§ 5 (1) S. 2 Nr. 3 UWG → Irreführende Angaben über den Unternehmer
Sowohl § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG 2004 wie auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG nennen als Beispiele für Irreführung insbesondere irreführende Angaben über Eigenschaften oder Befähigung des Unternehmers.
Nimmt ein Wettbewerber den anderen wegen der Behauptung einer Spitzenstellung gerichtlich in Anspruch, trifft den Beklagten zwar grundsätzlich eine prozessuale Aufklärungspflicht hinsichtlich der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Alleinstellungsbehauptung.1)
Dies gilt aber nicht, wenn der Kläger ausnahmsweise selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, um die Richtigkeit der beanstandeten Behauptung beurteilen zu können.2)
auch BGH GRUR 1981/910 - 'der größte Biermarkt der Welt'
Bei dem Verständnis des für die Spitzenstellung maßgeblichen Vergleichsmarkts zieht der durchschnittlich verständige Verkehrsteilnehmer erfahrungsgemäß die übrigen Marktteilnehmer nur insoweit in Betracht, als sie ihm in tatsächlicher Hinsicht mit dem die Spitzenstellung beanspruchenden Marktteilnehmer vergleichbar erscheinen.3)
Der Superlativ ist eine typische Ausdrucksform für die Alleinstellung: z.B. „die meistgelesene Zeitung“, „Die größte Wohnwelt“, „größtes Versandhaus“. Häufig besagt der Superlativ jedoch nur, dass das angepriesen Erzeugnis ein Spitzenerzeugnis ist, womit das Vorhandensein gleichwertiger Erzeugnisse eingeräumt wird.
Der Komperativ bringt seltener eine Alleinstellung zum Ausdruck. er dient vielmehr schon seinem Wesen nach dem Vergleich mit anderen Erzeugnissen, kann aber je nach Lage des Falles, insbesondere Bei Übertreibung, auch den Anspruch auf eine Alleinstellung ausdrücken. z.B. „verleiht längere Lebensdauer…“
Der negative Komperativ besagt seinem Wortlaut nach, dass die angepriesen Ware zur Spitzengruppe gehört, das Vorhandensein gleichwertiger Erzeugnisse wird nicht verneint. Mit dem negativen Komperativ kann im Einzelfall auch eine Alleinstellung zum Ausdruck gebracht werden, insbesondere dann, wenn sie übersteigert ist: z.B „es gibt nichts Besseres“.
Zuweilen kann sogar der bestimmte Artikel ausreichen, eine Alleinstellung zum Ausdruck zu bringen, jedoch müssen schon besondere Umstände vorliegen, um aus seiner verwendung auf eine Alleinstellung zu schließen. Der Eindruck einer Alleinstellung kann durch die Verwendung des bestimmten Artikels in Verbindung mit einem Eigenschaftswort empfehlenden Charakters hervorgerufen werden, wenn die Anpreisung vom Verkehr ernst genommen wird. Ein eindeutiger Fall von Alleinstellung wird bei der Verbindung des bestimmten Artikels mit einem Eigenschaftswort angenommen, dass das Singuläre des Produkts unterstreicht.
Mit der Behauptung einer Spitzenstellung verbindet der Verkehr regelmäßig die Erwartung, dass der Anbieter in der Lage ist, nach den maßgeblichen Kriterien von Qualität, Service und Preis für den Käufer besonders attraktive Produkte anzubieten. Dass das Unternehmen eine in der Werbung herausgestellte Spitzenstellung nicht (allein) durch eigene Leistung bei der Entwicklung oder dem Vertrieb eines besonders wettbewerbsfähigen Produkts, sondern unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen eines Wettbewerbers erreicht hat, stellt der Verkehr erfahrungsgemäß nicht in Rechnung.4)
Eine reklamehafte Übertreibung ist zulässig (OLG Karlsruhe WRP 1997/865 'ich bin doch nicht blöd').
Nicht zulässig, wenn der Vorsprung in Umfang und Dauer nicht ausgezeichnet ist. Beispiel: Werbung einer Spielzeug-Rennbahn mit den 'meisten Ausbaumöglichkeiten', das zahlenmäßig zutraf, wobei aber wesentliche Ausbauvarianten der Konkurrenzprodukte fehlten (BGH GRUR 1991/850 'Spielzeug-Autorennbahn').
