Betrifft die Tatsachen, die von der Rechtskraftwirkung erfasst werden. Hier gilt der Grundsatz, dass alle Tatsachen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, von der Wirkung der materiellen Rechtskraft erfasst werden. Dies ergibt sich aus § 767 II ZPO, wonach die Vollstreckungsabwehrklage nur insoweit zulässig ist, als die Gründe, auf denen sie beruht, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind. In § 767 II ZPO bezeichnet „Anspruch“ den prozessualen Anspruch, d.h. den Streitgegenstand. Der Schluss der mündlichen Verhandlung stellt also eine zeitliche Zäsur.
1. Grundsatz
Grundsätzlich dürfen Tatsachen, die zum Streitgegenstand gehören und der rechtskräftigen Feststellung widersprechen, in einem späteren Prozess nicht mehr verwendet werden.
2. Ausnahmen
Tatsachen, die nach der mündlichen Verhandlung entstanden sind, werden von der Rechtskraftwirkung nicht erfasst und dürfen somit verwendet werden (ergibt sich aus § 767 ZPO). Dies wurde in BGHZ 42, 39 festgestellt.
Der folgende Beispielfall beruht auf der Entscheidung BGHZ 42, 39, die für unsere Zwecke geeignet umgestrickt wurde.
In einem Lizenzvertrag wird ein Lizenzsatz von 20 % des Umsatzes festgelegt. Der Patentinhaber klagt auf Zahlung der Lizenzen und bekommt Recht. Das Urteil wird rechtskräftig. Später teilt ein ausgeschiedener Angestellter des Beklagten dem Patentinhaber mit, dass er bei Abschluss des Lizenzvertrags arglistig getäuscht worden sei. Daraufhin ficht der Patentinhaber den Lizenzvertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB an und klagt auf Schadensersatz wegen Patentverletzung. Dabei wird auf Basis der Angaben des Angestellten ein Verletzergewinn von 10 % zugrunde gelegt.
In diesem Fall ist der Anfechtungsgrund vor der Rechtskraft des Urteils entstanden, die Anfechtungserklärung nach § 143 BGB wurde aber erst danach abgegeben. Es ist zu beachten, dass die Anfechtungserklärung nach § 142 BGB Wirkung ex tunc entfaltet.
Nach der zitierten Entscheidung ist es entscheidend, wann der Anfechtungsgrund entstanden ist. Dieser Zeitpunkt liegt vor der mündlichen Verhandlung und somit kann der Patentinhaber nicht mehr anfechten. Auch diese Entscheidung folgt dem Grundsatz, dass einmal Schluss sein muss und dass der Patentinhaber die arglistige Täuschung früher hätte mitbekommen müssen.