzunehmen.((BGH, | ||
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+ | Individuelle Verhältnisse oder Eigenschaften des Reisenden wie das Alter sind jedenfalls dann in die Abwägung einzubeziehen, | ||
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+ | Unvermeidbare, | ||
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+ | Die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB ist aufgrund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie an Art und Dauer der Beeinträchtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen, wobei neben dem Anteil des Mangels in Relation zur gesamten Reiseleistung auch von Bedeutung sein kann, wie gravierend sich der Mangel für den Reisenden auswirkt.((BGH, | ||
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+ | Die Schließung des gebuchten Hotels bedeutet nicht stets eine erhebliche Beeinträchtigung gemäß § 651h Abs. 3 BGB.((BGH, Urteil vom 30. August 2022 - X ZR 84/21)) | ||
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+ | Die Frage, ob die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist, darf nicht allein danach beurteilt werden, ob der Reisende diesen Ort ohne Beeinträchtigungen erreichen kann. Vielmehr kann auch von Bedeutung sein, ob der Reisende davon ausgehen kann, dass die Rückreise nach Ende des Reisezeitraums ebenfalls ohne wesentliche Beeinträchtigungen möglich sein wird.((BGH, Urteil vom 28. Februar 2023 - X ZR 23/22)) | ||
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+ | ==== Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters ==== | ||
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+ | Zur Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters gehört es, sich bei seinem örtlichen Leistungsträger zu erkundigen, ob bei einer Hotelanlage, | ||
+ | Sicherheitsvorschriften eingehalten worden sind.((BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 - X ZR 166/18)) | ||
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+ | Das folgt aus der Pflicht des Reiseveranstalters, | ||
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+ | Der Veranstalter muss jedenfalls bei seinem Leistungsträger nachfragen, ob die baulichen Anlagen von der zuständigen Behörde genehmigt und abgenommen worden sind.((BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 - X ZR 166/18; m.V.a. RRa 2006, 206, 209; siehe auch Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 122/97, NJW 2000, 1188 = RRa 2000, 85, 89)) | ||
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+ | ==== Ansprüche auf Schadensersatz, | ||
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+ | Soweit vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz, | ||
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+ | Der Reiseveranstalter muss sich zudem das (ebenfalls zu vermutende) Verschulden seines örtlichen Leistungsträgers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.((BGH, | ||
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+ | Für die geforderte Rückzahlung des Reisepreises kommt es auf ein Verschulden des Reiseveranstalters ohnehin nicht an.((BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 - X ZR 166/18; m.V.a. § 651d Abs. 1 i.V.m. § 638 Abs. 3 und Abs. 4 BGB aF; siehe auch BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - X ZR 15/11, NJW 2013, 3170 = RRa 2013, 218 Rn. 17)) | ||
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+ | ==== MÜ Art. 33 Abs. 1 ==== | ||
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+ | Bei einem als einheitliche Leistung vereinbarten Hin- und Rückflug ist der für den Gerichtsstand maßgebende Bestimmungsort im Sinne von Art. 33 Abs. 1 MÜ der Abgangsort.((BGH, | ||
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+ | Von der Vereinbarung einer einheitlichen Leistung ist regelmäßig auszugehen, wenn Hin- und Rückflug gleichzeitig gebucht werden, ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird und eine einheitliche Buchungsbestätigung ergeht.((BGH, | ||
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+ | ==== § 651i BGB: Rechte des Reisenden bei Reisemängeln ==== | ||
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+ | Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die für die Angemessenheit einer auf der Grundlage von § 651i Abs. 2 und 3 BGB aF geforderten Entschädigung maßgeblich sind, obliegt dem Reiseveranstalter.((BGH, | ||
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+ | ==== BGB § 651h Abs. 1 und 2 ==== | ||
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+ | Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die für die Angemessenheit einer auf der Grundlage von § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB geforderten Entschädigung maßgeblich sind, obliegt dem Reiseveranstalter.((BGH, | ||
+ | Rn. 13; Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14, RRa 2015, 144 Rn. 31)) | ||
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+ | Einem Reisenden, der vor Reisebeginn vom Vertrag zurückgetreten ist und die Erstattung des bereits gezahlten Reisepreises begehrt, steht gegen den Reiseveranstalter auch aus § 651h Abs. 2 Satz 3 BGB kein einklagbarer Anspruch auf Auskunft über die genannten Umstände zu.((BGH, Urteil vom 18. Januar 2022 - X ZR 109/20)) | ||
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+ | ===== siehe auch ===== |
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