Eine Spitzens- oder Alleinstellungsbehauptung ist grundsätzlich zulässig, wenn sie wahr ist. Entscheidend für die Anweendung des § 5 ist die Frage, ob das was in einer Werbeaussage nach Auffassung des Umworbenen behauptet wird, sachlich richtig ist. Für eine Alleinstellung genügt demnach micht, dass der Werbende nur einen geringfügigen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern hat. Vielmehr erwartet der Verbraucher eine nach Umfang und Dauer wirtschaftlich erhebliche Sonderstellung. der Werbende muss einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern haben, und dieser Vorsprung muss eine gewisse Stetigkeit in Aussicht haben. 5)
An der erforderlichen Stetigkeit fehlt es, wenn sich ein Spitzenstellungsbehauptung hinsichtlich von Eigenschaften eines Erzeugnisses jederzeit von Konkurrenzerzeugnissen erreicht oder übertroffen werden können.
Ausnahmen ergeben sich, wenn der Verkehr eine Alleinstellungsbehauptung als nichts sagend oder als eine objektiv nicht nachprüfbare Aussage auffasst. Diese fallen nicht unter das Irreführungsverbot. Eben so aus dem Verbot fallen Werbeaussagen, die der Verkehr als nicht ernst gemeinte Übertreibungen ohne jeden sachlichen Hintergrund erkennt.
Schutzrechtswerbung: Vorgabe eines existierenden Schutzrechtes das sich nur auf unwesentliche Einzelteile des Gegenstands erstreckt (BGH GRUR 1957/DRP), keinen Schutz begründet (§ 13 I GebrMG; OLG Düsseldorf GRUR 1978/437 'Im Inland geschützt') oder das keine Wirkung in der BRD entfaltet (BGH GRUR 1984/741 'Patented'). Zur Werbung mit Patenten: BGH GRUR 1985/520 'Konterhauben-Schrumpfsystem'.
Bewirbt der Anbieter ein neues Produkt unter Hinweis auf die in der Vergangenheit mit einem anderen Produkt erworbene Marktführerschaft, ist das Verschweigen dieses Umstands deshalb im Regelfall geeignet, eine unrichtige Vorstellung über die Leistungsfähigkeit des Anbieters hervorzurufen und damit die Entschließung des Publikums über den Erwerb des beworbenen Nachfolgeprodukts im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG in unlauterer Weise zu beeinflussen.6)
Eine Allein- oder Spitzenstellungswerbung kann sich entweder auf das Produkt oder auf das Unternehmen beziehen. Wird eine Werbung von einem erheblichen Teil des Publikums dahin verstanden, dass der Werbende allgemein oder in bestimmter Hinsicht für sich allein eine Spitzenstellung auf dem Markt in Anspruch nimmt, so liegt ein Alleinstellung vor. Um eine Alleinstellung handelt es sich nicht nur, wenn der Werbende behauptet, dass er „allein stehe“, sondern auch, wenn er zum Ausdruck bringt, er übertreffe seine Mitbewerber. Es entscheidet dabei weniger die sprachliche oder grammatikalische Form als die Wirkung, die eine bestimmte Werbeaussage nach ihrem Sinngehalt aus die angesprochenen Verkehrskreise ausübt.
Eine für die breite Öffentlichkeit bestimmt Werbung, die nach ihrem Wortsinn eine Alleinstellung bekundet, wird gewöhnlich auch von einem erheblichen Teil der angesprochene Verkehrskreise entsprechend diesem Wortsinn verstanden 7)
Nimmt der Werbende nicht für sich allein, sondern mit anderen Erzeugnissen oder Leistungen eine Spitzenstellung in Anspruch, so handelt es sich nicht um eine Alleinstellungs- sondern um eine Spitzengruppenwerbung. Entscheidend ist allerdings nie die sprachliche oder grammatikalische Form, sondern der Sinngehalt einer Angabe. 8)
§ 5 (1) UWG → Irreführende geschäftliche Handlungen