§ 5a (6) UWG → Nichtkenntlichmachen des kommerzieller Zwecks einer geschäftlichen Handlung
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG → Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen
→ Tap Tags
Eine Influencerin, die Waren und Dienstleistungen anbietet und über ihren Auftritt in sozialen Medien (hier: Instagram) bewirbt, nimmt mit ihren in diesem Auftritt veröffentlichten Beiträgen regelmäßig geschäftliche Handlungen zugunsten ihres eigenen Unternehmens vor.1)
Erhält eine Influencerin für einen werblichen Beitrag in sozialen Medien eine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar.2)
Erhält eine Influencerin für einen in sozialen Medien veröffentlichten Beitrag mit Bezug zu einem Drittunternehmen keine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des Drittunternehmens dar, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt.3)
Ob ein Beitrag einer Influencerin in sozialen Medien einen zur Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen werblichen Überschuss enthält, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der Gestaltungsmerkmale (z.B. gepostete Produktfotos, redaktioneller Kontext, Verlinkung auf Internetseiten von Drittunternehmen) zu beurteilen. Der Umstand, dass die Influencerin Bilder mit „Tap Tags“ versehen hat, um die Hersteller der abgebildeten Waren zu bezeichnen, genügt als solcher nicht, um einen werblichen Überschuss der Instagram-Beiträge anzunehmen. Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhaltet hingegen regelmäßig einen werblichen Überschuss, auch wenn auf der verlinkten Seite des Herstellers der Erwerb von Produkten nicht unmittelbar möglich ist.4)
Der nach § 5a Abs. 6 UWG erforderliche Hinweis auf den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung muss so deutlich erfolgen, dass er aus der Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der zur angesprochenen Gruppe gehört, auf den ersten Blick und zweifelsfrei hervortritt. Der im Textteil eines in sozialen Medien veröffentlichten Beitrags erscheinende Hinweis auf den kommerziellen Zweck reicht regelmäßig nicht aus, um den kommerziellen Zweck eines auf der neben dem Text angeordneten Abbildung erscheinenden „Tap Tags“ als Werbung zu kennzeichnen.5)
Der kommerzielle Zweck eines in sozialen Medien veröffentlichten werblichen Beitrags einer Influencerin zugunsten eines Drittunternehmens ergibt sich nicht im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG unmittelbar aus dem Umstand, dass die Influencerin nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Es reicht nicht aus, dass sich für die Adressaten aus den Umständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.6)
Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines die Verlinkung auf die Internetseite eines Drittunternehmens enthaltenden „Tap Tags“ ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - das Anklicken des Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.7)
Fördert eine Influencerin durch einen Bericht über Waren oder Dienstleistungen in sozialen Medien (hier: Instagram) den Absatz eines fremden Unternehmens, so handelt es sich um kommerzielle Kommunikation im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG und Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV, wenn ihr die Waren oder Dienstleistungen von dem durch den Bericht begünstigten Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.8)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Betrieb eines Instagram-Profils, in dessen Rahmen Beiträge der auch vorliegend beanstandeten Art veröffentlicht werden, objektiv geeignet, das Unternehmen eines Influencers zu fördern, sofern hierdurch die Bekanntheit und der Werbewert des Influencers gesteigert und das Interesse von Drittunternehmen an einer Kooperation mit dem Influencer geweckt werden.9)
Hierbei kann die Veröffentlichung eines Instagram-Beitrags auch dann als Geschäftspraxis und geschäftliche Handlung einzustufen sein, wenn mangels Gegenleistung keine kommerzielle Kommunikation vorliegt, weil der Begriff der kommerziellen Mitteilung im Sinne des Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt, dessen Umsetzung § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dient, weiter ist als derjenige der kommerziellen Kommunikation im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt.10)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei der Prüfung, ob Beiträge von Influencern in sozialen Medien, die sich mit Waren oder Dienstleistungen fremder Unternehmen befassen, geschäftliche Handlungen zugunsten fremder Unternehmen sind, auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für die Einordnung scheinbar redaktioneller Presseartikel als werblich entwickelt worden sind. Danach kann es sich auch dann, wenn für eine scheinbar redaktionelle Veröffentlichung keine Gegenleistung von einem fremden Unternehmen erfolgt ist, um eine geschäftliche Handlung zugunsten dieses Unternehmens handeln, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt. Im Falle der Influencer besteht ein solcher werblicher Überschuss mit Blick darauf, dass die Beiträge auch einem Informationsbedürfnis der Follower dienen, zwar nicht bereits durch das Setzen von „Tap Tags“, die Herstellerinformationen beinhalten, sehr wohl aber regelmäßig durch die in einem „Tap Tag“ vorgesehene Verlinkung auf die Internetseite des Herstellers.11)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks dann nicht erforderlich, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die durch schnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbraucher, die zur angesprochenen Gruppe gehören, den kommerziellen Zweck klar und eindeutig auf den ersten Blick - und nicht erst nach einem analysierenden Studium - erkennen können. Nicht ausreichend ist daher, wenn sich der werbliche Charakter eines Beitrags dem Verbraucher erst erschließt, wenn er ihn bereits zur Kenntnis genommen hat, denn dann ist er der Anlockwirkung bereits erlegen, die das Kennzeichnungsgebot gerade unterbinden soll, und war er der Werbebotschaft unvorbereitet ausgesetzt. Die Kennzeichnung soll dem Verbraucher gerade die Möglichkeit verschaffen, sich auf den kommerziellen Charakter der Handlung einzustellen, damit er sie von vornherein kritisch beurteilen oder sich ihr ganz entziehen kann.12)
