Art. 15-17 Brüssel-I-VO
Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte scheidet aus, wenn es sich um eine Verbrauchersache im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO handelt, die nach Art. 16 Abs. 2 Brüssel-I-VO eine ausschließliche Zuständigkeit der ausländischen Gerichte begründet.1)
Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO bestimmt sich die Zuständigkeit nach Art. 15 bis 17 Brüssel-I-VO, wenn den Gegenstand des Verfahrens Ansprüche aus einem Vertrag bilden, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung nicht vorliegen und der Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Durch diese Regelung soll neben der gezielt auf den Wohnsitzstaat des jeweiligen Verbrauchers gerichteten Werbung vor allem auch der so genannte elektronische Handel über das Internet erfasst werden, bei dem ein Vertragsschluss auf ausschließlich elektronischem Wege zustande kommt.2)
Da bei Verträgen, die über das Internet abgeschlossen wurden, nur selten festzustellen ist, wo die Handlung, die zum Vertragsschluss führte, vorgenommen worden ist kommt es, anders als nach dem im Verhältnis der Mitgliedstaaten geltenden bisherigen Recht3), auf den Ort des Vertragsschlusses oder der Vornahme der dafür erforderlichen Rechtshandlungen nicht an. Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO wird die notwendige Verbindung zum Staat des Verbrauchers schon dadurch geschaffen, dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet.4)
Der Gerichtshof der Europäischen Union sieht für die Anwendbarkeit des autonom auszulegenden Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO als entscheidend an, dass der Gewerbetreibende bereits vor dem eigentlichen Vertragsschluss seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern eines Mitgliedstaats oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten, darunter des Wohnsitzmitgliedstaats des Verbrauchers, herzustellen.5)
Deshalb ist im Fall eines Vertrags zwischen einem Gewerbetreibenden und einem bestimmten Verbraucher zu ermitteln, ob vor dem Vertragsschluss mit diesem Verbraucher Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass der Gewerbetreibende Geschäfte mit Verbrauchern in dem anderen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der fragliche Verbraucher seinen Wohnsitz hat, tätigen wollte.6)
Anhaltspunkte dafür, dass ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat, können sich aus dem internationalen Charakter der Tätigkeit des Gewerbetreibenden, der Angabe von Anfahrtsbeschreibungen aus anderen Mitgliedstaaten zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, oder der Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache ergeben. Dabei obliegt es den Gerichten der Mitgliedstaaten zu prüfen, ob diese Anhaltspunkte vorliegen.7)
Die Darlegungsund Beweislast dafür, dass der Gerichtsstand des Art. 16 Abs. 2 Brüssel-I-VO gegeben ist, obliegt den Beklagten. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO stellt eine Abweichung sowohl von der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung dar, nach der die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, als auch von der besonderen Zuständigkeitsregel des Art. 5 Nr. 1 der Verordnung für Verträge oder Ansprüche aus Verträgen, nach der das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre8). Es entspricht allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast, dass die Partei, die sich auf eine zuständigkeitsleugnende Vorschrift mit Ausnahmecharakter beruft, die hierfür maßgeblichen Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat9). Die verbraucherschützenden Vorschriften der Brüssel-I-VO sind dabei allerdings so auszulegen, dass ihnen nicht die praktische Wirksamkeit genommen wird10). Bei der Auslegung ist das Ziel der Regelung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO zu berücksichtigen, den Verbraucher als die schwächere Vertragspartei zu schützen11).12)