Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden.
Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann bei Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Nach § 1025 Abs. 2 ZPO sind die Bestimmungen der §§ 1032, 1033 und 1050 ZPO auch dann anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Ausland liegt oder noch nicht bestimmt ist.
Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann beim Oberlandesgericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Im Rahmen eines solchen Antrags prüft das staatliche Gericht, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt.1)
Eine danach zulässige, gezielte Zulässigkeitsprüfung auch im Hinblick auf den Streitgegenstand folgt aus dem einheitlichen Prüfungsumfang von § 1032 Abs. 2 und § 1032 Abs. 1 ZPO und entspricht der Prozessökonomie, weil sie der frühzeitigen Klärung der Zuständigkeitsfrage dient.2)
Beiden Parteien eines möglichen Schiedsverfahrens gestattet § 1032 Abs. 2 ZPO die schnelle Klärung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens durch das staatliche Gericht. Das für diesen Antrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich regelmäßig bereits aus der möglichen Parteistellung in dem schiedsrichterlichen Verfahren. Dabei stehen positive und negative Feststellungsklage für beide Parteien zur Wahl.3)
Unzulässig ist der Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO allerdings dann, wenn er auf einem mit Treu und Glauben unvereinbaren, widersprüchlichen Verhalten des Antragstellers beruht.4)
Ein widersprüchliches Verhalten liegt regelmäßig vor, wenn eine Partei in dem Verfahren vor dem staatlichen Gericht geltend macht, nicht das staatliche, sondern das Schiedsgericht sei zuständig, sich später im schiedsrichterlichen Verfahren jedoch darauf beruft, es sei doch das staatliche Gericht zuständig. Ein solches gegensätzliches Verhalten einer Partei läuft auf den Versuch hinaus, dem Gegner in jeder der beiden Verfahrensarten den Rechtsschutz abzuschneiden und ihn damit praktisch rechtlos zu stellen.5)
Dasselbe gilt im umgekehrten Fall, wenn der Beklagte im Schiedsverfahren die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts geltend macht und später vor dem staatlichen Gericht die Schiedseinrede erhebt.6)
Treuwidrig handelt auch, wer arglistig selbst das Schiedsgericht angerufen hat und sich auf die Ungültigkeit des Schiedsverfahrens beruft, nachdem ein Schiedsspruch zu seinen Ungunsten ergangen ist, oder wer als Kläger vor dem staatlichen Gericht nach Erfolglosigkeit der verspäteten Schiedseinrede des Beklagten gegen eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung aus demselben Vertrag die Schiedsgerichtsvereinbarung geltend macht.7)
Als Mindestvoraussetzung für einen zulässigen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO muss eine konkrete Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien mit einem potenziell daraus erwachsenden Schiedsverfahren vorgetragen werden. Eine nur potenzielle oder zukünftige Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien genügt nicht.8)
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO entfällt nicht durch den Erlass eines Teil- oder Endschiedsspruchs.9)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 1040 ZPO) weder mit dem Erlass eines Teilschiedsspruchs noch mit dem Erlass eines Endschiedsspruchs. An der abweichenden Auffassung des zuvor für die Rechtsstreitigkeiten über Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche zuständigen III. Zivilsenats hat der nunmehr für diese Rechtsstreitigkeiten zuständige I. Zivilsenat nicht festgehalten10). Maßgeblich dafür waren Gründe der Verfahrensökonomie und des Interesses der Beteiligten, die auf das gerichtliche Verfahren über den Zwischenentscheid aufgewandten Kosten und Mühen nicht weitgehend zu entwerten, die nach Ansicht des erkennenden Senats größeres Gewicht haben als die gegen eine Fortführung des Verfahrens nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestehenden Bedenken. Ein etwaiger Konflikt zwischen einer früheren Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache und einer späteren die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneinenden Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts kann dadurch aufgelöst werden, dass das Oberlandesgericht den Endschiedsspruch auf einen entsprechenden Antrag einer Partei nach § 1059 Abs. 1 und 2 ZPO aufhebt11).12)
