Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs

§ 1025 (4) ZPO

Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche [§ 1061 ZPO → Ausländische Schiedssprüche] gelten die §§ 1061 bis 1065.

§ 1061 ZPO → Ausländische Schiedssprüche

Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs (§ 1025 Abs. 4, § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit den Vorschriften des New Yorker Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. II 1961 S. 121 - UNÜ) wird nach § 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO durch einen Antrag eingeleitet. Die Beteiligten stehen sich daher nicht als Kläger und Beklagter, sondern als Antragsteller und Antragsgegner gegenüber.

Der Antragsteller steht im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs aber einem Kläger im Sinne von § 110 Abs. 1 ZPO gleich.1)

Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung der §§ 110 ff. ZPO im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von inländischen oder ausländischen Schiedssprüchen liegen vor. Es ist von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, weil § 1063 ZPO (für ausländische Schiedssprüche in Verbindung mit § 1025 Abs. 4 ZPO) nur einzelne Verfahrensbestimmungen enthält. Die allgemeinen Vorschriften über das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren finden deshalb ergänzend Anwendung.2) Hierzu gehören auch die in den allgemeinen Vorschriften des ersten Buchs der Zivilprozessordnung enthaltenen Bestimmungen der §§ 110 ff. ZPO.3)

Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs sprechen Sinn und Zweck für die analoge Anwendung der §§ 110 ff. ZPO. Das Institut der Prozesskostensicherheit dient dem Ziel, die beklagte Partei vor Vollstreckungsschwierigkeiten im Ausland bei der Durchsetzung eines Kostenerstattungsanspruchs zu bewahren4). Die Interessenlage des Antragsgegners im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist insoweit mit der eines Beklagten im Klageverfahren vergleichbar. Die Leistung einer Prozesskostensicherheit ist in gleicher Weise wie in einem Klageverfahren geeignet, die Durchsetzung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs des Antragsgegners gegen einen Antragsteller mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum zu sichern.5)

Besonderheiten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens stehen einer entsprechenden Anwendung nicht entgegen. Weder die Zivilprozessordnung noch das New Yorker Übereinkommen enthalten besondere Vorschriften zur Beschleunigung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.6)

Es kann auch nicht von einer vergleichbaren Eilbedürftigkeit wie im Verfahren über Arreste und einstweilige Verfügungen ausgegangen werden, zu dem vertreten wird, dass die §§ 110 ff. ZPO wegen des in besonderem Maße geltenden Beschleunigungsgebots grundsätzlich unanwendbar seien und das Beschleunigungsinteresse des Gläubigers erst bei Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gegenüber dem Sicherungsinteresse des Schuldners zurücktrete.7)

Die in einem Schiedsverfahren obsiegende Partei hat mit dem Schiedsspruch nicht nur bereits eine (erste) Sicherheit erlangt. Seit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts hat sie auch die Möglichkeit, die spätere Vollstreckung des Schiedsspruchs durch einen Antrag auf vorläufige Sicherungsvollstreckung gemäß § 1063 Abs. 3 Satz 1 ZPO abzusichern.8)

Soweit der Bundesgerichtshof für das Urteilsverfahren auf Vollstreckbarerklärung unter dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Verfahrensrecht für die Unanwendbarkeit der §§ 110 ff. ZPO darauf abgestellt hat, eine mündliche Verhandlung müsse (erst) angeordnet werden, wenn der Antragsgegner einen Aufhebungsgrund geltend mache (§ 1042a Abs. 2 ZPO aF), und dieser sei dann in Wirklichkeit als der angreifende Teil anzusehen9), ist diese Argumentation mit dem geltenden Verfahrensrecht nicht mehr vereinbar. Nach § 1063 Abs. 2 Fall 2 ZPO ist bei der Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs die mündliche Verhandlung bereits dann anzuordnen, wenn Aufhebungsgründe „in Betracht kommen“. Die Vorschrift erfasst in Verbindung mit § 1025 Abs. 4 ZPO auch den Fall, dass bei einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs über § 1061 Abs. 1 ZPO Versagungsgründe nach Art. V UNÜ in Betracht kommen.10)

siehe auch

§ 1025 ZPO → Anwendungsbereich der Vorschriften zum schiedsrichterlichen Verfahren

1) , 3) , 5) , 6)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22
2)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22; m.V.a. vgl. OLG München, SchiedsVZ 2022, 183 [juris Rn. 25]; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert, 47. Edition [Stand 1. Dezember 2022], § 1063 Rn. 1 mwN; Niedermaier, SchiedsVZ 2022, 187
4)
vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes, BT-Drucks. 13/10871, S. 17
7)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22; m.V.a. die Nachweise in BGH, SchiedsVZ 2022, 32 [juris Rn. 9]
8)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22; m.V.a. den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Drucks. 13/5274, S. 64 f.; KG, SchiedsVZ 2017, 37; Ebert, SchiedsVZ 2020, 55; zur Unanfechtbarkeit einer solchen Entscheidung vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2016 - I ZB 90/15, WM 2017, 732
9)
vgl. BGHZ 52, 321 [juris Rn. 34 f.]
10)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22; m.V.a. BeckOK.ZPO/Wilske/Markert, 47. Edition [Stand 1. Dezember 2022]§ 1063 Rn. 8; vgl. auch OLG Köln, IPRspr 2014, Nr. 266, 713 [juris Rn. 3 f.]) Bei den von Amts wegen zu berücksichtigenden Aufhebungsgründen im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziehungsweise Art. V Abs. 2 UNÜ bedarf es insoweit auch keiner begründeten Geltendmachung durch den Antragsgegner. Vielmehr ist eine mündliche Verhandlung (bereits) dann anzuordnen, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein von Amts wegen zu berücksichtigender Aufhebungsgrund vorliegt. Damit gibt es keinen Grund (mehr), den Antragsgegner im Vollstreckbarerklärungsverfahren als den eigentlichen Angreifer anzusehen, der mit seinen Einwendungen den Schiedsspruch zu Fall bringen will. Vielmehr ist es der Antragsteller, der mit der (Anerkennung und) Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs einen vollstreckbaren Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO erlangen will.((BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023 - I ZB 33/22