Es ist mit der Verfassung vereinbar [→ Verfassungsmäßigkeit], dass die Anrufung der Gerichte von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht wird, zu denen, insbesondere in der Revisionsinstanz, auch die ordnungsgemäße Vertretung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehören kann.1)
Eine in jedem Einzelfall - insbesondere auch mit Blick auf die Qualifikation des Bevollmächtigten - durchzuführende Prüfung der Postulationsfähigkeit führte zudem zu erheblicher Rechtsunsicherheit und einer unverhältnismäßigen Belastung des Gerichts, die außer Verhältnis zu dem vom Kläger verfolgten Zweck stünde, sich in besonderen Einzelfällen vor dem Bundesgerichtshof selbst vertreten zu dürfen.2)
Auch bei der Regelung der Postulationsfähigkeit darf der Gesetzgeber von einer typisierenden Betrachtung ausgehen.3) Insoweit gilt für die Beschränkung der Postulationsfähigkeit gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nichts anderes als für die Beschränkung der Postulationsfähigkeit in Anwaltsprozessen gemäß § 78 Abs. 1 ZPO im Allgemeinen.4)
Die Verfassungsmäßigkeit der Singularzulassung der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (vgl. §§ 164 ff. BRAO), deren prozessuale Kehrseite die Regelung in § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO darstellt, ist vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 19825), im Jahr 2002 6), im Jahr 20087) und im Jahr 20178) mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG bestätigt worden.9)
Der Gesetzgeber hat mit § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO und der korrespondierenden Vorschrift des § 172 BRAO eine abstrakt generelle Regelung getroffen. Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Im Zusammenhang mit Berufsausübungsregelungen lässt das Grundgesetz dem Gesetzgeber ein erhebliches Maß an Freiheit und räumt ihm bei der Festlegung der zu verfolgenden Ziele sowie der Bestimmung der zur Verfolgung seiner Ziele geeigneten und erforderlichen Maßnahmen einen Einschätzungsspielraum und eine weite Gestaltungsfreiheit ein. Der Gesetzgeber darf dabei Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund stellen.10)
Dem Kläger ist es möglich und zumutbar, sich eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu bedienen. Der Eingriff in die Freiheitsrechte des Klägers ist ebenfalls nicht schwerwiegend, weil dem Kläger ausreichend Möglichkeiten bleiben, sich im Rahmen seiner beruflichen Qualifikation zu betätigen, zumal er seine Zulassung bei dem Bundesgerichtshof nicht generell anstrebt, sondern nur in dem speziellen Fall der Selbstvertretung in einem vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionsverfahren.11)
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann aus dem Umstand, dass es bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes keine (im Wesentlichen) nur dort vertretungsberechtigte Rechtsanwaltschaft gibt, nicht gefolgert werden, dass auf eine besondere Rechtsanwaltschaft ohne Nachteile für wesentliche Belange des Gemeinwohls auch beim Bundesgerichtshof verzichtet werden könnte. Der Gesetzgeber hat vielmehr davon abgesehen, bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes eine singular zugelassene Anwaltschaft vorzusehen, weil eine derartige Spezialisierung dort - auch für solche Rechtsanwälte, die im jeweiligen Bereich als Fachanwälte tätig sind - wirtschaftlich nicht tragbar erschien. Die unterschiedlichen Regelungen der Postulationsfähigkeit bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes sind daher durch einen Sachgrund gerechtfertigt. Dass sich diese Sachlage zwischenzeitlich maßgeblich geändert hat, trägt der Kläger nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Die fehlende Singularzulassung bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes stellt die mit der Regelung in § 78 Abs. 1 Satz 3 GG verfolgten Gemeinwohlbelange nicht in Frage.12)
100 (1) GG → Normenkontrolle