Der Annahme, der kommerzielle Zweck einzelner Beiträge, fremde Unternehmen zu fördern, ergebe sich aus den Umständen, kann die häufig anzutreffende Vermischung nicht-werblicher und werblicher Beiträge entgegenstehen. Bei einer solchen Vermischung der Beiträge ergibt sich dieser kommerzielle Zweck nicht bereits aus einer etwaigen Verifizierung des Profils (also der Kennzeichnung als „echtes Profil“ des namentlich benannten Inhabers, die nur bei Personen mit einer bestimmten öffentlichen Bekanntheit bzw. ab einer gewissen Anzahl an Followern erfolgt), einer besonders hohen Anzahl der Follower oder aus einer generellen Bekanntheit des Influencers.13) Hinsichtlich der Erkennbarkeit der eigennützigen Tätigkeit des Influencers kann diesen Umständen hingegen durchaus Bedeutung zukommen.14)
„Unternehmer“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG ist jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen einer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt.15)
Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus.16)
Für Influencer gilt nichts anderes, so dass auch sie ein Unternehmen betreiben, sofern sie selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben17) oder das eigene Image vermarkten und durch Werbeeinnahmen kommerzialisieren18).19)
Durch die Steigerung ihres Werbewerts fördern Influencer ihr eigenes Unternehmen.20)
Die Entscheidung des Verbrauchers, sich näher mit dem Instagram-Beitrag mit Bezug zu den genannten Drittunternehmen zu befassen und sich durch einen ersten Klick (auf die Abbildung des Produkts) den „Tap Tag“ anzeigen zu lassen, stellt noch keine geschäftliche Entscheidung dar. Hingegen stellt der zweite Klick (auf den „Tap Tag“), mit dem sich der Verbraucher das InstagramProfil des verlinkten Unternehmens anzeigen lässt, eine geschäftliche Entscheidung dar. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Verlinkungen nicht unmittelbar auf die Produktangebote dieser Unternehmen gesetzt wurden. Es reicht aus, dass der Verbraucher sich über das Instagram-Profil des Unternehmens näher mit dem jeweiligen Unternehmen und seinen Produkten auseinandersetzen konnte, insbesondere da dort ein weiterführender Link auf dessen Internetseite vorgehalten wurde.21)
Ein Unternehmer, der private Äußerungen nutzt, um den Wettbewerb seines Unternehmens zu fördern, gibt diesen eine geschäftliche Wendung.22).
Das ist bei unternehmerisch tätigen Influencern hinsichtlich ihrer scheinbar privaten Beiträge der Fall.23)
Dass die Förderung des eigenen Images charakteristisch für Influencer ist und das Streben nach einer Reichweitensteigerung den Gegebenheiten der sozialen Netzwerke und dem Wunsch nach Aufmerksamkeit inhärent ist, kann an dem damit unweigerlich verbundenen Charakter als geschäftliche Handlung nichts ändern.24)
Erhält ein Influencer für einen werblichen Beitrag eine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung ohne Weiteres eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar.25) Es gilt insofern nichts anderes als bezüglich des entgeltlichen Anzeigengeschäfts der Presse.26) Der Erhalt einer Gegenleistung ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens.27)
Die sozialen Medien im Allgemeinen und die Beiträge von Influencern im Besonderen haben gegenüber einem nicht unwesentlichen, insbesondere jüngeren Teil der Allgemeinheit eine Informations- und Unterhaltungsfunktion, die neben die der klassischen Medien getreten ist. Die Beiträge von Influencern können insbesondere mit denen klassischer Modezeitschriften oder anderer Special-Interest-Medien vergleichbar sein.28)
Bei der Beurteilung der Beiträge von Influencern in sozialen Medien kann auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für die Einordnung scheinbar redaktioneller Presseartikel als werblich entwickelt worden sind.29)
Auch wenn ein klassisches Medienunternehmen für eine scheinbar redaktionelle Veröffentlichung keine Gegenleistung von einem fremden Unternehmen erhält, kann es sich dennoch um eine geschäftliche Handlung zugunsten dieses Unternehmens handeln, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt.30)
Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhaltet regelmäßig einen werblichen Überschuss.31)
Die Annahme eines werblichen Überschusses ist regelmäßig nicht nur dann gerechtfertigt, wenn auf eine Internetseite verwiesen wird, über die das abgebildete Produkt erworben werden kann, sondern bereits bei Verweis auf eine Internetseite, die den Erwerb nicht unmittelbar ermöglicht. In beiden Fällen kann eine hinreichende Förderung des Absatzes des Drittunternehmens darin liegen, dass der Zugang des Verbrauchers zu den Produkten des Drittunternehmens erleichtert und beschleunigt wird.32)
Ob es sich bei Beiträgen von Influencern in sozialen Medien nach diesen Maßstäben um geschäftliche Handlungen zugunsten der fremden Unternehmen handelt, bedarf einer umfassenden tatgerichtlichen Würdigung. Dabei ist maßgeblich, ob der Betrachter nach den gesamten Umständen des Einzelfalls aufgrund des Zusammenwirkens eines geposteten Produktfotos, eines etwaigen redaktionellen Kontexts und der Verlinkung auf kommerzielle Interessen des Influencers schließen kann.33)
Nach § 5a Abs. 6 UWG [→ Nichtkenntlichmachen des kommerzieller Zwecks einer geschäftlichen Handlung] handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Mit der Vorschrift soll das medienrechtliche Verbot der Schleichwerbung auf alle Formen der Werbung ausgedehnt werden.34)
Influencer, die ein eigenständiges Profil auf der Social-Media-Plattform Instagram, einem Telemedium im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG, betreiben, sind Diensteanbieter im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG.35)
§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG → Unternehmer