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markenrecht:ausschluss_unverhaeltnismaessiger_auskunftsansprueche

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Ausschluss unverhältnismäßiger Auskunftsansprüche

§ 19 (4) MarkenG

Die Ansprüche nach den Absätzen 1 [→ Auskunftsanspruch] und 2 [→ Auskunftsanspruch gegenüber Dritten] sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

Der Anspruch des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke gegen den Verletzer nach Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2, § 19 Abs. 1 MarkenG auf Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren, der auch den hier in Rede stehenden Vertrieb nicht erschöpfter Originalware erfasst (vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 33 - Parfümtestkäufe), ist gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.1)

Der auch in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet eine Abwägung zwischen dem durch das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und das Recht des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 der Charta) geschützten Interesse der Markeninhaberin an der Erlangung der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg rechtsverletzender Waren einerseits und dem durch das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 der Charta) und das Recht des Eigentums (Art. 17 Abs. 1 der Charta) geschützten Recht der Schuldner als Auskunftspflichtigen an der Wahrung ihrer Berufs- und Geschäftsgeheimnisse andererseits.2)

Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der aus der Markenverletzung folgende Auskunftsanspruch zeitlich nicht durch die von der Gläubigerin nachgewiesene erste Verletzungshandlung begrenzt ist.3)

Bei der Auslegung eines Vollstreckungstitels, der eine Auskunftspflicht tituliert, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser kann es gebieten, die titulierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg markenrechtlich nicht erschöpfter Waren dahin auszulegen, dass sie sich nicht auf Waren erstreckt, bezüglich derer der Auskunftspflichtige auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügt, dass sie ohne Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden sind.4)

Die Interessen der Markeninhaberin sind weniger stark beeinträchtigt, wenn unter der Marke ohne seine Zustimmung keine Produktfälschungen, sondern Originalmarkenwaren vertrieben worden sind.5)

siehe auch

§ 19 MarkenG → Auskunftsanspruch

1) , 4)
BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14
2)
BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14; m.w.N.
3)
BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14; m.V.a. vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 93/04, BGHZ 173, 269 Rn. 24 und 25 - Windsor Estate
5)
BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14; m.V.a. BGHZ 166, 233 Rn. 40 - Parfümtestkäufe; zu den Begriffen Originalmarkenware und Produktfälschung vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 21 - CONVERSE I
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