Berechtigten Interessen des Schiedsklägers, ungerechtfertigte Verzögerungen des Schiedsverfahrens zu vermeiden, trägt die Bestimmung des § 1032 Abs. 3 ZPO Rechnung. Sie ermöglicht es dem Schiedsgericht, das Schiedsverfahren ungeachtet eines Feststellungsantrags vor dem staatlichen Gericht gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zu betreiben und durch Schiedsspruch abzuschließen. In jedem Fall muss es dem Schiedsbeklagten aber möglich sein, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung von einem staatlichen Gericht nachprüfen zu lassen. Ist ein entsprechendes Verfahren bereits beim Oberlandesgericht oder Rechtsbeschwerdegericht anhängig, wird diese Frage regelmäßig schneller durch Fortsetzung dieses Verfahrens zu klären sein als in einem erst nach Erlass des Schiedsspruchs eingeleiteten Aufhebungsverfahren. Die Grundsätze der Verfahrensökonomie sprechen daher im Fall des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht weniger als im Fall des § 1040 ZPO gegen einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nach Erlass des Schiedsspruchs. Dasselbe gilt für die von den Parteien aufgewandten Kosten und Mühen. Ebenso wie im Fall des § 1040 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO beginnt die Frist für den Aufhebungsantrag bei einer abschließenden Entscheidung nach § 1032 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Gerichts empfangen hat.13)
Bei ständigen Schiedsgerichten kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf die Bildung des Schiedsgerichts an, sondern darauf, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hat.14)
Ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist nicht unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Oberlandesgericht bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Das gilt auch dann, wenn die Einrede des Schiedsverfahrens bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist.15)
Ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann konkret die Frage der Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens im Hinblick auf den Streitgegenstand, zum Beispiel Ansprüche auf Stellung einer Zahlungssicherheit, betreffen.16)
Der Wert im Verfahren auf Feststellung der Zulässigkeit des Schiedsverfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO) ist nach ständiger Praxis des Senats auf ein Fünftel des Hauptsachewerts festzusetzen.17)
Ein nicht-ständiges Schiedsgericht ist im Sinne des § 1032 Abs. 2 ZPO gebildet, wenn alle Schiedsrichter bestellt sind. Es kommt nicht darauf an, ob der Antragsteller des Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO hiervon Kenntnis hat.18)
Der Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann ab der vollständigen erstmaligen Konstituierung des Schiedsgerichts nicht mehr in zulässiger Weise gestellt werden. Spätere Wechsel in der Zusammensetzung desselben Schiedsgerichts, etwa durch Ernennung eines Ersatzschiedsrichters nach § 1039 Abs. 1 ZPO, führen nicht dazu, dass ein solcher Antrag erneut zulässig wird.19)
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für einen Antrag gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO folgt bei Schiedsverfahren ohne Schiedsort nach dem ICSID-Übereinkommen aus einer analogen Anwendung von § 1025 Abs. 2 ZPO.20)
Die Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts gemäß Art. 41 Abs. 1 ICSID-Übereinkommen steht der Statthaftigkeit eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO jedenfalls ab der Einleitung eines ICSID-Schiedsverfahrens [→ Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren] grundsätzlich entgegen.21)
In der besonderen Konstellation eines Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahrens nach dem ICSID-Übereinkommen auf der Grundlage von Art. 26 ECV steht der Statthaftigkeit eines Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO die Sperrwirkung des Art. 41 Abs. 1 ICSID-Übereinkommen wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - auch gegenüber dem Völkerrecht - unter Berücksichtigung des Effektivitätsgrundsatzes ausnahmsweise nicht entgegen.22)
Dem Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung in einem Intra-EU-Investor-StaatSchiedsverfahren auf der Grundlage von Art. 26 ECV steht entgegen, dass die Schiedsklausel in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c ECV nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren gegen Unionsrecht verstößt. Wegen der Unvereinbarkeit insbesondere mit Art. 267, 344 AEUV fehlt es an einer wirksamen Einwilligung und damit an einem Angebot des Gaststaats zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung.23)
Als Mindestvoraussetzung für einen zulässigen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO muss eine konkrete Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien mit einem potenziell daraus erwachsenden Schiedsverfahren vorgetragen werden. Eine nur potenzielle oder zukünftige Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien genügt nicht.24)