Nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen vom 14. Juni 1954 (BGHZ 14, 39) stehen Verkündungsmängel dem wirksamen Erlasse eines Urteils nur entgegen, wenn gegen elementare, zum Wesen der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde, so dass von einer Verlautbarung im Rechtssinne nicht mehr gesprochen werden kann. Sind deren Mindestanforderungen hingegen gewahrt, hindern auch Verstöße gegen zwingende Formerfordernisse das Entstehen eines wirksamen Urteils nicht.1)
Zu den Mindestanforderungen gehört, dass die Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt war oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet worden sind. Mit dem Wesen der Verlautbarung nicht unvereinbar ist etwa eine Bekanntgabe des Urteils durch Zustellung statt durch Verkündung in öffentlicher Sitzung, da dies eine gesetzlich vorgesehene, wenn auch be-stimmten Urteilen vorbehaltene Verlautbarungsform erfüllt. Auf die Frage, ob in diesem Sinne eine zwar fehlerhafte, aber doch wirksame Verkündung vorliegt, ist es ohne Einfluss, wenn nur zwei Richter das verkündete Urteil unterschrie-ben haben. Das Urteil ist dann im Fall seiner Verkündung existent geworden, wenngleich möglicherweise anfechtbar.2)
Ein Urteil ist auch dann wirksam verkündet worden, wenn es in dem zur Verkündung anberaumten Termin noch nicht in vollständiger Form abgefasst war. Tatbestand und Entscheidungsgründe sind nicht wesensmäßige Voraussetzungen eines Urteils.3)